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4. Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- Erscheinen wöchentlich ein Mal. Snbscripkio>>s- vr rv «>.

Handlungen, sowie von allen Postämtern sM s2U^2.p^is für den Band von 24 Nummern 3 fl. 54 kr.
unb Zeit nngsexpeditio neu angenommen. od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od.LVsSgr.

Das untcrirdischc London oder die Leichenräuber.

(Schluß.)

Eben brachte man den durch gräßliche Wunden entstellten
Leichnaur nach dem Obdurtionshause, als sich ein Mann durch
die Masse Bahn brach — links und rechts Püffe und Stöße
austheilend. Man machte der kleinen, untersetzten Gestalt mit
dem dicken, freundlichen Gesicht, das ein brauner, einfacher Filz-
hut beschattete, ehrerbietig Platz, so daß der Mann in kurzer
Frist die Träger erreicht hatte. Hastig riß er die Decke von
dem Leichnam und sagte dann, raschen Blickes die Situation
überschauend: „Der ist umgebracht!" worauf er den Trägern
ünen Wink gab, ihm mit der Bahre zu folgen.

Die Menge brach in ein jubelndes „Es lebe Cromwell!"
aus: — der kleine, unscheinbare Mann war der wiirdige Dic-
tator!"

8.^Jn den Krallen der Tiger.

Ralf, der inzwischen in einen Quergang der Katakomben
eingcbogcn war, hörte seine Verfolger dicht hinter sich — ihm
entgegen wälzte sich ein mächtiger Schwarm Platten — neben
ihm brodelte der mephytische Strom: alles von undurchdring-
licher Finsterniß umhüllt. Der Maler riß einen Revolver her-
vor — er war von der ungesunden Pcstlnft zerfressen — die
Stücke fielen wie Zunder zu Boden: Fackeln leuchteten um die
nächste Ecke — das Geheul seiner Verfolger zeigte, daß man
ihn erblickt — die Ratten benagten bereits seine Brust: da!
— ein betäubendes Brausen — ein Verzweiflungsschrci der Leichen-
räuber: „die Fluth — die Fluth!" — ein Wehe-Pfiff der
Ratten — die Themse übcrströmte in mächtigen Wogen alles
Lebende: Ralf konnte schwimmen, er war gerettet!

9. Ein blutiges Opfer.

In den weiten Hallen des Towers, der Residenz Crom-

wells, herrschte heut' eine ungewöhnliche Aufregung; Adjutanten
und Geschäftsträger eilten hin und her: Großes mußte im Werke
sein. Die Seele aber dieser ganzen Bewegung — der Dictator
— saß in seinem nur durch eine Ampel matt erleuchteten Ge-
mach, allein und nachdenklich eine vor ihm liegende Depesche
anstarrend.

„So ungern ich daran gehe: cs muß sein! Gerade jetzt
wäre mir eine Fehde mit Frankreich das Unerwünschteste — und
ich glaube, er würde Wort halten, wenn ich ihm nicht durch
Wiedcrherbeischaffung der holländischen Schönen und durch Auf-
hebung der ihm verhaßten Leichenräuber das Schwert aus der
Hand nehme!"

Cromwell sann noch einen Augenblick nach, dann läutete er
—• cs erschien ein junger General.

„Die Leichenräuber haben von morgen an aufgehört zu
sein!" — sagte entschieden der Dictator.

„Der Adjutant konnte nur mit Mühe seine Bleichheit ver-
bergen — auch er gehörte jenem gräßlichen Vereine an.

In diesem Augenblick trat ans einem Wandschrank, dessen
Thür sich geräuschlos geöffnet hatte, eine hohe Gestalt in schwarzem
Sammetkleide, aber tief verschleiert. Sie winkte gebieterisch dem
General zu, welcher sogleich mit dem kamn vernehmlichen Seufzer:
Jsabclla! das Gemach verließ.

Es war wirklich die Spanierin, die bereits von dem so
eben gefaßten Entschluß Cromwells, den Leichenräubern ein Ende
zu machen, vernommen hatte und hierher geeilt war, um diesen
eisernen Mann durch ihre Schönheit außer Fassung zu bringen
und vielleicht an ihm ein neues, einflußreiches Mitglied zu ge-
winnen: — aber ihr Beginnen scheiterte an der sittlichen Eises-
kältc des alten Diplomaten.

Als sie zuerst den Schleier zurückschlug, konnte allerdings

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