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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 2.1898

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Schliepmann, Hans: Hans Christiansen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6385#0101
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Deutsche Kunst und Dekoration.


Hans Christiansen.


ohl keinen schlimmeren
Feind hat die deutsche
Kunst gehabt, als den
echten und rechten
Philologen. Nicht ein-
mal die »Pharisäer«
jeglicher Konfession,
die Kunst und Teu-
felswerk für gleich-
bedeutend erklären, haben uns soviel Unheil
gebracht als jene »Schriftgelehrten«, deren
stumpfsinnigste (ja, ausdrücklich, mit stumpfen
.Sinnen unternommene) Totengräber- und
Maulwurfsarbeit sich noch hinter dem ge-
heiligten Panier »Wissenschaft« aufpflanzte,
und die der gutgläubige Deutsche mit der,
von denselben Schulmeistern eingepaukten
Ehrfurcht vor dem unumstösslichen Wissen-
schaftsdogma hinnahm. Sie hatten ja nicht
umsonst unseres Volkes junge Seelen von
früh an in der Mache gehabt und Begriffe und
immer wieder Begriffe eingetrichtert, statt
Anschauungen zu eröffnen, Autoritätsglauben
geimpft, statt Freude am Selbstprüfen zu
prüfen, auf Befehl schaffen, statt aus Be-
dürfnis schaffen gelehrt, das Herkömmliche
abzuhaspeln, statt das innerlich Befriedigende
zu vollenden befohlen! Sie hatten uns ja
matt und mürbe gemacht, dass wir ihnen
schon glauben mussten; wir hatten ja sonst
»keinen sittlichen Halt«, Wie die schöne

Phrase lautet, denn halten mussten wir uns
woran; wer würde denn so stark sein, von
selbst auf sich selbst zu stehen? —
Es ist nun etwa fünfzig Jahre her, als
die Wissenschaft durch Franz Kuglers Mund
mit Unfehlbarkeit und Ketzerrichterwuth


Plakat-Entwurf.

HANS CHRISTIANSEN.

98. IX. 1.
 
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