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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Michel, Wilhelm: Ein moderner Kunstsalon in München
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Lasser, Moritz Otto von: Über dekorative Werte
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0149
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Ein moderner Kunstsalon in München.

energischer einsetzenden Versöh-
nung zwischen dem Künstler und
dem Volke, für das er solange
umsonst gearbeitet hat. Wagt
es schon der Geschäftsmann,
ganz im Sinne des Künstlers
den idealen Wert der Ware in
den Vordergrund zu rücken und
die übel beratene Nachfrage durch
ein wertvolles Angebot zu korri-
gieren, so steht wohl zu erwarten,
dass das Publikum auch seiner-
seits aus der lange gewahrten
Reserve heraustrete. Der Ge-
schäftsmann unternimmt keine
Reform ohne zureichenden Grund.
Er beurteilt die Zeitläufte nicht
nach seinen Wünschen, wie es
die Kultur-Schulmeister zu tun
pflegen, sondern nach ihren Tat-
sachen und ihren realen Mög-
lichkeiten. Er ist ein besserer,
jedenfalls ein zuverlässigerer Pro-
phet als der Dichter. —

LEO SAMBERGER—MÜNCHEN.

Gemäkle >Catharina Cornaro«

WILHELM MICHEL—MÜNCHEN.

ÜBER DEKORATIVE WERTE.

Im Sommer dieses Jahres war ich auf dem Gute
eines unserer führenden Architekten zu Besuch.
Studien ging ich nach und reich beladen mit wert-
vollen Eindrücken, Notizen usw. fuhr ich heim. Wie
konnte es auch anders sein? Ich war ja bei einem
grossen Künstler zu Gaste gewesen. Schade nur,
dass ich nicht aus der Schule plaudern darf. Denn
ich könnte leicht ein anziehendes Buch über dieses
Gut schreiben. Aber wie gesagt: es soll nichts
darüber in die Presse gelangen. Wenn ich nun trotz-
dem über einige Details der Interieurs plaudere, so
geschieht es hauptsächlich deshalb, weil mir eben
Dieses oder Jenes zu gut gefallen hat.

Zum Beispiel die Art und Weise, wie der Ar-
chitekt seine, oder präziser: einige Bilder plaziert
hat. Einige alte, dunkle Gemälde nämlich. Vielleicht
fiel mir die Sache besonders auf, weil ich eine ver-
schämte Vorliebe für die alten Meister, für Malereien
vergangener Jahrhunderte hege, da sie so Abge-
wogenes geben, da diese Tafeln so harmonisch
wirken, so sicher herunterschauen in unser kraus
bewegtes Leben. Denn solch' eine farbenkarge
Weidenlandschaft, ein Porträt, über dem der Gold-

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ton verrauschter Zeiten liegt, ein Stilleben mit rotem
Hummer und den blinkenden Buckeln eines Pokals,
sie sind an den richtigen Platz gebracht, ein-
fach unersetzlich, was ihre vornehme Wirkung an-
betrifft. Vorausgesetzt, sie sind passend gerahmt.

Das sind sie nun ganz vorzüglich in der er-
wähnten Villa. Und besser angeordnet könnten sie
gar nicht sein: Eins oder das andere solch' ruhiger
Bilder grüsst einem nämlich schon in der Diele, der
Halle, und sie folgen uns die weissen, aber warm-
tonigen Wände der weichen Treppen entlang zu den
verschiedenen Stockwerken. Ja, sie begleiten uns,
oder scheinen mit uns zu weilen. Jedenfalls ent-
zücken Gemälde und Umwelt. Die Ölmalereien be-
sonders wohl deshalb, weil sie, wie schon erwähnt,
nur ab und zu einmal auftreten, dafür aber jedesmal
wie eine Feier anmuten.

Der Maler würde sich anders ausdrücken. Der
würde von dekorativen sehr dunklen Flächen reden,
die sich gut von einer helltonigen Wand abhöben.
Ich könnte nicht widersprechen, und notiere sogar
hiermit das Rezept; ob aber jedermann damit eine Wir-
kung erreicht, wie ich sie sah, bleibt freilich abzu-
 
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