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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

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Michel, Wilhelm: Albert Weisberger, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0300
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Albert Weisgerber.

oft zu sehen. Soweit man Natur- und Welt-
gefühl malerisch ausdrücken kann, ist dies hier
geschehen, in diesem weichen, lyrischen und
doch charaktervollen Zusammenklang delikater
Töne, in dieser sich so anspruchslos gebenden
und doch unendlich disziplinierten und emp-
fundenen manuellen Arbeit. Die Farbigkeit ist
gehalten und doch üppig, voll dichterischen
Gefühls; überwältigend einfach und wahr wird
das Phänomen des aufs Land herabschmelzen-
den Regenbogens zur Anschauung gebracht.
Dieses Bild ist aus einem sehr reichen, wirklich
„synthetischen" Empfinden des Motivs heraus
gemacht. Denn nur das kann „synthetische
Malerei" bedeuten, daß Gesichtseindruck und
Gefühlserlebnis sich innig durchdringen und
gegenseitig modifizieren, während die Hand
zum empfindlichen, geschmeidigen Werkzeug
dieser Gefühls- und Empfindungstotalität wird.

Als Weisgerbers Haupttugend finde ich so
schließlich seine Fähigkeit der Hingabe an
das jeweils auftauchende malerische Problem.
Ihm liegt nichts daran, sich durch Festhaltung
gewisser handschriftlicher Züge äußerlich zu
begrenzen und zu markieren. Er hat die Voraus-
setzungslosigkeit des Meisters. Wer weiß, ob

„Meister sein" nicht bedeutet: vor jedem neuen
Problem „ Schüler sein ". w. michel— München.
Ä

TM BERLINER KUNSTGEWERBE - MUSEUM.
L Direktor von Falke zeigte seine Neuerwerbungen.
Es gibt darunter viele schöne Stücke, die zu studieren
auch dem gegenwärtig schaffenden Künstler nur
nützlich sein kann. Dazu gehören vor allem einige
Metallgeräte, eine Silberterrine aus dem Berlin von
1815, eine versilberte Messingterrine, italienisch,
18. Jahrhundert. Wieviel könnten unsere Metall-
warenfabriken von der Sachlichkeit, aber auch von
dem disziplinierten Schmuckreichtum solcher Metall-
arbeiten lernen. Sehr amüsant und geistreich sind
einige Porzellanfiguren, Pierrot und Pantalone, un-
bemalt, Wien 1750, und eine Dame mit Muff um
1780 aus der Wallendorfer Manufaktur. An diesen
weißen Porzellanen zeigt sich wieder, welch gefähr-
liches Dekorationsmittel die Überglasurmalerei war.

Der deutsche Verein für schlesische Spityen-
kunst hat eine Ausstellung zusammengetragen.
Wir sahen recht geschickte und graziöse Arbeiten
in Nähtechnik. Die besten hatten allerdings alte
Vorlagen benutjt. Es scheint beinahe so, als wäre
die Klassik der Spitje unbedingt und auf immer
mit dem Barock und dem Rokoko verwebt. rj»r-
 
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