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66 Herr Plemperer im Gebirge.

keine gsehen. Springgiftig kommen wir endlich in's dritte Ort,

! nach Fügen, zum Sonnenwirth Reiner, da endlich gibts Forelln,

: und wir habn ausspannen lassen. Da sind Überhaupts, von
> der Gegend abgsehen, schon mehr Spuren der Cultur sichtbar;

da ist ein Bezirksgericht, eine Schandarmerie-Station, eine
! Post, eine Nähnadelfabrik und tüchtig viel Wirthshäuser. Die
! Forellen — Sie, das war Ihnen gspassig — die fischt der
Wirth allezeit gleich mit der Hand ans seinem Hofbrunnen
i 'raus — die waren deliziös; hernach sind gebachene Schnitzeln
' kommen mit Pomeranzen-Salat, wogegen sich gar nichts ein-
j wenden laßt, und der Wein, bsonders der Rothe, sowie der
weiße Terlaner und Neapolitaner hätten dem Ott und dem
Lunglmayer dahier keine Schand gmacht! Aber wenn ein
Wein auch noch so gut ist, man kann halt mit'm besten Willen
! nicht so viel trinken davon, als von unserm Bier; und das
' ist dem Wein seine ewige Schattenseiten. Nach dem Essen —"
Griesmayer. „Da haben die Reiners, Vater, Sohn
j und Töchter, ihre lieblichen Alpenlieder gesungen —"

Plemperer. „Na, da bin ich hinauf in's Bett gangen,
der Brandlmayer ist noch eine Weil drunten blieben, und der
hat mir hernach erzählt, daß sie gsungen haben. Ich Hab
auch einmal so was, als wie ein Gejodel hinaufghört, wie
ich mich's Erstemal herumdreht Hab, wenns anders nicht der
Engländer war, der im Zimmer nebenan gschlafen hat.
Wissen's, ich Hab beim Schweiger Hanni in der Au draussen
's „Versprechen hintcr'm Heerd" und den „Freiherrn als
Wildschütz" gsehen, und von daher kenn' ich mir dieses Gsang
schon überflüsfig gnug: „Ho — i — di — ee, ho — i —
di — ee, hoi — he!" und so fort nacheinander."

Griesmayer. „Und der stille Waldweg nach dem Hard
hinüber — das St Pankrazkirchlein, das Pochwerk in Klein-
boden, und die wilde Gerlos mit ihren kahlen Wänden —"

Plemperer. „Jetzt schauens einmal, dieses Wirthshaus
haben wir also doch übersehen, wie wir Tags darauf alle
Wirthshäuser nach der Reih' visitirt haben, zuerst beim Post-
verweser, hernach beim Höllwarth, beim Bräu, beim Angerer,
beim Wildauer, beim —"

Griesmayer. „Ach, die Gerlos ist ja ein Bergpaß
und kein Wirthshaus!"

Plemperer. „Ja so, jetzt lass ich mir's eher gfallen. Ja
Wissens, inein lieber Herr Griesmayer, solche Gschichten sind
denen Malern und Bücherschreibern ihre Sach', die davon leben
müssen. Unser Einer hataber, Gott sei Dank, Keines von Beiden
zu werden braucht, um sein anständiges Auskommen zu haben,

und deßhalb berühr' ich solcherlei Natur-Erscheinungen auch
nur corsarisch, — ganz corsarisch, sag ich Ihnen! Und zudem Hab'
ich mir dieses ganze Zillerthal auch ganz anders vorgestellt, als es
wirklich ist. Vor lauter Bergen rund um und um sieht man
fast gar kein Thal,— welches Überhaupts, wenn es nicht diesen
Namen hätte, den es hat, kein Mensch für's Zillerthal anschauen
thät! Das sind eben lauter exclusivische Begriffe, sage ich Ihnen,
schade, daß sie auch ein kleines Bisl zu hart sind —"
Griesmayer. „Die exclusiven Begriffe?"
Plemperer. „Na, die Kälberfüß da!"

Griesmayer. „Das romantische Zell wird Sie aber
nun doch entzückt haben, und Mayrhofen, Finkenberg und
der groteske Teufelssteg?"

Plemperer. „Hingewollt haben wir schon zum Bräu
von Zell, weil uns von einer so sauberen Kellnerin, die dort
sein soll, so viel erzählt worden ist. Wie aber in Uderns und
Ried, auf dem Weg dahin, die Wirthshäuser schon so miserabel
worden sind, da Hab ich zum Brandlmayer gesagt: Brandl-
mayer — sag' ich — kehren wir um, oder ich thue nimmer mit.
Wenn das Ding so fort geht, wie's jetzt anfangt, so ist in Zell
die Welt schon mit Brettern verschlagen, und man kriegt gar
nichts mehr zu effen dort! Die Wolfsschlucht im „Freischütz"
wäre ohnedem wie ein botanischer Garten gegen diese unkulti-
virte Gegend, die von Fügen an anfangt. Kurzum, wir sind
wieder retour gfahren zum Staats nach Straß."

Grie s ma yer. „Diesmal werden Sie doch auf die roman-
tische Brettfall hinaufgewallfahrtet sein, zum „ Bruder Oansigl?"

Plemperer. „Die G'schicht war ja schon lang in den
„Fliegenden Blättern" drinn; für was hätt' ich's denn noch
einmal anschauen sollen auch? Etliche Paar frischgselchte
Würstln mit Green haben wir noch gessen, und hernach frisch
hinauf wieder in's Bräuhaus nach Jenbach —*
Griesmayer. „Was? Nicht nach Innsbruck?"
Plemperer. „Das wär' mir grad noch abgegangen'
Na Sie, ich Hab das Tyrvl dick kriegt — und mich siehts
auch nimmer so bald wieder!" —

Griesmayer. „Ja, warum sind Sie aber nicht minde-
stens auf einem andern Weg heimgereist, über Kuffstein?" —
Plemperer. „Daß wir noch um einen Tag länger ge-
braucht hätten? — In Kreuth haben wir wieder übernachtet. —
Dem Brandlmayer seine Frau ist wieder auf einer Eselparthie
gewesen, und erst ganz spät davon zurückkommen — und —
die Wirthshäuser sind derweil nicht besser und nicht schlechter
worden—am nächsten Tag Abends um sechs Uhr war ich wieder
hier, mit hungrigem Magen, leerem Geldbeutel, wenig genosse-
nem Pläsir und mit der festen Ueberzeugung, daß es halt zu
Haus doch am allerbesten ist; denn die Strapazen, Entbehrungen
und Mühseligkeiten aller Art, die man bei einer Gebirgsreise aus-
zustehen hat, können Einem wahrhaftig das schlechte Essen und die
theuren Zechen, die Einem dabei blühen, doch nicht vergessen
machen. Aber es ist nur, daß man mit der Zeit fortschreitet und
auch davon reden kann. Kathi, eine Halbe, aber ein frisches!"
(Es schlägt acht Uhr und das Gesellschaftszimmer füllt sich mehr
und mehr).
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Herr Plemperer im Gebirg"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Schlaf <Motiv>
Bett <Motiv>
Karikatur
Reisender <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 17.1853, Nr. 393, S. 66
 
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