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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Pallmann: Ausstellung russischer Hausindustrie
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0066

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AUSSTELLUNG RUSSISCHER HAUS-INDUSTRIE.

Durch die Regsamkeit des deutschen Lyceum-
klubs und die weitgehende Unterstützung
des russischen Ministers für Landwirtschaft und
Ackerbau ist bei A. Wertheim in Berlin
eine umfassende Schau russischer Volkskunst
geboten. — Seit Jahren hat man sich in Ruß-
land wieder den Schätzen heimischer Volks-
industrie zugewandt, vom Wunsch geleitet, an
Stelle westeuropäischer Kunstindustrie wieder
einheimische, nationale Arbeit zu setzen. Im
äußersten Norden, im Kaukasus und in den
Gebirgsgegenden der Krim hat sich altrussische
Frauenarbeit in ziemlich ursprünglicher Reinheit
erhalten. Zwar wird auch dort nicht mehr ledig-
lich für den Hausbedarf gearbeitet; aber das
ist das charakteristische Moment: die russische
ländliche Hausindustrie bleibt echte Volks-
kunst, sie ist nur Nebenerwerb der Landwirt-
schaft. Der Kustar ist Herr seines Unterneh-
mens, er schafft wie der Künstler. Seine Ar-
beiten tragen den Stempel der Originalität.
Die Konkurrenz der Großindustrie ist gar nicht
zu fürchten, weil keine Maschinen-Arbeit die
Schönheit eines mit der Hand gewebten Tep-
pichs, einer mit der Hand geklöppelten Spitze,
eines handgedruckten Stoffs ersetzen kann. —

Man sieht in der Ausstellung köstliche Pro-
ben der eigentlichen russischen Teppich-
Hausindustrie. Man kennt diese Erzeug-
nisse fast gar nicht, weil sie selten auf aus-
ländischen Märkten zum Verkauf angeboten
werden. Die Stadt Tjummen im Gouvernement
Tobolsk in Sibirien ist das eigentliche Zentrum
dieser Industrie. Auch Poltawa und Bess-
arabien liefern eigenartige Webarbeiten. Mit
großer Kunstfertigkeit verbinden sich tief aus-
geprägtes Schönheitsgefühl und rege Phantasie.

Ganz besonders schön sind dann die echt
gefärbten handgedruckten Stoffe. Sie
werden besonders in Zentralasien und Turkistan
gefertigt. Sie gehören zu den ältesten Industrie-
zweigen Rußlands, die im XII. Jahrhundert von
den Indern und Persern übernommen wurden.
Sie dienen zum Beziehen von Möbeln, zu
Portieren, Dekorationszwecken etc.

Eine Fülle geklöppelter Spitzen, Broderien
geschnitzten und gedrechselten Spielzeugs, Lack-
arbeiten, Schmuck aus Silberfiligran, heimisches
Metallgerät, Nieliowaren, Töpfereien und ins-
besondere auch Möbel mit charakteristischer
primitiver Kerbschnitzerei vervollständigen die
überaus reichhaltige Ausstellung.

PALLMANN.

ENTWURF : KARL BERTSCH—MÜNCHEN. »SALONMÖBEL« AUSFÜHRUNG: DEUTSCHE WERKSTÄTTEN.


 
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