Der schreiblustige Kommerzialrat
Kommerzialrat M., der Jnbaber der größten österreichischen Ko-
lonialwarenfirma, die de» schmackhaftesten Kaffee, den würzigste»
Tee, den aromatischesten Rum verschleißt, zeigt viel journalistische
Ambition und pflegt daher in den durch ganzseitige Inserate milde
gestimmten Tageszeitungen volkswirtschaftliche Ergüffe zu veröffent-
lichen. Neulich veranlaßt« die liebe Eitelkeit den Kommerzialrat,
einem wirklichen Volswirtschastler (ohne Importgeschäft) ein paar
Worte der Anerkennung zu entlocken. „Ich verstehe eines nicht, lieber
Kommerzialrat," sprach der Gelehrte, nachdem er den kommerzial-
rätlichen Schmus gelesen. „Sie führen doch fo gute, wozu schrei-
ben Sie so schlechte Artikel?!" ^ , .
Sprechsaal der „Fliegenden Blätter"
Wertgeschätzte Fliegende!
Unter freundlicher Bezugnahme auf Ihre höfliche Einladung be-
treffend Mitarbeit aus gebildeten Intelligenzkreisen über die mo-
dernen Weltzustände und eklatante Spezialereigniffe möchte ich Ihre
Aufmerksamkeit heute gleich aus den höchsten Punkt hinlenken, welcher
schon lange das angespannteAllgemeinintereffe inDeutschlandheraus-
fordert, nämlich auf den Gipfelpunkt der Zugspitze. Indem ja de-
kanntlich auch ein blindes Huhn ein Ei hervorbringen kann, welches
einem quasi auf der flachen Hand liegt wie dem Columbus, so habe
auch ich darüber nachsimuliert, welche Art von Bahn die billigste
und bequemste wäre, nachdem bis dato weder eine Standseil- noch
eine Drahtzahn- oder eine Schweberadbahn respektive andere Va-
rietesvsteme den technischen Wirtschaftsansprüchen der entgegenge-
setzten Sachverständigen haben genügen können. Mein unmaßgeblicher
Gedankengang bewegte sich also anfänglich auf einerKegelzahnradbahn.
Wie aber jeder uneingeweihte Laie sofort sieht, braucht man bei dieser
Konstruktion nur das Zahnrad wegzulaffen um eine bedeutend ein-
fachere Bauart zu erzielen, nämlich die Kegelbahn! — Baut man
auf die Zugspitze eine Kegelbahn, so ergeben sich folgende Vorteile:
I. Als Material dient ausschließlich Holz, das am Fuße des Berges
in großen Mengen wild wächst. 2. Die Gesamtlänge der Bahn kann
auf 25 — 30 Meter beschränkt werden. 3. Die Steigung gleich
Null, 4. Die Bahn kann durch ein einfaches Dach gedeckt werden.
5. Als ständiges Betriebspersonal genügt I Kegeljunge, der während
seiner Freizeit in der Viehwirtschaft Verwendung finden kann.
6. Das Publikum wird nie ungeduldig. Während der eine Teil die
Bahn benützt, verkürzen sich die Zuschauer die Zeit mit Kegelsprüchen.
7. Sind keine Gäste vorhanden, ruht der Betrieb von selbst, also
kein kostspieliger Leerlauf. 8. Auch bei Nebel hat jeder Aussicht auf
den schönsten Naturkranz. Um alle neun vollzumachen tritt zu diese»
8 Vorteilen noch die Sicherheit, daß die Bahn nur von Kegel-
schiebern frequentiert wird, andere Bergbahnen hingegen von jeder
Art von Schiebern. Hochachtungsvollst
Ambrosius Zipfl, Sekretariatsoffizant a.D.
Der Silhouettenschneider und der Radischneider
Aus dem im Verlag von Braun & Schneider in München erschienenen in Farben gedruckten Werk „Das Hofbräuhaus." Preis 2.50 Mk.
178
Kommerzialrat M., der Jnbaber der größten österreichischen Ko-
lonialwarenfirma, die de» schmackhaftesten Kaffee, den würzigste»
Tee, den aromatischesten Rum verschleißt, zeigt viel journalistische
Ambition und pflegt daher in den durch ganzseitige Inserate milde
gestimmten Tageszeitungen volkswirtschaftliche Ergüffe zu veröffent-
lichen. Neulich veranlaßt« die liebe Eitelkeit den Kommerzialrat,
einem wirklichen Volswirtschastler (ohne Importgeschäft) ein paar
Worte der Anerkennung zu entlocken. „Ich verstehe eines nicht, lieber
Kommerzialrat," sprach der Gelehrte, nachdem er den kommerzial-
rätlichen Schmus gelesen. „Sie führen doch fo gute, wozu schrei-
ben Sie so schlechte Artikel?!" ^ , .
Sprechsaal der „Fliegenden Blätter"
Wertgeschätzte Fliegende!
Unter freundlicher Bezugnahme auf Ihre höfliche Einladung be-
treffend Mitarbeit aus gebildeten Intelligenzkreisen über die mo-
dernen Weltzustände und eklatante Spezialereigniffe möchte ich Ihre
Aufmerksamkeit heute gleich aus den höchsten Punkt hinlenken, welcher
schon lange das angespannteAllgemeinintereffe inDeutschlandheraus-
fordert, nämlich auf den Gipfelpunkt der Zugspitze. Indem ja de-
kanntlich auch ein blindes Huhn ein Ei hervorbringen kann, welches
einem quasi auf der flachen Hand liegt wie dem Columbus, so habe
auch ich darüber nachsimuliert, welche Art von Bahn die billigste
und bequemste wäre, nachdem bis dato weder eine Standseil- noch
eine Drahtzahn- oder eine Schweberadbahn respektive andere Va-
rietesvsteme den technischen Wirtschaftsansprüchen der entgegenge-
setzten Sachverständigen haben genügen können. Mein unmaßgeblicher
Gedankengang bewegte sich also anfänglich auf einerKegelzahnradbahn.
Wie aber jeder uneingeweihte Laie sofort sieht, braucht man bei dieser
Konstruktion nur das Zahnrad wegzulaffen um eine bedeutend ein-
fachere Bauart zu erzielen, nämlich die Kegelbahn! — Baut man
auf die Zugspitze eine Kegelbahn, so ergeben sich folgende Vorteile:
I. Als Material dient ausschließlich Holz, das am Fuße des Berges
in großen Mengen wild wächst. 2. Die Gesamtlänge der Bahn kann
auf 25 — 30 Meter beschränkt werden. 3. Die Steigung gleich
Null, 4. Die Bahn kann durch ein einfaches Dach gedeckt werden.
5. Als ständiges Betriebspersonal genügt I Kegeljunge, der während
seiner Freizeit in der Viehwirtschaft Verwendung finden kann.
6. Das Publikum wird nie ungeduldig. Während der eine Teil die
Bahn benützt, verkürzen sich die Zuschauer die Zeit mit Kegelsprüchen.
7. Sind keine Gäste vorhanden, ruht der Betrieb von selbst, also
kein kostspieliger Leerlauf. 8. Auch bei Nebel hat jeder Aussicht auf
den schönsten Naturkranz. Um alle neun vollzumachen tritt zu diese»
8 Vorteilen noch die Sicherheit, daß die Bahn nur von Kegel-
schiebern frequentiert wird, andere Bergbahnen hingegen von jeder
Art von Schiebern. Hochachtungsvollst
Ambrosius Zipfl, Sekretariatsoffizant a.D.
Der Silhouettenschneider und der Radischneider
Aus dem im Verlag von Braun & Schneider in München erschienenen in Farben gedruckten Werk „Das Hofbräuhaus." Preis 2.50 Mk.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Silhouettenschneider und der Radischneider"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 167.1927, Nr. 4288, S. 178
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg