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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 25.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.18486#0154

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Sägmüller, Prof. Or. Joh. Bapt.,
Die kirchliche Aufklärung am Hofe des
Herzogs Karl Eugen von Württem-
berg. Ein Beitrag znr Geschichte der
kirchlichen Aufklärung. Freiburg i. Br.
bei Herder, 1905, VIII und 228 S.
Preis 5 M>

Das Werk zerfällt in folgende Abschnitte!
1 die Aufklärung; Z 2 die religiösen An-
schauungen und Bestrebungen des Herzogs; Z 3
Bened. Maria Werkmeister; Z 4 Eulogius
Schneider; Z 5 die übrigen Hofprediger; Z 6
der äußere Erfolg; Z 7 die kirchlich gesinnte
Opposition; Z 8 die hierarchische Opposition;
Z 9 die Gründe für das Mißlingen der kirch-
lichen Aufklärung am Hofe des Herzogs. — Diese
religiöse Aufklärung fand hier an einem der
glänzendsten Fürstenhöfe jener Zeit eine feste
Heimstätte. Als Werkzeuge zur Durchfuhrung
seiner vielfach auch in Sachen der Aufklärung
ganz aparten Ideen brauchte der aufgeklärte Fürst
ebenfalls aufgeklärte bereitwillige Geistliche, welche
er nach Entfernung der Weltpriester aus der
schwäbischen Klostergeistlichkeit auswählte. Der
hervorragendste und in seiner Tätigkeit einschnei-
dendste Vertreter der sog. Aufklärung war neben
dem Herzog selbst der sattsam bekannte Neres-
heimer Exbenediktiner Werkmeister, welchem
ein großer Teil des Buches gewidmet ist und
welcher in seinen rationalistischen Bestrebungen
Nessenberg noch weit überbot. Den zahl-
reichen Literaturnachweisen in dieser Richtung
möchten wir namentlich noch das allerdings später
i. I. 1802/03 zu Hadamar erschienene kurzlebige
„Journal für katholische Theologie" beifügen, für
welches W. sehr tätig war und in welchem er
starke Proben seines Rationalismus von sich gab;
man denke nur an seine in diesen Bl. (XXIV.,
1906, S. 173 bei dem Artikel „Aberglauben in
Oberschwaben") niedergelegte Aeußerung über
die hl. Meffe! Zum Abschnitt üder die Oppo-
sition gegen die A ufk l är u ng wollen wir im
einzelnen noch anführen, daß Prälat Robert
Kolb (geb. zu Deggingen im „Täle" 1736,
-s- 1793) des Benediktinerreichsstifts El chin g en
a. D., welches in den Zeiten der Aufklärung
immer noch im Rufe der Orthodoxie stand, mit
mehreren Konventualen (nach den Elchinger Tage-
büchern des Priors Bened. Baader) fich am
19. April 1789 nach Neres heim zwecks Be-
kämpfung der daselbst fich geltend machen wol-
lenden Aufklärungsbestrebungen begab und einige
Tage daselbst, nicht ohne Erfolg, verweilte; „N e-
res heim will sich nämlich zu den Aufklärern
schlagen, will neue Gebräuche einführen, das
Rosenkranzbeten einschränken oder gar abschaffen,
lutherische Gesänge und Akte vornehmen, die la-
teinische Sprache in Abgang bringen; diesen
und dgl. Veränderungen in etwas vorzubeugen,
war die Ursache der Reise". Baader spricht auch
einmal in seinen Aufzeichnungen anläßlich eines
Besuches von Werkmeister nnd Pracher in Elchingen
von „unverschämten Exbenediktinern". Das gerade
Gegenteil von Herzog Karl in kirchlicher Richtung
war dessen nächstjüngerer (und nach ihm zur Re-

gierung gekommener) Bruder Herzog Ludwig
Eugen von Württemberg (1731 — 1797). Er
gehörte der strengen Richtuug an und unterhielt
u. a. zum Kloster Elchingen gute Begebungen
und stand insbesondere mit dem dortigen literari-
schen Hauptbekämpfer der Aufklärung, dem ?.
Meinr. Widmann (geb. zu Erringen 1733,
-j- im Kloster 1793), in Korrespondenz. Aus der-
selben lassen wir einen in den Baaderschen Tage-
büchern abschriftlich niedergelegten Brief des
Herzogs an W. vom Jahre 1790 im Wortlaut
folgen, aus welchem die Gesinnung des Fürsten
zur Genüge hervortritt uud in welchem Werk-
meister übel wegkommt:

„Sr. Hochwürd.Herrn ?. Meinrad Widmann,
d. Z. Kastner des Reichsstists zuElchingen freo.

Hochwürdiger, vielgeehrter Herr!

Ich habe Ew. Hochwürden schon manche sehr
nützliche und angenehme Stunden zu verdanken,
und Sie find so gütig, dieselben noch vermehren
zu wollen durch das mir zugeschickte Werk/)
welches ich mit größter Freude und Erkennt-
lichkeit zu empfangen, das Vergnügen gehabt
habe.

Hochwürdiger Herr! Sie vergelten das Böse
mit dein Guten, denn kein Mensch hat niehr über
Sie geschmählet, als wie eben ich, und warum
das? Weilen, nachdem ich sah, wie vortrefflich Sie
die Feinde unserer hl. Religion entdeckt und ge-
schlagen haben, ich vermeinte, daß Sie nicht ge-
nug schrieben, und ich wünschte und uoch sehnlichst
wünsche, daß dieses, so viel nehmlich es Ihre
geistlichen Pflichten zulassen, der Hauptgegen-
stand Ihrer Beschäftigung sein möchte. Jetzt
habe ich Ihnen ineinen Fehler gebeichtet, ich
habe Ihnen das mea, culpa,! gesagt und ich
hoffe auch von Ihnen die Absolution zu erhalten.
Jedoch eilen Sie nicht gar zu sehr damit, denn
ich muß Ihnen freimütig eingestehen, daß, wo-
fern Sie mit Ihren Schriften in etwas einhalten
sollten, ich mir fest vorgenommen habe, in meine
vorige Sünde wieder zurückzufallen.

Hochwürdiger Herr! Sie haben mir doch auch
ein ziemliches Aprilen-Stückchen gespielt, denn
da ich Ihr verehrliches Schreiben und Ihr nicht
genug zu schätzendes Werk erhielt, hatte ich ziem-
lich viel zu schassen. Ihr Name entzündete in
mir die Begierde, auch nur mit flüchtigem Auge
etwas vou Ihnen zu sehen, so verfiel ich un-
glücklicher Weise auf den Lateckisnrnm, und da
können Sie fich leicht vorstellen, wie sehr ich mich
in meiner Erwartung betrogen habe. Werk-
meister ist ein Stifter eines unermeßlichen Un-
heils. Die Apostafie dieses Scriblers scheint mir
nicht mehr zweifelhast zu sein. Der HE. Prälat
von Neres heim ist äußerst wegen diesem un-
geratenen Sohn betrübt, und das um soviel mehr,
als dieser aufgeblasene Präses des Prediger-
Lolle^ii sich einbildet, unter keinen Obern mehr
zu stehen, und selbst ?rimus in Israel zu sein.

^) Es wird dies folgendes Werk Widmanns
gewesen sein: „Wer sind die Aufklärer?, be-
antwortet nach dem ganzen Alphabete", 2 Bände,
3. Auflage, Augsburg 1790 (!), 429 S., 8» (die
1. Auflage erschien ebendas. 1780, die 2. ebendas.
1787).
 
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