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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Muthesius, Hermann: Die Wohnungskunst auf der Welt-Ausstellung in St. Louis
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0216
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AUF DER WELT-AUSSTELLUNG IN ST. LOUIS

Von Regierungsrat Dr. Hermann Muthesius.

EIN DOKUMENT DEUTSCHER KUNST, mit diesen Worten wurde vor einigen
Jahren der Welt die erste Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt
angekündigt. Und diese Ausstellung war in gewissem Sinne wirklich ein Dokument
deutfcher Kunst, zum mindesten war sie ein Markstein in der Gefchichte der
Entwicklung der modernen deutfchen Wohnungskunst, indem sie das breitere
deutfche Publikum für die neuen Gedanken gewann. In viel weiterem und viel
gewichtigerem Sinne ist aber die Welt-Ausstellung in St. Louis ein Dokument
deutfcher Kunst. Jedem Welt-Ausstellungsbesucher, auch dem an Kunst uninter-
essiertesten, wird sich die deutfche kunstgewerbliche Ausstellung als einer der
fchönsten und eindrucksvollsten Teile der Ausstellung ins Gedächtnis einprägen. Es
ist nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, daß sie einer der hauptsächlichsten An-
ziehungspunkte der Ausstellung überhaupt ist. Sie tritt mit einer Wucht, Größe
und Überzeugungsfähigkeit auf, daß sie die kunstgewerblichen Vorführungen
aller andern Länder in den Schatten stellt. Sie tritt im vornehmsten, edelsten
Gewände auf. Viele ihrer Leistungen sind so rein und stehen auf einer solchen
unantastbaren künstlerifchen Höhe, daß auch die Feinde alles Modernen die Segel
streichen müssen. Hier läßt sich nicht mehr darüber diskutieren, ob die moderne
Bewegung berechtigt sei, ob sie den zu stellenden Anforderungen gerecht werde,
ob sie Lebensdauer in sich trage. Hier haben wir eine Reihe von Leistungen,
die an sich völlig überzeugen und vor denen alle Welt, Amerikaner, Europäer
und Asiaten mit Entzücken dastehen. Deutfchland hat einen völligen, unbestrittenen
kunstgewerblichen Sieg errungen. Ja die deutfche kunstgewerbliche Vorführung
muß notwendigerweise jedem Besucher die Vorstellung wachrufen, dafj das
Zentrum der kunstgewerblichen Entwicklung heute in Deutfchland liegt, vielleicht
im selben Maße, wie es vom Zeitalter Ludwig XIV. an in Frankreich lag.

Das kommt zum Teil freilich daher, daß Deutfchland wirklich seine besten
Kräfte ins Vordertreffen gefchickt hat, was in ähnlicher Weise von keinem anderen
Lande gefchehen ist, zum mindesten nicht von den Ländern, die allein mit uns
in Wettbewerb treten könnten : Österreich und England. Hierin liegt ein nicht
hoch genug anzufchlagendes Verdienst des deutfchen Reichskommissariats, dessen
Vertreter mit äußerster Mühe die maßgebenden Kräfte herangeholt hat. Fast keiner
unserer kunstgewerblichen Vorkämpfer fehlt und jeder von ihnen hat sich bemüht,
sein bestes zu geben. Und nicht nur künstlerifch ist das beste erstrebt, auch

Kopfleiste von F. Herz-Dresden.
1905. III. 9

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