DOI Artikel:
Breuer, Robert: Haus Dr. Wiegand in Dahlem
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0129
PROFESSOR
I'ETER BEHRENS
NEUBABELSBERG.
HAUS DR. WIEGAND. STRASSENSEITE.
HAUS DR. WIEGAND IN DAHLEM.
Wenn wir die kurze Geschichte der neudeut-
schen Architektur überblicken, so treffen
Wlr stets neben den Aposteln der Zweckmäßig-
keit und des guten Geschmacks die starken,
eigenwilligen Seher der Form. Individuali-
sten, die die Gebrauchsfähigkeit und die prak-
tische Solidität eines Bauwerkes nur als selbst-
verständliche Voraussetzung für die eigentliche
Gestaltung wertschätzen, die aber genau
bissen, daß erst hinter der Schwelle der irdi-
schen Notwendigkeit das Eigentlich-Künstle-
^Scne beginnt, der Rhythmus, der aus dem Blut
es Schöpfers strömt. Diesen Künstlern ist
)e Achse ein Gott; sie ehren das Maß und
Ie ^ahl, und das Gesetz der Sinne ist ihnen
ehr als das Programm des Bauherrn. Gewiß,
Uch Sle mussen £as liefern, was der Auftrag-
geber verlangt, auch sie müssen die Wahrheit
__p ern, daß jedes Bauwerk eine Diagonale ist
fischen der Vorstellung des Schöpfers und
60 Bedürfnissen der Konsumenten. Aber,
diese Künstler ruhen nicht eher, als bis in das
Schicksal der Diagonale der Takt einer neuen,
einer eignen und doch in Konventionen gebun-
denen Musik gekommen ist. Diese Künstler
haben aus der Geschichte gelernt, daß aller
Naturalismus sterblich ist und daß nur die
klassische Klärung Bestand hat. Ein Künstler
solcher Art ist Peter Behrens; wie er den
Naturalismus des Wohnzweckes besiegt, um
ihn zur architektonischen Form zu erhöhen,
zeigt das hier abgebildete Haus Dr. Wiegand
in Dahlem. Dr. Wiegand ist Archäologe; er
gräbt in Griechenland nach Schönem, das vor
mehr als zweitausend Jahren geboren wurde
und heute noch sieghaft ist. Das Hellenische
ist eine höchste Ordnung des Sinnlichen; der
Architekt, der dem leidenschaftlichen Auf-
spürer solcher Denkmale das Haus errichten
soll, mußte notwendig seinen Planungen einiges
von der durchsonnten Klarheit griechischer
Tempelbauten geben. Dazu war Behrens prä-
1014. VIII. 4.
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I'ETER BEHRENS
NEUBABELSBERG.
HAUS DR. WIEGAND. STRASSENSEITE.
HAUS DR. WIEGAND IN DAHLEM.
Wenn wir die kurze Geschichte der neudeut-
schen Architektur überblicken, so treffen
Wlr stets neben den Aposteln der Zweckmäßig-
keit und des guten Geschmacks die starken,
eigenwilligen Seher der Form. Individuali-
sten, die die Gebrauchsfähigkeit und die prak-
tische Solidität eines Bauwerkes nur als selbst-
verständliche Voraussetzung für die eigentliche
Gestaltung wertschätzen, die aber genau
bissen, daß erst hinter der Schwelle der irdi-
schen Notwendigkeit das Eigentlich-Künstle-
^Scne beginnt, der Rhythmus, der aus dem Blut
es Schöpfers strömt. Diesen Künstlern ist
)e Achse ein Gott; sie ehren das Maß und
Ie ^ahl, und das Gesetz der Sinne ist ihnen
ehr als das Programm des Bauherrn. Gewiß,
Uch Sle mussen £as liefern, was der Auftrag-
geber verlangt, auch sie müssen die Wahrheit
__p ern, daß jedes Bauwerk eine Diagonale ist
fischen der Vorstellung des Schöpfers und
60 Bedürfnissen der Konsumenten. Aber,
diese Künstler ruhen nicht eher, als bis in das
Schicksal der Diagonale der Takt einer neuen,
einer eignen und doch in Konventionen gebun-
denen Musik gekommen ist. Diese Künstler
haben aus der Geschichte gelernt, daß aller
Naturalismus sterblich ist und daß nur die
klassische Klärung Bestand hat. Ein Künstler
solcher Art ist Peter Behrens; wie er den
Naturalismus des Wohnzweckes besiegt, um
ihn zur architektonischen Form zu erhöhen,
zeigt das hier abgebildete Haus Dr. Wiegand
in Dahlem. Dr. Wiegand ist Archäologe; er
gräbt in Griechenland nach Schönem, das vor
mehr als zweitausend Jahren geboren wurde
und heute noch sieghaft ist. Das Hellenische
ist eine höchste Ordnung des Sinnlichen; der
Architekt, der dem leidenschaftlichen Auf-
spürer solcher Denkmale das Haus errichten
soll, mußte notwendig seinen Planungen einiges
von der durchsonnten Klarheit griechischer
Tempelbauten geben. Dazu war Behrens prä-
1014. VIII. 4.
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