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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 19.1906-1907

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Haberfeld, Hugo: Deutsch-Böhmische Kunst: Auf der Reichenberger Ausstellung Mai-Oktober 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.9554#0163

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Deutsch-böhmische Kunst.

Kleinmeister. — Neben diesen drei Künstlern,
die den Kern der deutsch-böhmischen Kunst
bilden, sind andere zu nennen, die zwar in
dauernder Verbindung mit der Heimat stehen,
aber in Wien oder im Reiche leben. Zunächst
Emanuel Hegenbarth, der an der Dresdener
Kunstakademie als Professor wirkt, bekannt-
lich ein Zügelschüler. Er ist die geschlossenste
malerische Erscheinung der Ausstellung, der
frohgemuteste Malenkönner, der handfesteste
Ouvrier. Gewiß, er ist leicht eintönig, und das
konsequente Fehlen jeder geistigen Nuance
ermüdet auf die Dauer. Aber es ist eine
Freude, daß Bilder wie die »Zwei Jäger«
oder die »Kranke Dogge« heute in deutschen
Landen gemalt werden. Sie sind das Haus-
brot der Kunst. In letzter Zeit hellte sich
Hegenbarths Palette, die bisher nur in allen
Tönen des Braun spielte, zum Blau, Grün
und Weiß auf. Dann der Radierer Fritz
Hegenbart in Neu-Pasing, der in seinem
Zyklus »Lebenskanon« von Klinger, in
späteren Arbeiten von Greiner beeinflußt ist
und mit seinem Bilde »Feierabend« sich um
die Mitgliedschaft bei der Münchener »Scholle«
bewerben könnte. Ferner die drei Deutsch-
Böhmen in Wien: der schwerblütige, ver-
grübelte Radierer Rudolf Jettmar, ein ernster,
durch sein graphisches Können sympathischer
Künstler, aber ein schrecklicher Maler mit
einem fast physisch schmerzenden Koloris-
mus; Eduard Ameseder, voller Empfindung
für den Reiz der niederösterreichischen Land-
schaft, schildert auch die farbige Romantik
italienischer Bergnester und südlicher Häfen,
neigt zu heroischer Stilisierung der Natur,
wobei er leicht äußerlich wird; und August
Roth, der neben Schwächen Qualitäten besitzt.
Als besonders erfreulich muß aber die Tat-
sache verzeichnet werden, daß auch der
größere Teil des künstlerischen Nachwuchses
auf diesem zukunftssicheren Wege geht. In
bunter Reihe lauten die Namen: Walther
Klemm und Karl Thiemann, die gemeinsam
die schönen Reste des verschwindenden alten
Prag in trefflichen Farbenholzschnitten fest-
halten, beide gleichbegabt, Klemm vielleicht
der frischere; Viktor von Eckhardt, ein
tüchtiger Tiermaler aus der Zügel-Schule;

Paul Ress, der geschmackvolle dekorative
Landschaften zeigt; Konstantin Korzendoerfer,
der in München lebt und münchnerische
Dunkelmalerei betreibt, ein Porträtist von
Talent, nur seiner selbst noch nicht sicher;
die Radierer Aug. Brömse und Walter Ziegler;
der vielverheißende Robert Knoebel, mit der
Schlankheit und Kraft seines Strichs auf
Herterich-Schuledeutend; FerdinandStaeger,
ein guter Maler und Radierer; der sonder-
bare Fritz Gaertner; Hermine Ginzkey,
Dilettantin im schönsten Sinne, in der von
Fragen des Metiers unberührten Reinheit
des Empfindens oft feiner als manche Mal-
leute von Fach; und Lili Gödl-Brandhuber,
die in neu-dachauerscher Manier landschaftert.
Unter den Plastikern sind vor allem die in
Wien arbeitenden Medailleure Ludwig Hujer
und Richard Placht zu erwähnen; dann Karl
Wilfert d. J., der, zweifellos begabt, nicht recht
weiß, was er will, Rodinsche Motive nach
Steinmetzenart behandelt, zwischen realistisch
charakterisierender Porträtplastik in der
Manier Troubetzkois und Hildebrandscher
Vereinfachung schwankt, auf dem zuletzt
genannten Wege aber nicht zum Stil, sondern
zu einer leeren Formensprache gelangt; ferner
Michael Powolny und Berthold Löffler mit
ihren reizenden Majoliken.

Auch der einzige moderne Architekt der
Deutsch-Böhmen, Josef Zasche, der Erbauer
des Kunsthauses auf der Reichenberger
Ausstellung, gehört seiner Art und Gesinnung
nach zu den Malern und Bildhauern der
eben behandelten Gruppe. Gleich den meisten
von ihnen arbeitet er schwer, und schwer
erschließt sich seines Werkes ganzes Ver-
dienst dem Beschauer. Aber es ist verfrüht,
über den Zweiunddreißigjährigen ein Urteil
zu fällen. Er vermochte noch nicht zu
zeigen, was er eigentlich kann. Mit Aus-
nahme der kleinen altkatholischen Kirche
in Gablonz, der Sparkasse in Asch, einem
Schulhaus in Königshof und Villen in Prag
und Gablonz blieben alle seine Entwürfe
auf dem Papier. Vor kurzem erst hat er
sich nach Jahren einsamen und bitteren
Ringens in seiner Heimat durchgesetzt, und
drei monumentale Bauten in Prag gehen

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