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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 35.1914-1915

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Bredt, Ernst Wilhelm: Von Deutscher Art und Deutscher Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7013#0308

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fritz boehle—frankfurt a. main. radierung «beim pflügen« um 1906.

VON DEUTSCHER ART UND DEUTSCHER KUNST.

Der Kampf ringsum gilt deutscher Tüch-
tigkeit, Zucht, Form, Kultur. Wel-
ches Volk hat mehr Neider als wir, die wir mit
Unrecht bescheidener waren als irgend ein Volk
auf der Welt? Das gilt auf keinem Gebiete
mehr als auf dem der Kultur und der Kunst.

Kein Land hat die Jahre des Friedens
so genützt wie Deutschland. Und wenn
alles zu Grunde ginge — immer wieder würde
die Welt hören müssen, was deutsche Art
und deutscher Fleiß in einem knappen
halben Jahrhundert erreicht hat! Er-
reicht trotz des scheinbar unüberwindlichen
Fehlers des Deutschen, sich bald von der —
bald von jener ausländischen Mode bestechen
zu lassen. — Trotz allem Widerwärtigen
auf dem Gebiete künstlerischer Beeinflussung,
kann nur in Deutschland ein zähes Ver-
folgen, oft zunächst unklarer, künstlerischer
Ideale festgestellt werden. Deutsche Kunst
und deutsches Kunstgewerbe haben sich
Charakter erworben in dieser Zeit! Cha-
raktere — das ist ganz zweifellos — haben
wir unter den deutschen Künstlern der
Gegenwart in großer Zahl. Und das ist
unser Stolz und unsere Hoffnung! Charaktere
— die nicht auf Erfolg aus sind, die aber un-
entwegt, einseitig vielleicht, ihre Vor-
stellungen von Wahrheit und Kraft ver-
folgen, — finden wir hierzulande viel viel
mehr als in England und Frankreich.

Und wenn auch die Idealitätskurse die merk-
würdigsten Schwankungen in den letzten 43
Jahren gezeigt — wer aufs Große sieht, sieht
immer wieder wie streng die deutsche
Künstlerschaft sich selbst kritisierte.
Es ist nur ein Zeichen gesunden kritischen deut-
schen Geistes, wenn das „Leben auf den Ein-
druck hin" dem Verlangen weicht nach einem
Bilden in strengeren Formen. Und ein
gleiches ernstes Wollen, eher zu viel als zu
wenig Kritik, ist den Wandlungen im deut-
schen Kunstgewerbe der letzten vierzig
Jahre abzulesen. „Unserer Väter Werke" das
hieß nur: wir müssen tüchtig arbeiten, die
Hand üben, müssen etwas können. Stürmer
und Dränger kamen, sie wurden verlacht, zu-
nächst mit Recht. Doch bald wurden sie die
Männer neuer deutscher Form. Ihr Stre-
ben, auch aus Kritik geboren, blieb wirksam.

Deutschlands Kunstgewerbe hat gesiegt! Die
neue Form unserer Zeit haben nicht Franzosen,
nicht Engländer gefunden, — sieist deutsche
Arbeit, deutscher Sieg durch strenge Führung!

Wie die Tage des Kriegsausbruchs alle Par-
teien zusammenführten zu einem festen Ganzen
— so wird auch deutsche Kunst und deut-
sches Kunstgewerbe wie ein festes, gro-
ßes, mählich und bewußt aufgebautes
Ganzes allen erscheinen — allen, auch
denen, die bisher kleinmütig waren!
Fester, zäher als je sei's verteidigt, e. w. bredt.

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