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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Michel, Wilh.: Freiheit und Gesetz in der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0036

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JOSSE GOOSSENS—MÜNCHEN.

» GEMÄLDE »VERANDA«

pRElHElT UND GESETZ IN DER KUNST. Auf
einem wohl ausgeglichenen Verhältnisse zwischen
Freiheit und Zwang beruht das künstlerische, beruht
das kulturelle Leben. Freiheit ohne Regel ist so
gegenstandslos und nichtig wie Zwang ohne Frei-
heit. Selbst Revolutionen »gehen nur aus dem Willen
zu einem neuen Zwang hervor«, wie es Wilhelm
von Scholz gelegentlich trefflich gefaßt hat. Freiheit
ist nichts Absolutes. Sie ist ein Verhältniswert, der
slets bezogen ist auf ein gewisses Maß von ent-
gegengehender Beschränkung. Ja, eigentlich verdankt
»Freiheit« ihr Wesen und ihren Wert in jeder Hin-
sicht der Kraft einer entgegenwirkenden Hemmung.
Es ergibt sich: Freiheit ist das Gegenteil von

Anarchie; und diese Unversöhnlichkeit beider liegt
nidit nur im Begriff (dialektisch), sondern auch durch-
aus in der Sache (materiell). Die Nutjanwendung
auf den in der jüngsten Malerei hie und da geübten
Mißbrauch frisch erkämpfter Freiheit liegt nahe.
Unter einem durchaus gesetzlosen Zustande verliert
der Begriff der Freiheit seine Anwendbarkeit. Auch
eines einzelnen Menschen Art und Handeln ist nur
dann »frei« zu nennen, wenn er im übrigen ein in-
taktes Gefühl für Gesejs und Beschränkung bekun-
det. Ebenso gibt es in der Kunst Freiheit und Un-
abhängigkeit nur solange, als das Gefühl für Gesefj
und Beschränkung nicht angegriffen ist. Nur wer
sich bedingt fühlt, vermag frei zu sein. Wilh. Michel.

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