Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 19.1906-1907

DOI Artikel:
Rapsilber, Maximilian: Rudolf Marcuse - Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9554#0260

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rudolf Marcuse—Berlin.

anheimelnde Sinnenfreude fördern, und ge-
rade diesen Künstlern, zu welchen auch
Rudolf Marcuse gehört, flutet aus weitesten
Volkskreisen eine amoureuse Sympathie ent-
gegen.

Marcuse steht erst seit vier Jahren im
öffentlichen Kunstgetriebe. Aber seine Er-
folge kamen Schlag auf Schlag. Vor drei
Jahren rückte er mit seinem Fechter in das
Vordertreffen der jungen Plastik. Daneben
stellte sich der kitzliche Faun. Fechter und
Faun wurden durch den famosen Bronzeguss
der Aktiengesellschaft Gladenbeck in Berlin W
allerorten heimisch. Im vorigen Jahre meisterte
Marcuse einen großen Brunnenwurf in Ge-
stalt eines Jünglings, welcher einer Schlange
die im Wasserstrahl hochzischende Seele
auspreßt. Daneben stand wieder der ver-
gnügte Junge, welcher mit den kläglich
miauenden Kätzchen prachtvolle Hantel-
Übungen anstellt. Endlich A. D. 1906
schwärmte Marcuses Schaffen in einer viel-
köpfigen Sonderausstellung aus und in dieser
plastischen Parade debütierte u. a. die tanzende

Salome und genoß dabei alle Ehren einer
Primadonna. Die große Ausstellung eben
dieses Jahres brachte außerdem noch Porträt-
büsten, welche den Kreis der Talentproben
vervollständigten.

Es spricht für die glückliche Vielseitig-
keit des Künstlers, daß man sich nicht ent-
schließen kann, einem der hier vorgeführten
fünf Werke vor allen andern die Palme zu-
zuerkennen. Beginnen wir also mit dem
Fechter. Das antike Profil samt der Stirn-
binde und das kurze römische Stoßschwert
kennzeichnen den impulsiven Jüngling als
einen Gladiator, der nicht mit Zentner-
muskeln wirtschaftet, wohl aber mit einer
blitzschnell anspringenden Intelligenz seinem
Gegner in die Rippen zu fahren entschlossen
ist. Wie der Geist die Form beseelt, sieht
man hier an diesem wundervoll trainierten
und fein modellierten Körper, der ein aus-
erwähltes Paradigma der Muskelartikulierung
darstellt. Die Vortrefflichkeit der Arbeit
bedarf weiter keines Nachweises. Im ent-
gegengesetzten Pol der Plastik wurzelt die

RUDOLF MARCUSE—BERLIN.

Bronzegruppe: »Frost«

355
 
Annotationen