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74 Der Windmüller imb sein Esel,

nach guckter so uni sich, ob ergend Bekannte da wieren. Be- blieben is.

kannte saßen adder dazumal immer in der Schenke, denn 's
war gerade die Zeit, wo Alles immer so erpicht uff de neuen
Zeitungen war, un wo immer, in der Stadt nn uffen Torse,
Leute uff der Bierbank saßen, die sich »n ihr eegnes Biß-
chen Hauswesen freilich nich immer kunnten in Gleichgewichte
Verhalten, die adder so vun der Bierbank aus ganz eifrig de
Welt regierten — nur Schade, daß cs nich allemal nach ihren
Koppen gehen that. Nn, da kunntes denn ovch gar nich fehlen,
daß mei Andrees Bekannte fand, un wie se denn genug an der
Welt rum regiert hatten, da faßten se sich hin un nahmben de
Karten in de Hände. Sillches Pech aber, wie Andrees an dem
Tage hatte, das war noch gar nich dagewest. En Thaler nachen
ändern ging flöten, zurletzt borgte Andrees den Wärth an un
verlohr ooch das noch, was der n geborgt hatte. Hernach lief
er heenie un holte noch seine letzten paar Thaler, ldie eegent-
lich gar nich mehr seine waren, denn er hatte se zur Steuer
zurücke gelegt), un ovch die holte der Tenwel noch. 'Jla nn
hatte Andrees genug, nn kunnter recht hübsch ufstiehen un
Herme gehn, ganz stille un sachtchen, wie ä begoßner Hund.
He war so alterirt, wie er heeme kam, er konnte vor Bvß-
heet kaum seine Frau keilen — er keilte sc awer doch, un
hingerher überlegt er sich, was nu zu thun wiere; denn in
zwee Tagen war de Steuer gefällig un mit der kunnt er
nich in Rückstände bleiben, sonst wäre Polen offen gewesen.
Wenn der Kenig wüßte wie's manchmal mit den lieben
Steuern seine Roth bei uns kleenen Leute hätte, i, der ließ
schon ämal fünfe gerade sin, denn der Kenig is ä ganz guter
Mann; adder so ä Steuer-Einnehmer, der weiter nischt ge-
lernt, als ü Bißchen Schreiben un Rechne, der sein fixen
Gehalt einsteckt un gar nich weeß un begreifen kann, was
Geldverdienen heest, der gar nich weeß, wie's thut, wenn
kee Gäld in Hause is, i, so a Kärl der denkt jo Wunder
was er kann, wenn er een Execution in's Haus schickt un da,
wo so nischt is, oh noch Mitesser hinsetzt. Die Kerle kunnte
ovch Andrees gar nich leiden, er nannte se immer nur Feder-
fuchser un meente, wenn er se ämal alle mittenauger uf seiner
Windmühle könnte hab'n, er wiere s im Stande de ganze
Windniühle mit Pulver in de Luft zu sprengen; drum warn
ooch der ganze Kram so fatal. Andrees kunte sichs adder
überlegen wie er wullte — es kamb nischt derbei raus,
höchstens de große Fußziehe zun Stäwweln kamb raus, wie
jener Bettelmann sahte — denn zu verkaufen hatter nischt,
nn Geld war erst recht nich mehr da.

Da schrieh uff eemal sei Esel in Stalle recht gottserbärmlich
I — a! I — a! denn's arme Luder hatte nischt zu fressen, weil
Andrees übern Karten 's Futtern vergessen hatte. Wie das
Andrees hierte, da rieb er sich in de Hände un sahte: „Na, du
frißt dei Futter jetzt ooch umsunst wo's nischt zu thune giebt,
awer umsonst sollt's ooch nich geschriehen Ham; wenn ich dich ver-
koofe, dann is ja glei Geld gemacht." Seine Frau aber, wie
die Andreesen so reden hörte, die derschrack un heulte beiwege.

„Andrees," sahte se, „Andrees, verkoofe doch den Esel
nich, es is ja das letzte, was mir von meiner Familie ge-

Wer aber nich druff hörte, das war mei Andrees,
denn den andern Morgen hatte kaum der Hahn gekriehet,
da zog ovch Andrees seinen Esel aus'n Stalle, namben beim
Zoome und führt'u in de Stadt zum Verkoofe.

Wie er nu so vor der Stadt au'n Schlagboom kimmt, da
stehen un sitzen de Suldaten haußen vor der Wache, roochen
Tobak, feriren de Leute nu halten Maulaffen feel. Tie wullten
mit Andreesen ovch ihren Spaß Ham und frahten: „wo wollt'r
denne hin ihr zwee?" Andrees aber meente: „bei den Andern
vorbei," ließ se links liegen und dachte wie Goldschmieds
Junge. „I," meenten de Suldaten da so unter sich, „das
is ja ü rechter verfluchter Bauerkerl, den muß ä Zopp ge-
macht wäru, es mag kosten was es will:" un zwee dervon,
so rechte ausgetragene Kinder, die schlichen sich hinter Andreesen
un sein Esel her. Daß die aber nischt Gutes vorhatten,
nu das kann iner sich denken. Richtig, mei Andrees war
noch gar nich so weit vun der Wache weg, da hatte schon
eener von die zwee Suldaten den Esel außen Gescharren un
seinen eegnen Kvpp eingehängt, der andere awer, der führte
den alten grauen Barschen bei seinen langen Ohren zeruck
in de Wache, wo'n die Eujons verkooft un's Geld dervor
verjuxt un verjuchheet Ham.

Andrees merkt mei Sixchen vun den ganzen Schwindel
nischt. Ich füllte doch meenen, es wäre ä Unterschied zwischen j
eit Suldaten nn en Esel, awer Andreesen mag des nich so
vorgekommen sin, denn der merkte nischt, bis mit eenenmale
der Suldate ganz jämmerlich un kläglich ruft: „Bauer, laß
mich doch loß!" Wie das der Andrees hört, drehet he sich
rum un denkt doch glei, he füll die Schwerenoth dervontragen,
wie er statt seinen Esel ä Suldaten an der Leine hat.

„Nu!" sahte Andrees, „nu! was heeßt denn das?"

„Was das heeßt?" meente der Suldate, „looslassen
heeßt's! Laß mich nur loß, denn verkoofen kannste mich doch
nich; der Tenwel soll sich ä Suldaten koofen!"

„Ja das gloob ich selbst," meente Andrees, „awer wie
kummt he denn in mei Gescharre, un wu is denn mei Esel hin?" !

„Gott in Himmel," fieng da der Suldate an, „ich bin jo
eben der Esel," un heulte, daß 'en der Bock stieß, so daß es
Andreesen ooch ganz weechmüthig ums Herze morde, un s
hätte nich viel gefehlt, da hätte Andrees selbst mit geheult.

„Macht mer keene Dummheeten," sahte da Andrees noch
emal, „wo is mei Esel?"

„Dorch meine Dummheet und Schlechtigkeet bin ich ja zu
Deinen Esel geworden," meente da der Suldate wieder un
heulte immer mehr. „Ach Bauer! Bauer! Setz Dich mit mir
zusammen dort uff de steenerne Bank, da sollte Alles hieren."

Da setzten sie sich denn mittenanger hin un der Suldate
fung zu verzählen an.

„Siehste Bauer —" „Ich bin kee Bauer, ich bin ä Wind-
müller," sahte Andrees. — „Na, siehste Windmüller, 's is der
gar nich zu lange her, da bin ich der ä rechter reicher Bauer !
gewest, da in der fetten Gegend bei Lommatzsch hatt ich ä Gut,
un mußte mit vier Fähren (Pferden) wärthschaften. Meine Frau
un meine Kingerchens inachten mer nur Fröhde, — mit eenen |
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