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„Derweil wird er aber altbacken, l^ecr Amtmann!"

Das ist richtig. Der schöne „Seelenzopf" tut ihm selber leid.
Aber behalten oder darüber verfügen. . . das geht nicht.

Da fällt ihm ein Ausweg ein — nicht einmal ein unange-
nehmer Ausweg.

„Herr SekretärI" sagt er. „Ich mach'jetzt einen kleinen Früh-
schoppen drüben beim „Hirschen". Da liegt der Seelenzoxf — ich
nehm' ihn nicht — iv e r ihn nimmt, ist mir gleich — froh wär'
ich, wenn er nicht mehr da wär', bis ich nachmittags ins
Büro komm' ..."

Er nickt, greift nach seinem Hut, schaut den Seelenzopf noch
einmal an und geht dann so schnell fort, wie wenn er davor die
Flucht ergreifen müßt'.

Der Sekretär nimmt behutsam das Papier auf und bringt es
in die Kanzlei hinaus, wo er kurz den Tatbestand berichtet.

Der Registrator, die zwei Gehilfen und der Amtsdiener stehen
tiefsinnig um die Gabe der Unbekannten herum.

„wenn der Herr Amtmann net selber ein bißl ein Zopf wär'" —
sagt der Diener — „hält' er den Scelenzopf b'halt'nl"

„Das verstehen Sie nicht, Jwiefelmeierl" meint der Sekretär
mit ernster Dienstmiene und zieht sein großes rotes Taschentuch
heraus, in das er fünf Knöpfe flicht. „Auszipfelt wird er —
wer den größten Knopf erwischt, dem g'hört er."

Den größten Knopf aber erwischt der fjcrr Sekretär selber,
der ein Iunggesell ist und nichts Süßes niag.

»Jetzt find wir wieder g'rad' so weit wie zuerst." sagt er.

„Zipfeln wir halt noch einmal!" schlägt der Registrator vor.

„Aber ich zipfel' nimmer mit." erklärt der Sekretär.

„Das geht nicht!" protestieren die andern. „Sie müssen
mitzipfeln. . . ."

Da kommt ein junges hübsches Landmädl herein.

„Ich . . ." sagt sie schüchtern.

„Halt!" ruft der Sekretär erfreut. „Ich übertrag' dem Fräulein
meinen Anspruch. Sie zipfelt für mich."

„Hurrahl" schreien alle. „Sic zixfeln für den Herrn Sekretär."

Also geht die Zipfelei wieder los und das Landmädl erwischt
den größten Knopf.

Feierlich wird ihr das geheininisvoll zugewickelte Paket über-
reicht.

Bor lauter Verlegenheit vergißt sie, was sie eigentlich gewünscht
hat. Aber sie trifft ihre Mutter, nach der sie auf dem Amt hat
suchen wollen, auf deni Markt bei den Leinwandbuden.

„Du!" sagt sie. ,,I' Hab' was auszipfclt."

„was hast D'?I" fragt die Mutter erstaunt.

Schnell öffnen sie das Paket.

„Aber das is ja m c i ’ Seelenzopf" — ruft die Mutter
verdutzt — „der dem Herrn Amtniann g'hört! wie kommst denn
Dn dazn?l Glei' bringst D' ’tt dem Herrn Amtmann wieder —
i' Hab' ’it g'rad' im vorbeigeh'n g'seh'n da beim „Hirschen"
sitzt er drin im rechten Lck. . . ."

Ganz verdattert und glührot schleicht sich das Dirndl zuin
„Hirschen" hinein, legt das Paket vor den Herrn Amtmann auf
den Tisch und laust davon.

„was ist denn das?" schreit er und macht das Paket auf.
„Hat denn der Hexen-Seelenzopf den Verfolgungswahnsinn?! Da
ist er jetzt schon wiederl--Rest! Rest! Schnell! Das g'hört
Ihnen! Aber sofort weg damitI"

Die Kellnerin Resi, die sieben Kinder hat, packt natürlich das
Geschenk mit tausend Freuden zusammen. So gut hat noch der
Zopf von keiner Seel' geschmeckt wie der am Abend bei ihr
daheim.

„Muhl bekiimm's, TTttPl!"

f||in jeder weist wohl, da(> der Papagei
^ Und auch der Star kann sprechen mancherlei.

Das ist nichts Heues. Jfber dast ein Schwein
Dasselbe kann, glaubst du das? Dein?

Dann geh' hinaus rum Lauer Karl ins Oberland!

Steckt der im Stall Dich seine Pfeif in Brand,
hört man, wie aus dem morschen holzverhau
Doch müde, schläfrig grunzt die dicke Sau:

„Muhl bekumm’s, Kurl!“

Obwohl das „Schweinchen“ — sieben Zentner schwer —

Der Sülle wegen könnt’ nicht laufen mehr —

Die Beine langten nicht mehr bis zur Grde,

Weil es der umfangreiche Bauch verwehrte —

Kaufs doch zur Mittagszeit hervorgekrochen,

Um auf sein Recht als TDäftungstier zu pochen.

Und wenn dann Karl noch säst bei seinem Gssen,

Dann mahnte es, als wollt' er’s Schwein vergessen:

„Muhl bekumm's, Kurl!“

Die Zeiten kamen, wo wie überall

So auch bei Bauer Karl im Schweinestall

Das lDorden anfing und das groste Schlachten.

Gr bracht' es traurig um bei Mitternächten,
flm nächsten Sonntag säst er wehmutsreich
Uor'm Schweinskopf da. wie trieft von Seit das Sleisch!
kr griff nach dem Messer — da sträubte sich sein Schopf.
Denn abgrundstief seufzend grunzte jetzt der Kopf:

„Muhl bekumm's, Kurl!“

JTIfred König.

Sstannn n g.

„Ihr Munil sitzt ja so erioartmigspoll da im Garten?" —
„Wissen S', der hat Radieschen gesät und um selben Tage Di
Haarwuchsmittel ansgeslrichen jetzt ist er gespannt, was zuerst
ansgeht."

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Spannung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1919
Entstehungsdatum (normiert)
1914 - 1924
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 151.1919, Nr. 3875, S. 217

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