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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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R.-r., A.: Zur Fünfzigjahrfeier des K.K. Österr. Museums für Kunst und Industrie
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0213

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ARCHITEKT FRITZ AUG. BREUHAUS.

»SPEISEZIMMER IM HAUSE VOLLRATH«

ZUR FÜNFZIGJAHRFEIER DES K. K. ÖSTERR. MUSEUMS FÜR
KUNST UND INDUSTRIE.

Der letzte in folgerichtiger Entwicklung ent-
standene Stil war der Biedermeierstil. Er
zeichnete sich aus durch die Zweckmäßigkeit
seiner einfachen Formen und ihrer handwerklich
tüchtigen Ausarbeitung, und blieb in Geltung
bis zum Revolutionsjahr. Das folgende Jahr-
zehnt besaß keinen eigenen Stil, kaum die Vor-
liebe für irgend einen der geschichtlich früheren
Stile. Man arbeitete in einem Stilgemisch und
behielt vom vormals hochwertigen Kunsthand-
werk nur mehr das Handwerk übrig. Wo ein
größerer Aufwand gefordert wurde, kopierte
man unverständig Muster der Vergangenheit.
Gewerbe, die nicht dem Mobiliar und der De-
koration dienten, kamen kaum noch in Betracht.
Die kaiserliche Porzellanfabrik war eingegangen,
die böhmische Glasfabrikation einer öden Scha-
blone verfallen. Die Entartung war schließlich
kaum mehr zu ertragen, und als der Begriff,
was Kunstgewerbe eigentlich ist, im allgemei-
nen verloren zu sein schien, fühlten sich einige

Architekten von der zunehmenden Ausbreitung
der Schreckensgebilde doch so beleidigt und
bedroht, daß sie dagegen anzukämpfen began-
nen. Sie taten das aber in wenig erfolgreicher
Weise, sie drängten nämlich den Gegenständen
ihren jeweiligen in der Schule erlernten archi-
tektonischen Stil auf. Die Schwärmer für die
Gotik machten alles gotisch, alle Möbel, alle
Gefäße, alle Gebrauchsgegenstände, dieSchwär-
mer für das Rokoko gaben allen Dingen den
Stil des Rokoko, andere Stilfanatiker wandten
die Formen ihrer Lieblingsstile an, und zwar
sehr ungeschickt und unbedacht, so zwar, daß
sie Möbelstücke, die man von oben sieht, mit
Architekturprofilen und Ornamenten versahen,
die man an Bauwerken von unten sieht, wo-
raus sich dann eine ganz wunderlich wirkende
Verkehrtheit ergab.

Die Tätigkeit van der Nülls und seiner Schü-
ler Storck, Gugitz und Ferstel leitete, trotz-
dem die Genannten Eklektiker waren, zu einer

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