Geschichte des Herrn Rubatz
Von Peter Robinson
Mein Name ist Rubatz, August Wilhelm Rubatz, in Firma
Knelling und Pochhammer. Knelling ist schon lange tot, ich habe
ihn auch nicht gekannt, aber Pochhammer lebt noch in einem
sehr behaglichen Ruhestande. Von ihm habe ich das Geschäft
übernommen, und ich habe es nicht zu bereuen gehabt — in
keiner Beziehung. Aebernommen, aber nicht käuflich erworben,
indem ich nämlich Pochhammers einzige Tochter geheiratet habe.
Deshalb sagte ich eben, daß ich es in keiner Beziehung zu be-
reuen gehabt habe. Meine Frau heißt Barbara, womit sie aber
nicht zufrieden ist, und ich auch nicht; wir sagen Betty, wozu
wir auf dem Amweg Barbara-Babette gekommen sind. Ob das
richtig ist, weiß ich nicht, es kommt ja aber auch nicht darauf
an. An dem Namen Barbara ist meine selige Schwiegermutter
schuld; die hatte nämlich den Aberglauben, ein Vorname, der
dreimal ein A enthalte, bringe viel Glück. Wenn sie nicht eine
Tochter, sondern einen Sohn gehabt hätte,
dann hätte sie ihn wahrscheinlich Abraham
genannt. Es ist also gut, daß es kein
Sohn war — — außerdem hätte ich dann
ja nicht in das Geschäft einheiraten
können.-
Gut, an meinem Kontor steht also:
Knelling und Pochhammer. Viele Leute
kommen zu mir. Manche, die Bescheid
wissen, sagen: Äerr Rubatz. Andere nennen
mich aufs Geratewohl Knelling oder Poch-
hammer. Wie sie sich für den einen oder
den anderen Namen entscheiden, weiß ich
nicht. Mir ist, wenn schon nicht Rubatz ge-
sagt wird, Pochhammer lieber als Knelling,
weil Pochhammer doch noch lebt, aber ich
nehme es hin, wie's kommt; nur in wich-
tigen Fällen stelle ich die Sache richtig.
Wenn mich ein Mensch belästigt, den ich
nach einer Minute wieder abwimmele —
da werde ich mich ihm doch nicht erst vor-
stellen. Der mag ruhig meinen, er sei von
Knelling 'rausgewimmelt worden oder von
Pochhammer. Das heißt: so habe ich bis
jetzt gedacht, aber für die Zukunft werde
ich das ändern. Ich werde jetzt an mein
Kontor malen lassen: Inhaber August
Wilhelm Rubatz. Dann wird mir eine so
blödsinnige Geschichte nicht mehr passieren.
Erst war es ja sehr komisch, aber als ich
dann die Knüffe und Püffe kriegte — —
na, ich danke!
In Quappstedt an der Quappe ist das
gewesen. In meinem Leben zum ersten
Male war ich in dieses übrigens ganz
hübsche Nest gekommen. And auch zum
letzten Male! Nie wieder sollen meine Füße
über Quappstedter Pflaster wandeln! And
wenn sie mich, was ich nach meinem Er-
lebnis verdient hätte, zum Ehrenbürger
mit lebenslänglicher Versorgung machen
wollten! Allerdings würden sie das schon
aus Mangel an Mitteln nicht tun können.
Ich hatte gar nicht die Absicht gehabt,
aus dem Bummelzuge, in den mich eine
ungünstige Verkehrskonstellation gebracht
hatte, vor meiner Anschluß- und Am-
steigestation auszusteigen, aber gerade
in Quappstedt konnte der Satanszug nicht weiter. Er
hielt und hielt, und schließlich kam der Schaffner und erzählte
mir, sie hätten einen Maschinenschaden, und vor einer Stunde
könnte eine andere Maschine nicht da sein, und deshalb könnte
ich nicht mehr auf Anschluß rechnen. Nun, es war acht Ahr
abends; ich war hungrig und auch schon müde, und weil der
nächste Tag ein Sonntag war, und ich also nichts versäumte,
nahm ich meine Reisetasche und zog in Quappstedt ein. Der
„Schwarze Adler", den mir der Schaffner empfohlen hatte, war
leicht zu finden. Gerade verließ ihn ein Gast: ein junger Mann,
der im Begriff war, mit einem kleinen Auto abzusiitzen. Der
Kellner des „Schwarzen Adlers" reichte ihm noch was in den
Wagen hinein. Ja, und da krähte mich der Mensch aus dem
Auto an. „Ah, ergebenster Diener, L>err Knelling! Wie steht
das werte Befinden?"
Zeichnung von H. Lebmcmn
„Ich finde ihn nicht so fabelhast. Er läuft ja immer nur ein E."
„Ja, er hat mich vorhin nach meinem Vornamen gefragt: ich heiße Erna."
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Von Peter Robinson
Mein Name ist Rubatz, August Wilhelm Rubatz, in Firma
Knelling und Pochhammer. Knelling ist schon lange tot, ich habe
ihn auch nicht gekannt, aber Pochhammer lebt noch in einem
sehr behaglichen Ruhestande. Von ihm habe ich das Geschäft
übernommen, und ich habe es nicht zu bereuen gehabt — in
keiner Beziehung. Aebernommen, aber nicht käuflich erworben,
indem ich nämlich Pochhammers einzige Tochter geheiratet habe.
Deshalb sagte ich eben, daß ich es in keiner Beziehung zu be-
reuen gehabt habe. Meine Frau heißt Barbara, womit sie aber
nicht zufrieden ist, und ich auch nicht; wir sagen Betty, wozu
wir auf dem Amweg Barbara-Babette gekommen sind. Ob das
richtig ist, weiß ich nicht, es kommt ja aber auch nicht darauf
an. An dem Namen Barbara ist meine selige Schwiegermutter
schuld; die hatte nämlich den Aberglauben, ein Vorname, der
dreimal ein A enthalte, bringe viel Glück. Wenn sie nicht eine
Tochter, sondern einen Sohn gehabt hätte,
dann hätte sie ihn wahrscheinlich Abraham
genannt. Es ist also gut, daß es kein
Sohn war — — außerdem hätte ich dann
ja nicht in das Geschäft einheiraten
können.-
Gut, an meinem Kontor steht also:
Knelling und Pochhammer. Viele Leute
kommen zu mir. Manche, die Bescheid
wissen, sagen: Äerr Rubatz. Andere nennen
mich aufs Geratewohl Knelling oder Poch-
hammer. Wie sie sich für den einen oder
den anderen Namen entscheiden, weiß ich
nicht. Mir ist, wenn schon nicht Rubatz ge-
sagt wird, Pochhammer lieber als Knelling,
weil Pochhammer doch noch lebt, aber ich
nehme es hin, wie's kommt; nur in wich-
tigen Fällen stelle ich die Sache richtig.
Wenn mich ein Mensch belästigt, den ich
nach einer Minute wieder abwimmele —
da werde ich mich ihm doch nicht erst vor-
stellen. Der mag ruhig meinen, er sei von
Knelling 'rausgewimmelt worden oder von
Pochhammer. Das heißt: so habe ich bis
jetzt gedacht, aber für die Zukunft werde
ich das ändern. Ich werde jetzt an mein
Kontor malen lassen: Inhaber August
Wilhelm Rubatz. Dann wird mir eine so
blödsinnige Geschichte nicht mehr passieren.
Erst war es ja sehr komisch, aber als ich
dann die Knüffe und Püffe kriegte — —
na, ich danke!
In Quappstedt an der Quappe ist das
gewesen. In meinem Leben zum ersten
Male war ich in dieses übrigens ganz
hübsche Nest gekommen. And auch zum
letzten Male! Nie wieder sollen meine Füße
über Quappstedter Pflaster wandeln! And
wenn sie mich, was ich nach meinem Er-
lebnis verdient hätte, zum Ehrenbürger
mit lebenslänglicher Versorgung machen
wollten! Allerdings würden sie das schon
aus Mangel an Mitteln nicht tun können.
Ich hatte gar nicht die Absicht gehabt,
aus dem Bummelzuge, in den mich eine
ungünstige Verkehrskonstellation gebracht
hatte, vor meiner Anschluß- und Am-
steigestation auszusteigen, aber gerade
in Quappstedt konnte der Satanszug nicht weiter. Er
hielt und hielt, und schließlich kam der Schaffner und erzählte
mir, sie hätten einen Maschinenschaden, und vor einer Stunde
könnte eine andere Maschine nicht da sein, und deshalb könnte
ich nicht mehr auf Anschluß rechnen. Nun, es war acht Ahr
abends; ich war hungrig und auch schon müde, und weil der
nächste Tag ein Sonntag war, und ich also nichts versäumte,
nahm ich meine Reisetasche und zog in Quappstedt ein. Der
„Schwarze Adler", den mir der Schaffner empfohlen hatte, war
leicht zu finden. Gerade verließ ihn ein Gast: ein junger Mann,
der im Begriff war, mit einem kleinen Auto abzusiitzen. Der
Kellner des „Schwarzen Adlers" reichte ihm noch was in den
Wagen hinein. Ja, und da krähte mich der Mensch aus dem
Auto an. „Ah, ergebenster Diener, L>err Knelling! Wie steht
das werte Befinden?"
Zeichnung von H. Lebmcmn
„Ich finde ihn nicht so fabelhast. Er läuft ja immer nur ein E."
„Ja, er hat mich vorhin nach meinem Vornamen gefragt: ich heiße Erna."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ich finde ihn nicht so fabelhaft. ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Herbert Lehmann
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1933
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1938
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)