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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 19.1906-1907

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Lux, Joseph August: Moderne Garten-Anlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9554#0167

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FRITZ BERKE-OFFENBACH.

Entwurf zu einem Einfamilien-Haus.

MODERNE GARTEN-ANLAGEN.

VON JOS. AUG. LUX—WIEN.

Der moderne Garten ist auf tektonischer Grund-
lage entwickelt, wie die alten stilistischen
Gärten. Er will nicht die freiwachsende Natur
nachahmen. Er steht daher im direkten Gegen-
satz zu dem sogenannten landschaftlichen Garten,
seinem Ursprung nach auch der »Englische
Garten« genannt, der die Zufälligkeiten der
landschaftlichen Natur nachzuahmen und auf
diesem Wege den natürlichen Garten herzustellen
bestrebt ist. Dieser »natürliche« Garten sucht
indessen das Unnatürliche zu verwirklichen. Für
den Garten als menschliches Produkt ist die
regelmäßige Anlage das Natürliche; alle mensch-
lichen Anlagen, selbst das Ackerfeld folgen einem
tektonischen Grundsatz, der physiologisch be-
gründet ist. Die wildwachsende Natur gehorcht
anderen Gesetzen. Die menschliche Natur sucht
Einheit in das Chaos zu bringen; an Stelle der
Zufälligkeit und Willkür setzt sie die Ordnung
und Regelmäßigkeit, die ihr das Natürliche ist.
Die freie Natur ist Rohstoff, der Garten ist
Kunstprodukt. Seit Anbeginn der Kultur war
der Garten ein regelmäßiges Gebilde. Vor 4600
Jahren hatten die Ägypter Gärten an ihren
Häusern, die unseren modernen, regelmäßigen

1907. II. 8.

Anlagen durchaus ähnlich sind. Die gleichen
tektonischen Prinzipien sind an den sagenhaften
Gärten der Assyrer, Babyloner und Perser nach-
zuweisen. Unwandelbar blieben diese Grundlagen
in den Gärten an dem griechischen und römischen
Hause und selbst in den gewaltigen Garten-
schöpfungen der hellenischen Städte ist nicht
im entferntesten an eine Nachahmung der freien
landschaftlichen Natur gedacht. Auf den alten
Gartengesetzen bauen sich die großartigen
Schöpfungen der Renaissance und Barocke auf,
die eine künstlerische Vereinigung von Pflanzen-
wuchs, Rasenflächen, Blumenbeeten, Treppen,
Balustraden, Plastiken, Teichen, Wasserspielen,
Terrassen und Wandelgängen darstellen. In
Holland und England fanden die italienischen
und französischen Gartengestaltungen eine eigen-
artige Weiterbildung, die aber nicht die Grund-
lagen beeinflußte. Erst der unter dem romantischen
Einfluß und der Naturschwärmerei im 18. Jahr-
hundert entstandene landschaftliche oder englische
Garten hat die gartenkünstlerische Entwicklung
für ein Jahrhundert vernichtet und fristet sich
noch auf dem Kontinent als klägliche Karikatur
fort, während England seit Jahrzehnten zu den

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