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27

Farbige Stereos

„Ach, wie plump, wie gemein ist mein Fuhrwerk gegen
>^ues dort!" mußte sich Emma gestehen. „Welch ein SSer^
3nuae« muß es sein, in einem solchen Fiaker zu fahren,
"nen solchen Jahr aus Jahr ein den ganzen Tag über zu
Gebote zu haben! —"

Mit diesen, in ihrer Fahr-Idiosynkrasie begründeten
^danken wendete sich Emma melancholisch nach Hause um.

Als sie an Ort und Stelle gekommen war, bemerkte
|le erst, daß ihr jener Fiaker gefolgt war.

Nachdem sie in das Thor des Schinkler'schen Hauses
^"gelenkt hatte, sah sie, wie jener Fiaker umkehrte und
wieder der Stadt zueilte.

Lange starrte Emma ihm nach, dann verschwand das
',^teirerwagerl" mit ihr im Thore.

Diese Nacht träumte Emma viel von einem blaß-
ilrünen Frosche, an dessen Seite sie in einem Wiener Fiaker

einem Wettende zum andern fuhr.

4.

Im Fiaker.

Am folgenden Tage zur Zeit der anbrechenden Däm-
,Uetung saß Emma hinter ihrem Ladentische und war in
Gedanken verloren.

Plötzlich fuhr sie aus ihrer Träumerei auf.

Durch die stiller gewordene Straße schallte das Rollen
"nes Wagens an ihr Ohr.

Das war nicht das Gerassel der sonst in dieser Gegend
jU'strcnden Fuhrwerke, das war nicht daö nervenzerreißende
'epvlter eines Fleischerwagens, nicht das melancholische Ge-
^pper und Gequicke eines Omnibus, nicht das taktlose
Nattern und Aechzen eines Comfortable, das war ein
Nöllen wie auf Teppichen, ein Rollen mit Rhythmus und
! eleganter Leichtigkeit.

„Ein Fiaker oder eine vornehme Equipage!" sagte
-wma zu sich selbst, wobei sie sich von ihrem Sitze erhob.

Das Rollen kam näher.

. Nun vernahm Emma ein gewisses, leises Klingen in
! Rollen, das von irgend welchen Metalltheilen an dem
Nrankornmenden Wagen herrühren mochte.

„Das kenne ich!" fuhr das Mädchen in ihren Selbst-
^werkungen fort. „Das ist der Fiaker von gestern!"

~ Ehe noch Emma Zeit hatte, neugierig bis an die
^re zu treten, hielt der Wagen vor dem Laden.

Ihr Ohr hatte Emma nicht getäuscht. Der Fiaker von
Eltern stand da.

Ans seiner Wagenthüre sprang derselbe blaße Herr, der
% gestern im Prater sein Lächeln zukommen ließ.

. E m ma fühlte sich beim Anblicke dieses Menschen un-
willkürlich befangen und beklommen.

Als endlich der elegante Fremde direkt zu ihr in den
en Eat, da war es Emma, sie wußte nicht recht warum,
j^51“6tt sie sich an den Ladentisch halten, um nicht zu

kopen auö Wien.

„Guten Abend, Fräulein!" sprach sie der junge Mann
mit einer gewissen noblen Sicherheit oder eigentlich Dreistig-
keit an.

Kaum verständlich erwiederte Emma den Gruß.

„Sie sind allein, schönes Kind?" fuhr der Gask fort,
nachdem er sich im Laden umgesehen hatte. „Das ist mir
lieb. Ich wünsche mit Ihnen zu sprechen. Sie sind doch
geneigt, mir Gehör zu schenken?" —

Dabei setzte er sich neben sie auf einen Stuhl, faßte
ihre Hand und sah ihr mit durchdringendem Blicke in's
Gesicht.

„Was steht zu Diensten, mein Herr?" erwiderte
Emma leise und machte einen halben Versuch, ihre Hand
aus der des jungen Mannes zu lösen.

Als dieser ihre Hand nur noch fester drückte und
Emma keine weitere Bewegung machte, sich ihm zu ent-
ziehen, schlang der Gast seine andere Hand um ihre schlanke
Taille und sagte: „Sie sind, wie ich mir Sie gedacht habe!
Sie zieren sich nicht, sie haben Verstand in dem Köpfchen!
Ich hoffe, daß wir uns einigen."

Emma konnte sich nicht enthalten, ihn fragend an-
zuschen.

„Dieses naive Gesicht macht sich köstlich!" rief der
junge Mann. „Aber kommen wir zur Sache. Ich suche
eine — Freundin, eine hübsche, junge, lebhafte Person, die
mir gut sein will und mir ein paar Abendstunden vertreiben
hilft. So lange wir uns zu Gesichte sind, wollen wir zu
einander halten, wird einem oder dem andern beider Theile
das Verhältniß unangenehm, so sagt man es, und man
trennt sich mit Ruhe und Anstand. — Dafür erhält diese
Freundin, die ich suche, eine prachtvoll meublirte Wohnung
von 4 — 6 Zimmern, eine glänzende Garderobe, den ganzen
freien Haushalt, eine Loge in irgend einem Theater, im
Sommer eine kleine Villa, und steht ihr ein Fiaker zu jeder
Zeit zu Gebote. •— Wollen Sie meine Freundin sein?"

Diese letzte Frage kam auf die frühere, bündige
Auseinandersetzung so schnell, daß Emma in ein Lachen
ausbrach.

„Sie lachen," sagte der junge Herr, „dann ist die
Sache in Ordnung."

Er stand hierauf rasch von seinem Sitze auf, wie ein
Kaufmann, der ein Geschäft abgeschlossen und nun an andere
Dinge zu denken hat.

„Morgen Früh sieben Uhr wird mein Fiaker Sie hier
abholen, schönes Kind, und Sie in Ihre neue Wohnung
führen," sagte er leicht hin und schickte sich zum Gehen an.
„A propos, wie heißen Sie?" fragte er innehaltend.

„Emma," entgegnete diese leise, welche im Traume
zu sein glaubte.

„Ah! Emma!" sagte der junge Herr. „Und damit
Sic doch wissen, wie ich heiße, nehmen Sie hier meine
Karte. Also aus Morgen!" —

Mit diesen Worten verließ er den Laden, worauf er
in den Fiaker stieg, der mit ihm fortfuhr.

4*
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