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Frau ohne Herz

Von Ralph Urban

Die Familien waren seit langem befreundet, und Lans und Ilse
hatten als Kinder zusammen gespielt. Die damals gefaßte kamerad-
schaftliche Zuneigung hielt viele Jahre, bis eines Tages der zum
jungen Mann herangewachsene Lans mitten im Lerumtollen die
Ilse aus den Mund küßte. Die stieß ihn brüsk zurück und schrie:
„Du bist wohl verrückt, du Affe!" Ilse war nämlich damals schwär-
merisch und bis über die Ohren in ihren ahnungslosen Zeichenlehrer
verliebt. Damit endete also einseitig eine erste Liebe, und Lans zählte
vorübergehend zu den Frauenverächtern. Dies änderte sich, als er
später Soldat wurde und in fernen Städtchen mit anderen Mädchen
in Berührung kam. So verging die Zeit, bis die Stunde des großen
Schicksals schlug, und die deutsche Wehrmacht zum Schutz der Leimat
antrat.

Ganz unvermutet erhielt Lans einmal ein Feldpostpäckchen von
Ilse. Er schrieb ihr warmen Lerzens Dank, sie schrieb ihm wieder,
womit der Ton alter Kameradschaft neuerdings gefunden war. Doch
sie konnten zusammen nicht kommen — Lans kam auf Urlaub, da
war Ilse im Arbeitsdienst, Lans kam auf Urlaub, Ilse war auf
Erntehilfe. Beim drittenmal sah er sie doch wieder. Sie standen ein-
ander gegenüber und wunderten
sich.

„Rein, wie klein und unan-
sehnlich du geworden bist!" rief
sie lachend.

„And du erst, so alt und häß-
lich —" And dann gingen sie zu-
sammen durch die Stadt, und die
Leute sahen sich um nach dem
schönen Paar.

Ein paar Tage hindurch
machten sie nachmittags Spazier-
gänge, die ganz von selbst länger
und länger wurden und in immer
entlegenere Gegenden führten.

So saßen sie einmal auf einer
jener einsamen Bänke. Stiller
und stiller wurden sie, bis sie
ganz schwiegen, und Ilse dachte:

Warum küßt er mich eigentlich
nicht? Sie schielte zur Seite, sah
sein gutgeformtes Profil, und
es schien ihr, als wäre ein spöt-
tisches Lächeln um den etwas
harten Mund. Da bäumte es
sich in ihr auf.

„Kennst du Otto Meßmann?

Er will mich heiraten."

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„Was?" fuhr Lans auf. „Dieser Idiot?"

„Gar kein Idiot," rief Ilse und wurde brennend rot. „Er ist ein
anständiger Mensch und hat Charakter. Er hat mir geschrieben und
wartet auf Antwort. Wahrscheinlich werde ich — ich —"

„Ach so, dann entschuldige," sagte Lans und stand langsam auf.
„In diesem Fall ist es wohl besser, wenn man uns nicht mehr zu-
sammen sieht —" And mit großen, festen Schritten ging er allein
zurück. „Die Frau hat kein Lerz," murmelte er einmal vor sich hin,
„aber vielleicht hatte sie damals schon recht gehabt mit dem verrückten
Affen -"

Es kam der letzte Tag. Lans mußte nochmals zu Ilse, um von
ihren Eltern sich zu verabschieden. Ilse öffnete ihm, die Eltern
waren gerade nicht da. Er möge aber doch noch ein wenig Platz
nehmen. Wann er wiederkäme? Das könne er natürlich nicht wissen —
und so in Redensarten sprachen sie aneinander vorbei, auch sahen
sie aneinander vorbei.

„Jetzt muß ich wohl gehen."

„Schon? Ja — dann komme gut wieder, Lans — wie? Wolltest
du etwas sagen?"

„Ich? Rein! Alles Gute,
Ilse —" And mit schweren
Schritten ging er zur Tür.
Ilse stand regungslos, bis
draußen die Tür ins Schloß fiel.
Dann warf sie sich über den
Tisch und schluchzte, daß es sie
nur so schüttelte —

Dann fühlte sie eine Land
auf ihrer Schulter und fuhr
mit einem Schrei herum. Er
war noch einmal zurückge-
kehrt —

„Lans!" rief sie und warf
die Arme um seinen Lals. „Mein
lieber Lans —"

And der Lans,der jetzt wußte,
daß sie doch ein Lerz hatte, der
wußte auch, daß er sein Leben
lang nicht mehr von ihr lassen
würde. Aber während er mit
der linken Land ihr Laar strei-
chelte, griff er mit der rechten
heimlich wie ein Dieb nach dem
Teetischchen. Er war nämlich
nochmals zurückgekehrt, weil er
dort seine Landschuhe vergeffen
hatte.


„Immer host an Rucksack bei dir, Raver, und nie host was drin!"
„Dös is scho wahr, aber er hält halt so schön warm weg'n mein
Reusmatisl"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Immer host an Rucksack bei dir, Xaver..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5034, S. 50
 
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