Wohnen in dem Dachgeschosse
Links der Dichter Lorenz Wacht,
Der mit seinem Musenrosse
Meist sich durch Novellen nährt,
Rechts der Musikus Max Knelle,
Der als Posaunist bewährt
In der städtischen Kapelle.
Hat die feinste Wohnung eine
Waise weiblichen Geschlechts.
Hulda heißt die hübsche Kleine/
Majorenn seit einem Jahr
Hat sie Geld mitsamt Sem Grundstück,
Und sie wäre offenbar
Als Partie ein seltnes Fundstück.
Lorenz liebt das Mädchen sehr.
Ebenso der posauniste/
Jeder ist dahinter her,
Daß sie ihn erwählen mühte,
Aber Hulda kann zur Wahl
Sich vorläufig nicht bequemen.
Sie schätzt beide ganz egal —
Also: welchen soll sie nehmen?
Ladet sic von Zeit zu Zeit
Nachmittags zur Tee-Einnahme
Mal den Dichter Lorenz ein.
Mal den Meister der Posaune.
Stets fühlt dann der eine Pein
Und der andre frohe Laune.
Der laute
und der stille Liebhaber
Glaubt sich Lorenz ohne Glück,
Setzt er dann nach Dichtermode
Still sich hin/ sein Mißgeschick
Schildert er in einer Ode,
Die er meist sehr länglich macht.
Kein Geräusch schafft diese Klage,
Nur die Feder kritzelt facht —
Keinem andern bringt das Plage.
Aber wenn der Mustkuck
Wähnt, ihn möge nicht die Schöne,
Dann entlädt er den Verdruß
Schrecklich in Posaunentöne.
Weithin hallt der Schauerklang/
Alle Nachbarn möchten rasen,
Hören sie oft nächtelang
Den verliebten Knelle blasen.
Bald errät die Nachbarschaft,
Warum diese Töne wogen,
Und man denkt sich: Schauderhaft
Wär's, würd' Lorenz vorgezogen.
Dieser kann ja im Gedicht
Seinen Kummer still verbluten.
Doch kriegt Knelle Hulda nicht,
Macht er uns verrückt durch Tuten.
Zeichnung von M. Claus
Stimmung wird darum gemacht,
Huldas Sinn zu dirigieren
Und ihr Herzchen mit Bedacht
Zu Max Knelle zu bugsieren.
Laut lobt ihn ein jeder Mund/
Huldas Hausarzt, Doktor Bunge,
Rühmt ihn auch als sehr gesund —
Die Posaune stärkt die Lunge.
Vieles Schreiben mache krumm,
Spricht ein älterer Kanzleirat,
Wie er selbst beweise — drum
Sei der Dichter nichts zur Heirat.
Knelle, ruft die Witwe Bock,
Wird der Ehemänner bester/
An den Dirigentenstock
Hat gewöhnt ihn das Orchester.
So beeinflußt, ja gedrängt
Hat nun Hulda doch Max Knelle
Endlich Hand und Herz geschenkt.
Lorenz mußt' sein Gram als Ouelle
Eines IchromaneS nun
Diele, viele Nächte dienen/
Niemand störte dieses Tun —
Ja, er ist nicht mal erschienen.
Siegreich blieb der Posaunist,
Der nicht wenig triumphierte,
Wodurch neu bewiesen ist,
Was man oft schon konstatierte:
Mache Lärm, dann bist du schlau!
Stille wird dir nur zum Makel,
Denn daS Glück folgt dem Radau,
Und Erfolg kommt durch Spektakel.
373
Links der Dichter Lorenz Wacht,
Der mit seinem Musenrosse
Meist sich durch Novellen nährt,
Rechts der Musikus Max Knelle,
Der als Posaunist bewährt
In der städtischen Kapelle.
Hat die feinste Wohnung eine
Waise weiblichen Geschlechts.
Hulda heißt die hübsche Kleine/
Majorenn seit einem Jahr
Hat sie Geld mitsamt Sem Grundstück,
Und sie wäre offenbar
Als Partie ein seltnes Fundstück.
Lorenz liebt das Mädchen sehr.
Ebenso der posauniste/
Jeder ist dahinter her,
Daß sie ihn erwählen mühte,
Aber Hulda kann zur Wahl
Sich vorläufig nicht bequemen.
Sie schätzt beide ganz egal —
Also: welchen soll sie nehmen?
Ladet sic von Zeit zu Zeit
Nachmittags zur Tee-Einnahme
Mal den Dichter Lorenz ein.
Mal den Meister der Posaune.
Stets fühlt dann der eine Pein
Und der andre frohe Laune.
Der laute
und der stille Liebhaber
Glaubt sich Lorenz ohne Glück,
Setzt er dann nach Dichtermode
Still sich hin/ sein Mißgeschick
Schildert er in einer Ode,
Die er meist sehr länglich macht.
Kein Geräusch schafft diese Klage,
Nur die Feder kritzelt facht —
Keinem andern bringt das Plage.
Aber wenn der Mustkuck
Wähnt, ihn möge nicht die Schöne,
Dann entlädt er den Verdruß
Schrecklich in Posaunentöne.
Weithin hallt der Schauerklang/
Alle Nachbarn möchten rasen,
Hören sie oft nächtelang
Den verliebten Knelle blasen.
Bald errät die Nachbarschaft,
Warum diese Töne wogen,
Und man denkt sich: Schauderhaft
Wär's, würd' Lorenz vorgezogen.
Dieser kann ja im Gedicht
Seinen Kummer still verbluten.
Doch kriegt Knelle Hulda nicht,
Macht er uns verrückt durch Tuten.
Zeichnung von M. Claus
Stimmung wird darum gemacht,
Huldas Sinn zu dirigieren
Und ihr Herzchen mit Bedacht
Zu Max Knelle zu bugsieren.
Laut lobt ihn ein jeder Mund/
Huldas Hausarzt, Doktor Bunge,
Rühmt ihn auch als sehr gesund —
Die Posaune stärkt die Lunge.
Vieles Schreiben mache krumm,
Spricht ein älterer Kanzleirat,
Wie er selbst beweise — drum
Sei der Dichter nichts zur Heirat.
Knelle, ruft die Witwe Bock,
Wird der Ehemänner bester/
An den Dirigentenstock
Hat gewöhnt ihn das Orchester.
So beeinflußt, ja gedrängt
Hat nun Hulda doch Max Knelle
Endlich Hand und Herz geschenkt.
Lorenz mußt' sein Gram als Ouelle
Eines IchromaneS nun
Diele, viele Nächte dienen/
Niemand störte dieses Tun —
Ja, er ist nicht mal erschienen.
Siegreich blieb der Posaunist,
Der nicht wenig triumphierte,
Wodurch neu bewiesen ist,
Was man oft schon konstatierte:
Mache Lärm, dann bist du schlau!
Stille wird dir nur zum Makel,
Denn daS Glück folgt dem Radau,
Und Erfolg kommt durch Spektakel.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der laute und der stille Liebhaber"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1930
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 173.1930, Nr. 4454, S. 373
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg