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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 26.1910

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Breuer, Robert: Cadiner Keramiken: Ausstellung bei A. Wertheim - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0039
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CADINER KERAMIKEN.

AUSSTELLUNG BEI A. WERTHEIM BERLIN.

Als vor wenigen Jahren die ersten Cadiner
L Erzeugnisse gezeigt wurden, konnten wir
mit einigen Stücken, besonders mit den Blu-
mennäpfen und den Pilanzenkübeln, zufrieden
sein. Später sahen wir dann Cadiner Bau-
keramik, wie sie Grenander für die Bahnhöfe
derUntergrundbahn benutzte; ein freundliches,
der Eisenkonstruktion sich gut einfügendes
Material. Heute zeigt uns nun eine große Aus-
stellung in dem Warenhaus A. Wertheim, daß
die Kaiserliche Manufaktur außerordentliche
Fortschritte gemacht hat und an dem Ziel einer
beachtenswerten Leistungsfähigkeit angelangt
ist. In Messels herrlichemTeppichsaal, in dieser
industriellen Kathedrale, wurde Cadinens
letzte Ernte aufgebaut. Die Anordnung ist
mustergültig; sie wurde von Hans Looschen
besorgt. Inmitten des Saales steht ein Brunnen
von zärtlicher Monumentalität. An den Wän-
den und hier und da frei in den Raum gestellt,
treffen wir schlichte Tische, richtiger gesagt:
kubische Bildungen mit quadratischer oder
rechteckiger Grundfläche. In ihrer Nacktheit
wirkendiesePostamente außerordentlich archi-
tektonisch ; die Bescheidenheit ihres Materials:
naturfarbenes Spannleinen mit schwarzen
Leisten an den Kanten, läßt die keramische
Ware ungestört sich darbieten. Die helle, grau-

braune Neutralität des Textils steigert die vom
Aschgrauen, durch fahles Gelb, zum glänzen-
den Terrakott laufende Skala des gebrann-
ten Tones. Sehr klug war es auch, einige
große Gefäße mit grünen Lorbeeren und blü-
henden Blumen zu füllen. Das gewährt den
notwendigen Maßstab, um die Klangfähigkeit
und Dienstfertigkeit des Keramischen zu prü-
fen. Man gewinnt eine ungefähre Vorstellung,
wie diese Kübel und Kästen ihre eigentliche
Bestimmung erfüllen werden, wie ihre durch
Feuer ertrocknete Sprödigkeit sich mit dem
quellenden Saft der Natur zu einer schönen
Harmonie einen wird. Diese offenbare Zusam-
mengehörigkeit von Kübel und Pflanze weckt
sofort des Beschauers Sympathie; wir empfan-
gen nicht den Eindruck des Prätentiösen, sehen
vielmehr ein gutes Bündnis zwischen dem
Starren und dem Lebenden gesichert. Diese
für den Park, den Garten, die Veranda und
die Diele bestimmten Gefäße charakterisieren
die Cadiner Produktion, sie sind jedenfalls
das Bedeutsamste, was die Kaiserliche Manu-
faktur für die architektonischen und kunstge-
werblichen Aufgaben der Gegenwart leistet.
Gerade bei diesen Stücken hat sich die Assi-
stenz der Künstler ausgezeichnet bewährt.
Man möchte beinahe sagen, daß diese Kübel

1910. VII. 3.

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