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Eine tragische Geschichte.

der Letztere, dichte Rauchwolken vor sich hinblasend, daraus
vernehmen. „Ich ärgere mich allemal, wenn ich dran denke,
werd's auch mein Lebtag nich vergcffen können." „Nu, Du
machst mich ja ordentlich ncigicrig," entgegnetc Jener. „Hast
doch nich etwa 'n Mallehr gehabt?" „Na, wenn ich's ooch
nich grade e Mallehr nennen will, da is es doch enc Schmaach
un Schande vor das jetzige Zeitalter, wenn einem rechtlichen
Bärgerschmann so was widerfährt; hier auf'n Keller konnte
mir das nich passircn." „Aha, werscht Dich gewiß wieder mit
Deinen Aktien verspekelirt haben!" „I bewahre, wenn's das
wäre, da thät ich mich eher drüber naussctzen. Na, ich muß
Dir'sch nur ganz cnfach erzählen, wie's war." „Da bin ich
doch gespannt," brummte der Seifensieder in den Bart. „Siehste,"
begann der Bäckermeister, indem er an den Tisch rückte und
beide Arme unterlegte. „Gestern mach' ich meiner Gustcl den
Vorschlag, weil's Wetter gar so schecnc war, mit der Familie
cmal nach Neckwitz 'nauszufahren. 'S war das erschte Mal
in dem Jahre. Unscreener kommt ja so 's ganze Jahr nur
selten emal aus seinen vier Pfählen und hintern Backtrog weg.
Und wie gedacht, so gcthan. Eh' ich mir'sch versah, hatten
sich meine Mädel schon in vollen Glanz geworfen, meine Gustcl
hatte nur noch dies und das an ihr'n Schtaate auszusetzcn,
— na Weiber sind nu emal so — aber siehste bis Schlagg
Eens hatt'n mer uns doch Alle fir und fertig gemacht und
drei Vcrtcl uf Zwee stieg'n mer schon vor der „Sunne" in
Neckwitz aus. Na da bin ich schecnc crschtaunt, denn da war
wenigst'ns de halbe Schtadt draußen und eene Hutwullee war
da, davon kannste Dir keenen Begriff nich machen. Na, denke
ich so bei mir, da werd's hapern mit'n Blätzen. Zum Un-
glück mußte nu ooch grade noch 's Fahgot'schc Musikchor draußen
spielen, so daß die besten Blätzc schon besessen waren, eh' mer
'nauskamen. Draußen im Freien wollt' mer doch nich grade
sitzen, dazu is die jätz'ge Temp'ratur noch nich paffend, denn
da kann mer sich eenen Schnuppen holen, daß mer vier Wo-
chen lang zu laberiren hat, und da ich nu doch ccmal vor de
ganze Familje Anklrce gäben mußte, so wollte ich ooch so gut
wie andre Leite davor im Saale sitzen. Und nu dänkc Dir,
wie mir'sch da ging, Gevatter. Ich komme also mit meiner
Gustel zucrscht in den Saal, die Mädels hinterdrein, und sehe
mich gleich an der Thiere um, ob nich vielleicht noch e Tisch
leer geblieben is, zu vier Schtiehlcn werd dann schon Rath
würden, dachte ich noch bei mir. Ja da is aber ooch nich
'ne Idee von Tisch zu erblicken, nischt als Koppe un Hite,
daß kcen Appel hätte kennen zur Erde fallen. 'S werd uns
wohl nischt ibrig bleib'n, sage ich noch zu meiner Gustcl, als
daß mer uns zu andern Leiten setzen, und da's ihr grade recht
war, so drängt' ich mich nu mit den Meinigen durch die
Menschenmenge bis an's Ende vom ganzen Saale durch, bis
ich endlich och merklich noch glicklicherweise enen Tisch erblicke,
wo blos zwee Leitchen dran sitzen, wie's schien, waren's c Baar
rechte solide Leitchen, denn se rickten gleich zu, wie mer frag-
ten, ob die Schtiehle besessen wären. Und nu denke Dir, jetzt
sehe ich ooch glicklicherweise gleich 'n Kellner in meiner Nähe,
den ich mei Lebtag nich vergessen werde und den ich gleich

festhalte, um unsre Getränke zu bestellen. Nu war'sch freilich
e Fehler von mir, daß ich meine Leite nich erscht schon gefragt
hatte, was se trinken wollten, und siehste, wie ich mich um-
drehe und meine Gustel eben darnach fragen will, is der Kerl
ooch schon über alle Berge wieder. Wie ich mich nu so e
Weilchen umsehe, ob nich 'n andrer Kellner in der Nähe is
— Du mußt nur verstch'n, 's war ganz am Saalende, wo
mir saßen und wo das Gedränge gar nich so arg war —
da kommt uf eemal derselbe Kellner wieder und bringt een
ganzes Bret voller Töppchen Bier. Härnsemal, Kellner, ruff

ich nu gleich — ich wußte nämlich nu, was ich bestelle»
wollte — da giebt mir der Bursche malicices zur Antwort:
„„Se säh'n ja, daß ich jätzt nich kann!"" und leift richtig
wieder vorbei. Meine Mädel wurden schon ungeduldig und
fragten mich eemal um's andre, ob ich denn noch nischt be-
stellt hätte, und hätte meine Gustcl nich vorher auf die Musik
gehorcht, da wär se eben ooch so ungeduldig geworden, und
siehste, eben wie se nu wieder anfingen zu schpielcn, da steht
derselbe Kellner grade an den dritten Tische von uns aus,
mit'n Ricken nach uns gekehrt, und e Baar junge Leite be-
stell'» was bei'm. Da drähe ich mich aber ooch gleich um
und ruffe nur so halblaut: Kellner, Kellner! und das viel-
leicht so e Maler viere hinter '»ander — denn er rcddc immer
noch mit den Leiten und sollte mir doch nich engeh'n. Nu
denke Dir aber, während ich das immer noch thuc, leift mei
Kellner eben ganz schnell zum Saal 'naus, ohne sich umzu-
seh'n, und untern Publikum enstcht uf eemal e Gcbische und
Gezische — ich hatte nämlich zuletzt nur c Biss'l lauter ge-
ruffen — und c blutjunger Lasse dreht sich sogar zu mir um
und ruft mir ooch noch zu: Ich sollte doch lieber 'nausgch'n,
wenn ich stören wollte. 'S war mir nur um die Meinigen,
den hätt'ch sonst wollen 'nausgch'n Heeßen, so aber mußt' ich
den Aerger 'nunterschlucken und schwieg darum. Du kannst Dir
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine tragische Geschichte"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Bestellung
Gaststätte <Motiv>
Gast <Motiv>
Bier
Frustration
Karikatur
Kellner
Hektik
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 29.1858, Nr. 685, S. 50
 
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