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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Zobel, Victor: Johann Vincenz Cissarz
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0320
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Victor Zobel: Johann Vincenz Cissarz.

J. V. CISSARZ—DARM STADT.

ist das eine, die Studie des weiblichen Kopfes
(S. 318), nicht eigentlich farbig und gibt daher
am ehesten den Eindruck des Urbildes wieder.
Es ist wundervoll, wie hier — und bei einer
Reihe anderer Bildnisse — das Seelische
und das Landschaftliche zusammenklingen,
wie das hell beschienene, leicht nur gekräuselte
Meer im Hintergrund mit der silbernen Luft
darüber kaum als etwas Wesenhaftes hervor-
tritt, eigentlich nur den ruhigen Malgrund
für den Kopf bildet und doch deutlich fühl-
bar mit dem feinen verzückten Wechselspiel
der Lichter diesen strahlenden weiblichen
Kopf umgibt. Die »Impression am Atelier-
fenster« (S. 319) ist farbig von entzückendem
Reiz, dem man in der Wiedergabe leider
kaum nachgehen kann, aber es ist selbst
316

hier noch etwas von der
Sommer- und Sonnen-
müdigkeit zu spüren, die
von den hellen Häusern
am Hange durch die Vor-
hänge zu dem lässig sitzen-
den Mädchen hinströmt.
Beim dritten Bild (S. 320)
ist nur der Kopf gegeben.
Aber was uns hier, durch
den Reiz eines ungemein
diskreten, grüngelblichen
Helldunkels verstärkt ent-
gegensieht, ist nicht nur
dieses bestimmte weibliche
Wesen; es ist eine Welt
für sich, eine ganze und
tiefe Geschichte vom Weibe
überhaupt. Ein Rätsel und
zugleich eine befreiende
Antwort. Ich denke an
die Mona Lisa.

*

Über die Arbeiten im
monumentalen Charakter
kann hier mit einigem
Recht ebenfalls besonders
gesprochen werden, nicht,
weil Cissarz auf dem eigent-
lichen Gebiete der Monu-
mental-Malerei erhebliche
Leistungen aufzuweisen
hätte, sondern einmal des-
halb, weil bei ihm überall das Drängen nach
Freiheit und Grösse offenbar wird, besonders
in den Vorarbeiten zu graphischen Werken,
aber auch in einer grossen Zahl von Bildern,
und andererseits, weil man seine Plakat-
arbeiten zu einem guten Teil hierherstellen
kann. Cissarz hat bisher nur ein grösseres
Wandbild gemalt, das in diesen Blättern
schon vor einiger Zeit (s. Juniheft 1903)
gezeigt wurde. Wie in diesem Werk, so
tritt auch in den Plakaten die Herrschaft
über die grosse Form deutlich hervor, die
in dem ruhigen, ernsten Zug der Linien,
dem Gehaltenen in der Bewegung sich aus-
spricht. Ich schätze von den Plakaten besonders
das für Bad Nauheim, ein intimes Blatt, das
nicht für eine Wirkung im Freien, sondern

Kohlezeichnung.
 
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