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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 26.1910

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Breuer, Robert: Plastiken von Richard Engelmann
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R., F.: Der deutsche Brunnen für Buenos-Aires
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https://doi.org/10.11588/diglit.7378#0140
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die neuen Idealisten, die Neu-Römer, die Er-
füller des Impressionismus, Gestalten schaffen.
Auch Engelmanns Absichten stehen dahin.
Die wenigen hier gezeigten Abbildungen
seiner Werke sind dem ein schöner Beweis.
Am überzeugendsten und reifsten spricht
die „Schlafende", am deutlichsten die „Ru-
hende." Betrachten wir sie. Dem geebneten
Fluß der Flächen, den schönen Beugungen des
Nackens und der Glieder, der Ungewißheit
des herabhängenden rechten Armes und der
sanften Strenge des ausgestreckten Beines,
der Ganzheit dieser von weichen Linien um-
schwungenen Masse entströmt ein gesättigter
Wohlklang, das geklärte Pathos tiefer Sanges-
stimmen, das erwachende Jauchzen glück-
seligen Fleisches. Diese Ruhende ist gewiß
kein Stück Natur; sie ist aber die gereifte
Frucht höchsten Naturerlebens und bewußten
Naturanschauens. Stellte man ein lebendes

Modell daneben, so würde man erschrecken
ob der Umwertung aller Maßstäbe.

Die Natur wird diesen gelagerten Massen
gegenüber zum Spielzeug; diese Beine sind
Säulenschafte, die Wellungen des Körpers sind
wie atmende Hügel. Und dennoch: so fern
die Plastizität des Kunstwerkes auch der ihm
gegenüber flachen Natur ist, so durchaus natür-
lich gewachsen wirkt die Ruhende, wenn sie
mitten hineingestellt wird in die grüne Wirk-
lichkeit eines Gartens. Sie scheint hierher zu
gehören zu diesem Keimen und Reifen, Blühen
und Welken. Es gibt aber keine bessere Probe
auf die Gesundheit monumentaler Kunst als
die, sie mit der Natur in engste Berührung zu
bringen; was dann standhält, sich eingliedert
und doch herrscht, das ist keine taube Alle-
gorie, kein hohler Idealismus, vielmehr: der
formale Machtausdruck eines an starken Sinnen
entzündeten Gefühls. —

DER DEUTSCHE BRUNNEN FÜR BUENOS-AIRES.

r\ie Deutschen Argentiniens wollen ihrem
*^ neuen Vaterlande eine Ehrung bereiten.
Sie entschlossen sich zur Aufrichtung eines
Brunnens. Künstler der deutschen Heimat
sollten das Werk schaffen. Man wählte den
Weg des Preisausschreibens und ließ dieses
durch die Gesellschaft für Deutsche Kunst im
Auslande inszenieren. Das Preisausschreiben,
das sehr gut dotiert war, und in dessen Jury
geschätzte Persönlichkeiten saßen, fand leb-
hafte Anteilnahme. Nachdem der Richter-
spruch gefällt, wurden die 150 eingegangenen
Entwürfe im Hause der Berliner Sezession
zur Schau gestellt. Es ist selbstverständlich,
daß bei einer so großen Parade die Kritik
nicht alles gut zu heißen vermag. Einige der
Bewerber hatten zweifellos ihre Kraft über-
schätzt, als sie daran gingen, ein Monumen-
talwerk von bedeutenden Dimensionen zu er-
finden. Andere haben anscheinend die Kultur
Argentiniens unterschätzt; sie mühten sich,
naturalistische Kuriositäten aus den Tieren
des Urwaldes zusammenzukleben. Diese
Mangelhaftigkeiten überwiegt indes eine an-
erkennenswerte Qualität. Man darf wohl
sagen, daß auch die deutschen Bildhauer von
der geschmacklichen Reinigung undNeugeburt,
die sich an Deutschland vollzogen hat, nicht
unberührt blieben. Immerhin, das Niveau der
eingelaufenen Arbeiten war doch derart, daß
dem Preisgericht die Wahl der auszusondern-
den Stücke nicht gar zu schwer gefallen sein

dürfte. Problematischer schon scheint dem
fernstehenden Beobachter die definitive Ein-
schätzung der Sieger. Es ist ja überhaupt
stets sehr schwer, mit absoluter Gewißheit
die ersten Preise eines Wettbewerbes zu ver-
teilen. Und auch diesmal wird sich nicht jeder
entschließen, die Erkornen der Jury als die
absolut Besten anzuerkennen. Und andrer-
seits finden sich unter denen, die mit keinem
Preis oder nur mit einem der letzten bedacht
wurden, Stücke, die wohl verdienen, genannt
zu werden. Nachdem wir so unser Gewissen
ob der Relativität der feststehenden Entschei-
dungen beruhigt, wollen wir einige der Ent-
würfe kurz besprechen.

Den stärksten plastischen Eindruck wahrt
ohne Zweifel Lederer. Er sandte drei Ent-
würfe, und sie alle zeichnen sich aus durch
eine großzügige, im Rhythmus feste, im Auf-
bau machtvolle Sprache, die jedem verständ-
lich ist. Zwei dieser Meisterideen haben das
gleiche Motiv. Sechs tragende Körper, das
eine Mal Stiere, zum andern Giganten, auf
denen eine gewaltige, flache Schale lastet. Um
dieses Zentrum, am Erdboden, eine Organi-
sation von leichtgetreppten Kreisen, in denen
das Wasser als heller Spiegel strahlen soll.
Die Kraftentfaltung dieser Entwürfe liegt in
den Trägern; die Giganten, die wir hier ab-
bilden, lassen uns durch die Spannung ihres
gebeugten Rückens und ihrer fest gegen die
Erde pressenden Beine den Stein als einen
 
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