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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Jaumann, Anton: Die Deutsche Kunst und der Krieg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0400

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DIE DEUTSCHE KUNST

UND

DER KRIEG.

Alle Luxusgewerbe sehen sich durch den Krieg und seine Folgen empfindlich
k. geschädigt. Der Absat5 ist bei Kriegsgefahr sofort wie abgeschnitten, und niemand
ahnt, wann je wieder Empfänglichkeit und Mittel für die schönen Dinge des Über-
flusses vorhanden sein werden. Die deutschen Künstler waren schon bisher nicht
auf Rosen gebettet. Was soll ihnen erst die Zukunft bringen?

Kaum darf man es wagen, für Angelegenheiten der Kunst jeßt Interesse zu
erbitten. Das deutsche Volk kämpft um seine Existenz. Vor dieser elementaren Sorge
tritt alles andere zurück, auch die Sorge um unsere Künstler, mögen sie sonst unserm
Herzen noch so nahe gestanden haben.

Troßdem drängt sich der Gedanke an die Zukunft deutscher Kultur, und ihrer
schönsten Blüte, deutscher Kunst, jeßt immer wieder ins Bewußtsein. Wir kämpfen
für deutsches Volkstum und für deutsche Kultur! Ja, wie wenig ist es uns bisher
zum Bewußtsein gekommen, was wir zu verlieren haben. Nicht nur bissige Satire
hat uns Woche für Woche unsere kleinen Lächerlichkeiten und auch bedeutendere
Schwächen vorgehalten. Auch ernste Beurteiler hegten die Befürchtung, das gesunde
Mark des deutschen Wesens könnte unter der Überspannung moderner Maschinen-
Zivilisation, unter der Überwucherung amerikanischen Geschäftsgeistes Schaden gelitten
haben. Und die Kunst selbst war ja in le^ter Zeit dem Volkscharakter unleugbar
recht entfremdet. Hatte sich doch die Malerei fast ganz nach Paris orientiert. Die
Mode vollends empfing ihre Befehle ausnahmslos aus der Seinestadt.

Diese bangen Zweifel scheint nun auch der Krieg mit einem Mal zu lösen. Die
grandiose Erhebung des gesamten deutschen Volkes, als der Ruf zum Kampf
erscholl, hat uns die Augen geöffnet, hat uns Gewißheit gegeben über uns selbst.
Alles Kleinliche ist gefallen, wie neue Menschen standen wir uns gegenüber. Da
zeigte sich soviel wortlose Opferfreude, soviel Ritterlichkeit, ernste Festigkeit und
lächelnder Todesmut, soviel Disziplin und Brudertreue, daß wir froh aufjauchzend das
deutsche Volk mit seinen alten Mannestugenden wiedererkennen. Ein solches Volks-
tum ist des höchsten Einsaßes wert. Und plößlich, da wir das deutsche Land von
allen Seiten bedroht sahen, kam es uns zum Bewußtsein, was wir — wenn wir auch
längst alle romantische Schulbuchschwärmerei abgelegt — doch an unserm Vaterland
besißen! Es ist schön und reich, aber von einer herben Schönheit, ganz dem Volks-
charakter entsprechend, und erfüllt von schwer erworbenem Reichtum, von selbst-
geschaffenen, unabsehbaren Kulturwerten, die die Lebensarbeit des deutschen Volkes
darstellen, um die es kämpfen muß wie um seine Kinder.

Aber die Kunst? Ist die Kunst tatsächlich die Blüte deutscher Kultur? Oder
dürfen wir wenigstens hoffen, daß der Krieg auch hier läuternd, anfeuernd, mitreißend
 
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