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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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6. Heft
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Zimmermann, Ernst: Dresdener Fayencen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0232
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Von ERNST ZIMMERMÄNN

DRESDNER FAYENCEN

Mit 11 Abbildungen, davon 7 auf zwei Tafeln

Bekanntlich hat Böttger, der Erfinder des europäifchen Porzellans, ein Jahr vor diefer
Erfindung und zwei, bevor er auf Grund diefer eine Porzellanmanufaktur gründete,
die fpätere Meißner, in Dresden auch eine Fayencefabrik angelegt. Doch ift diefe
bisher neben jener noch kaum beachtet worden, obwohl fie, wie jet^t feftfteht, ihren
Begründer ganz beträchtlich überlebt hat und eine ganze Reihe ihrer Erzeugniffe aus den
verfchiedenften Epochen fich noch heute erhalten haben. Es foll daher hier berichtet
werden, was fich noch heute auf Grund mannigfachen Materials1 über diefe Manu-
faktur hat feftftellen laffen, desgleichen auch einige der wichtigften und charakteriftifch-
ften Erzeugniffe, die ihr mit voller Sicherheit haben wieder zugefchrieben werden
können, in Befchreibung und Bild vorgeführt werden, und man wird dann erkennen,
daß unfere ältere deutfche Keramik, die faft jedes Jahr durch eine jet$t gefteigerte
Lokalforfchung um ein paar neue Fayencefabriken bereichert wird, hier wiederum eine
neue erhält, und zwar eine folche, die zeitweilig nicht zu ihren allerfchlechteften ge-
hört hat. Man wird aber gleichzeitig hier einen neuen Erfolg der Arbeiten und Be-
gebungen Böttgers fehen, jenes Mannes, den man nur zu lange und fehr zum
Schaden unferes Vaterlandes für eine ziemlich unbedeutende, ja fogar verwerfliche
Perfönlichkeit gehalten hat, indes es jetjt wohl feftftehen dürfte, daß wir in ihm ein
technifches Genie von ungewöhnlicher Kraft befeffen haben, das viel zu lange ver-
kannt gewefen ift.

* *

*

Diefer Böttger hat bekanntlich feine vielen induftriellen Gründungen, unter denen die
der Porzellanmanufaktur nur eine einzige, wenn auch die allerwichtigfte und langlebigfte
darftellt, unter dem Einfluß des damals aus Frankreich herüberkommenden Merkantilis-
mus unternommen. Er ift in diefer Beziehung der Nachfolger des bekannten fächfifchen
Mathematikers und Phyfikers Ehrenfried Walther von Tfchirnhaufen gewefen, der,
mehrfach in Paris fich aufhaltend und mit den dortigen Verhältniffen vertraut, fchon
Ende des 17. Jahrhunderts feinem engeren Vaterlande Sachfen eine reichere Induftrie
verfchaffen wollte. In der Tat waren damals bereits mehrere derartige Änftalten ins
Leben gerufen worden, als der nordifche Krieg über Sachfen hereinbrach und alle
fchönen Anfänge wieder vernichtete. Nun aber nach Beendigung desfelben im Jahre
1706 fchien zur energifchen Erneuerung derfelben die rechte Zeit gekommen, um fo
mehr, da Sachfen durch diefen Krieg, der mitten in fein Herz gedrungen war,
fchrecklich heruntergekommen und darum einer materiellen Wiederauffrifchung doppelt
bedürftig war. So befchloß König Auguft der Starke auf Tfchirnhaufens Rat im Jahre
1707 für fein Land eine allgemeine Induftriegründung, und Böttger, der Alchimift, der,
wenn er auch noch immer nicht das fo erfehnte künftliche Gold hergeftellt hatte, fich

1 Dies Material befteht zunächft in dem in meinem Werke über die Erfindung des Meißner
Porzellans beftändig benutzten Manufkript Steinbrucks, des Schwagers Böttgers und Infpektors
der Meißner Manufaktur aus dem Jahre 1717, das fich im Befit$ der Dresdner Porzellanfammlung
befindet und bekanntlich einen vollftändigen Bericht über alle Unternehmungen Böttgers bis zum
Jahre 1717 gibt. Es enthält ein eigenes Kapitel über diefe Fabrik. Dann in den Akten des
Dresdner Hauptftaatsarchivs: Loc 5326. 1. Die anbefohlene Unterfuchung bei Peter Eggebrechts
Manufaktur — Loc 1419. Das Charlotte Eleonore Le Lonay erteilte Privilegium, Loc 11097. Die
Anlegung mehrerer Fayencefabriken betr., 1764—1806 — Loc 5358. Die Ausftändigmachung eines
Entrepreneurs zur Anlegung einer Fayencefabrik. — Auch in Engelhardts bekannter Biographie
Böttgers findet fich hierüber ein eigenes Kapitel, das aber wie immer mit großer Vorficht zu
benutzen ift.

Der Cicerone, III. Jahrg., 6. Heft. 17

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