Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

DOI Heft:
Heft 15 (1. Maiheft 1916)
DOI Artikel:
Vom Heute fürs Morgen
DOI Artikel:
Unsre Bilder und Noten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0158

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
kolossal zahm, sroh, dankbar sind,
rnüssen manchmal den Eindruck
haben, daß sie als liebe, erwartete
Gäste zu uns kommen.

Was ich da sage, gilt aber, bei
uns wenigstens, ausschließlich
für die Franzosen. Die Engländer
werden ehrlich gehaßt. Viel trägt
dazu wohl ihre tückische Fechtweise
bei und ihr unmenschliches Infante-
riegeschoß, das trotz aller Ableug-
nung als Dumdum wirkt und die
dementsprechenden Zerreißungen her-
vorruft. Dumm und planlos schießen
sie mit ihrer Artillerie herum, wenn
sie meinen, sie könnten im Nebel
oder am Abend in irgendeine un-
vorsichtig marschierende Abteilung
Zufallstrefser hineinbringen. Also
da gibt's nix bon camarade wie bei
den Franzosen, deren korrupte Presse
nun, wenn sie ja dieses kleine Be-
kenntnis zu Auge bekommen sollte,
sicher nicht verfehlen wird, es zu einer

Anbiederung zu stempeln. Woraus
ich sie einlade, sich gütigst ganz vorn
in den Graben zu begeben und zu-
zusehen, wie wir uns trotz alledem
die Schädel einhauen. snZ

Menschen und Blumen

/^r blüht wie eine Blume". Eine
^--Blume blüht nicht aus sich selbst,
als Linzelerscheinung. Äberall sind
sind die Blumen schichtenweis ver-
treten. Die Wiese vor uns bietet
gelbe Striche, weiße Striche, blaue
Winkel, gemischte Ecken, rote Kanten.
So blühen die Menschen schichten-
weis, die hellen und die dunklen, die
tzeiden und die Christen, die Arier,
die Slawen, die Semiten, die Mon-
golen. So wenig es eine einzige
Musterform für alle Blumen gibt,
ebensowenig sür alle Menschen. Es
gilt nicht die Arten zu verwischen,
sondern zu klären und zu veredeln.

Friedrich Naunrann

Unsre Bilder und Noten

^^^or vierzig Iahren war bei Kunstgesprächen ein beliebtes Wort dieses:

HDen Frühling kann nur ein ganz großer Meister malen, sonst sieht
"^"er aus wie eine Schüssel Spinat. Woraufhin ich jeden einlade,
eine Schüssel Spinat mit dem Frühling zu „vergleichen". In der Schüssel:
einsörmiges Dunkelgrün, draußen: lichtes Grün und Bronzetöne bis zum
Altgold. Gerade das war ja für jene Zeit bezeichnend, daß man nicht
mit den Augen sah, sondern mit den überkommenen Meinungen. "Wir
wollen's dem Impressionismus immer danken, daß er uns wieder an
die Augen verwiesen hat. Die Gärtnerei von Alexander von Ku-
binyi, nach der wir einen sarbigen Steindruck vor dieses tzeft setzen,
ist aber kein impressionistisches Frühlingsbild, sondern die Gabe eines
Malers, der vom Impressionismus gelernt hat, das Gelernte aber zu
verarbeiten sucht, um Stil zu bilden. Der Gegenstand ist ihm hier ziem-
lich gleichgültig. Gärtnerei oder nicht, Frühling oder nicht — sür Kubinyi
kam es wohl darauf an, ein leises Weben weichsarbiger Flächen herzu-
stellen, das dem Auge Wohlgefallen und den Nerven Beruhigung bringe.
Das ist unsrer Meinung na,ch ganz gewiß nicht „die" höchste Aufgabe
„der" Kunst, aber wir 'wollen solche Gaben doch auch willkommen heißen.
Gerade daß Kubinyi ein für unachtsame Augen nüchternes und langweiliges
Stück Vorort in so feinem Perlmutterspiele zeigt, erhöht sein Verdienst,
denn es lehrt Schönheiten in der Wirklichkeit sinden, wo man sie nicht
zu suchen gewöhnt ist. Das kleine Mnstblatt predigt dem Großstadt-

l23
 
Annotationen