Attentat auf den Rundfunk
„Das ist ja ein Skandal!" schimpft der Vetter Max. „Das
heißt: ich meine jetzt nicht den Lautsprecher, sondern das Be-
nehmen der Leute. Ihr solltet zur Selbsthilfe greifen. In solchem
Fall ist jedes Mittel recht. Macht ihnen die Antenne kaputt!
Wo ist die Antenne?"
Frau Griebel hat keine Ahnung. „Das weiß ich nicht; ich
verstehe gar nichts davon. Aber da — jetzt haben sie abgestellt. —
— Jetzt klappt die Tür-sie gehen die Treppe hinunter. Na,
hoffentlich bleiben sie recht lange fort. Aber vor dem Abend
habe ich schon Angst."
„Keine Sorge — du sollst Ruhe haben!" verheißt der Vetter
Max. Er geht ans Fenster, lehnt sich rücklings hinaus und schaut
empor. „Aha, da haben wir die Antenne! Donner, ist das ein
langer Draht — er muß da hinten an einem der Bäume enden;
zwischen den Zweigen verschwindet er. Du, Emma, ich mache den
Leute» die Antenne kaputt!"
„Aber nein, Max! Albert würde das nie erlauben."
„Amso besser, daß er nicht hier
ist! Er braucht gar nichts davon
zu wissen. Ahnungslos soll er
heute abend Ruhe und Frieden
genießen."
Frau Griebel steht dem Unter-
nehmen nicht ganz ablehnend
gegenüber. „Aber wie willst du
da 'raufkommen, Max?"
„Ist gar nicht nötig. Dies ist
doch das mittelste Fenster, nicht
wahr? And genau darüber ist
ganz oben das Dachfenster. Von
oben werde ich dem verfluchten
Draht zu Leibe gehn; ich werde
dem verdammten Lautsprecher den
Lebensfaden abschneiden. Aber
dazu brauche ich — — na, wir
wollen mal sehn, was wir in der
Küche finden."
Der Vetter Max findet ein
großes zweischneidiges Wiege-
messer; er entdeckt auch ein Fünf-
kilogewicht, und eine Wäscheleine
ist selbstverständlich da. „Paßt al-
leswundervoll! DasWiegemesser
muß beschwert werden, damit es
ordentlichen Schwung kriegt; ich
binde an die eine Seite das Ge-
wicht und an die andre die Leine. So — jetzt kann's losgehn!"
Der Vetter Max geht hinauf und läßt seine Zerstörungs-
maschine aus dem Dachfenster hinunter, bis sie gerade unmittel-
bar über dem Draht bammelt. Dann versetzt er sie in Schwingungen
wie ein Pendel, erst sacht, dann stärker und stärker, und dann, als die
Schwingung den größten Ausschlag erreicht hat — — i>a läßt er die
Leine etwa zwanzig Zentimeter nach, und — — kritsch! da hat das
beschwerte Wiegeinesser den Draht durchschlagen. Der Vetter Max
späht aus. „Ist famos gegangen! Der Draht ist gar nicht mal weit
'runtergesalle»; drüben muß er zwischen den Zweigen hängen."
Frau Griebel und der Vetter Max trennen sich wie zwei Ver-
schworene nach einem geglückten Attentat. Der Vetter Max fährt in
die Stadt zurück, und als er dort aus dem Zuge steigt — da kommt
Albert Griebel an. Das ist kein besonderer Zufall, denn er will ja
jetzt hinausfahren. Doch nun muß er mit dem Vetter Max noch ein
Töpfchen Bier trinken. Es werden aber mehrere Töpfchen, denn der
Vetter Max ist heute so lustig. Albert Griebel sitzt auch gern mal so
behaglich in der Kneipe. Aber dann fällt ihm was ein. „Ich muß
Emma anrufen und ihr sagen, wo ich stecke; sie macht sich sonst Sorge."
Albert Griebel kommt kopfschüttelnd vom Fernsprecher zurück.
„Da muß was nicht in Ordnung sein; ich kann keine Verbindung be-
kommen. Zu dumm, daß Sommerlings bei uns im Lause nicht auch
Fernsprecher haben!"
r rwty-
Der Burgfriede'
„Sie wollen allein auf den Teufelszahn — das ist viel zu
gefährlich!" — „Meine Frau ist natürlich mit dabei."
Er ist unruhig geworden. Nach fünf Minuten hält er es nicht mehr
aus. „Ich werd's noch mal versuchen. And wenn's wieder nichts ist,
rufe ich gleich das Amt an."
Albert Griebel gerät in Bestürzung. „Keine Verbindung! And das
Amt weiß auch nichts. Es wird doch Emma nichts zugestoßen sein?
Vielleicht hat sie grade am Apparat gestanden und eine Ohnmacht
gekriegt. Ich muß sofort hinaus!"-
Am nächsten Vormittag hält es der Vetter Max für angebracht.
Albert Griebel in seinem Büro anzurufen. „Also was war denn gestern?
Es war doch hoffentlich nichts mit Emma?"
„Gott sei Dank—nein! Aber denke dir: unser Telephondraht war
kaputt. Leute früh waren schon die Arbeiter da. Sie behaupten, der
Draht muß zerschnitten worden sein. Eine ganz rätselhafte Sache!"
„Au verflucht!" sagt der Vetter Max und hängt ein.
„Sie sind wohl eine Einheimische?"
„Ausgschlossn — i bin von hier!"
„Das ist ja ein Skandal!" schimpft der Vetter Max. „Das
heißt: ich meine jetzt nicht den Lautsprecher, sondern das Be-
nehmen der Leute. Ihr solltet zur Selbsthilfe greifen. In solchem
Fall ist jedes Mittel recht. Macht ihnen die Antenne kaputt!
Wo ist die Antenne?"
Frau Griebel hat keine Ahnung. „Das weiß ich nicht; ich
verstehe gar nichts davon. Aber da — jetzt haben sie abgestellt. —
— Jetzt klappt die Tür-sie gehen die Treppe hinunter. Na,
hoffentlich bleiben sie recht lange fort. Aber vor dem Abend
habe ich schon Angst."
„Keine Sorge — du sollst Ruhe haben!" verheißt der Vetter
Max. Er geht ans Fenster, lehnt sich rücklings hinaus und schaut
empor. „Aha, da haben wir die Antenne! Donner, ist das ein
langer Draht — er muß da hinten an einem der Bäume enden;
zwischen den Zweigen verschwindet er. Du, Emma, ich mache den
Leute» die Antenne kaputt!"
„Aber nein, Max! Albert würde das nie erlauben."
„Amso besser, daß er nicht hier
ist! Er braucht gar nichts davon
zu wissen. Ahnungslos soll er
heute abend Ruhe und Frieden
genießen."
Frau Griebel steht dem Unter-
nehmen nicht ganz ablehnend
gegenüber. „Aber wie willst du
da 'raufkommen, Max?"
„Ist gar nicht nötig. Dies ist
doch das mittelste Fenster, nicht
wahr? And genau darüber ist
ganz oben das Dachfenster. Von
oben werde ich dem verfluchten
Draht zu Leibe gehn; ich werde
dem verdammten Lautsprecher den
Lebensfaden abschneiden. Aber
dazu brauche ich — — na, wir
wollen mal sehn, was wir in der
Küche finden."
Der Vetter Max findet ein
großes zweischneidiges Wiege-
messer; er entdeckt auch ein Fünf-
kilogewicht, und eine Wäscheleine
ist selbstverständlich da. „Paßt al-
leswundervoll! DasWiegemesser
muß beschwert werden, damit es
ordentlichen Schwung kriegt; ich
binde an die eine Seite das Ge-
wicht und an die andre die Leine. So — jetzt kann's losgehn!"
Der Vetter Max geht hinauf und läßt seine Zerstörungs-
maschine aus dem Dachfenster hinunter, bis sie gerade unmittel-
bar über dem Draht bammelt. Dann versetzt er sie in Schwingungen
wie ein Pendel, erst sacht, dann stärker und stärker, und dann, als die
Schwingung den größten Ausschlag erreicht hat — — i>a läßt er die
Leine etwa zwanzig Zentimeter nach, und — — kritsch! da hat das
beschwerte Wiegeinesser den Draht durchschlagen. Der Vetter Max
späht aus. „Ist famos gegangen! Der Draht ist gar nicht mal weit
'runtergesalle»; drüben muß er zwischen den Zweigen hängen."
Frau Griebel und der Vetter Max trennen sich wie zwei Ver-
schworene nach einem geglückten Attentat. Der Vetter Max fährt in
die Stadt zurück, und als er dort aus dem Zuge steigt — da kommt
Albert Griebel an. Das ist kein besonderer Zufall, denn er will ja
jetzt hinausfahren. Doch nun muß er mit dem Vetter Max noch ein
Töpfchen Bier trinken. Es werden aber mehrere Töpfchen, denn der
Vetter Max ist heute so lustig. Albert Griebel sitzt auch gern mal so
behaglich in der Kneipe. Aber dann fällt ihm was ein. „Ich muß
Emma anrufen und ihr sagen, wo ich stecke; sie macht sich sonst Sorge."
Albert Griebel kommt kopfschüttelnd vom Fernsprecher zurück.
„Da muß was nicht in Ordnung sein; ich kann keine Verbindung be-
kommen. Zu dumm, daß Sommerlings bei uns im Lause nicht auch
Fernsprecher haben!"
r rwty-
Der Burgfriede'
„Sie wollen allein auf den Teufelszahn — das ist viel zu
gefährlich!" — „Meine Frau ist natürlich mit dabei."
Er ist unruhig geworden. Nach fünf Minuten hält er es nicht mehr
aus. „Ich werd's noch mal versuchen. And wenn's wieder nichts ist,
rufe ich gleich das Amt an."
Albert Griebel gerät in Bestürzung. „Keine Verbindung! And das
Amt weiß auch nichts. Es wird doch Emma nichts zugestoßen sein?
Vielleicht hat sie grade am Apparat gestanden und eine Ohnmacht
gekriegt. Ich muß sofort hinaus!"-
Am nächsten Vormittag hält es der Vetter Max für angebracht.
Albert Griebel in seinem Büro anzurufen. „Also was war denn gestern?
Es war doch hoffentlich nichts mit Emma?"
„Gott sei Dank—nein! Aber denke dir: unser Telephondraht war
kaputt. Leute früh waren schon die Arbeiter da. Sie behaupten, der
Draht muß zerschnitten worden sein. Eine ganz rätselhafte Sache!"
„Au verflucht!" sagt der Vetter Max und hängt ein.
„Sie sind wohl eine Einheimische?"
„Ausgschlossn — i bin von hier!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Burgfriede" "Teufelszahn" "Einheimische"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 183.1935, Nr. 4686, S. 323
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg