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23. Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- Wro> . Erscheinen wöchentlich ein Mal. -

Handlungen, sowie von allen Postämtern 1= liC C 1. preis fürbenSanb con26Kümmern3 fl 341XLIX- Sb.
«nb Zeitungserpe^Uoneu angenommen.__ ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr 'ob. 2'/ Sgr

Meine Kundschaft.

Ich bin Barbier. Und weßhalb schreibe ich? Weil mich
die Welt stets gekränkt hat, weil aber jetzt mein bisher end-
loses Pech endlich sein Ende gefunden, indem mich das ge-
rechte Schicksal mit einem Viertel des großen Looses bedacht,
und ich deßhalb im Stande bin, mich zu rächen an der
schnöden undankbaren Welt. Ich will's ordentlich thun! Wenn
meine Feder nur den zehnten Theil von so dauerhafter Ar-
beit ist, wie meine Lunge, dann kann ich Rache schlürfen bis
! auf den letzten Tropfen; Rache an der ganzen Welt! Aber
! — nicht zu schnell, liebe Feder! Erst einseifen und dann
ra streu!

Ich sprach so eben von meiner Lunge. Sie ist gut,
dauerhaft, volltönend. Und weßhalb? Weil mich bei all'
meinen Kunden das unerhörte Pech verfolgt hat, daß sie
ganz, dreiviertel oder wenigstens halb taub sind. Beim Ra-
siren muß man doch sprechen! Glaubst Du, lieber Leser, daß
mich Einer verstanden, Einer mir geantwortet hat? Fast nie
oder verkehrt! Ich mußte brüllen wie ein Löwe, ja, ein
junger Mann setzte noch einen Trumpf auf diese meine Qual.
Ich erzähle ihm gutmüthig nach dem Rasiren, daß keiner
meiner Kunden hören kann. Er lachte laut auf und er-
widerte, wie soll wohl ein Mensch auf Ihre Fragen ant-
worten , wie darf er mucksen, wenn Ihr Messer an seiner
Kehle sitzt! Solch' unsinnige Antwort! Doch als halber
Doktor steckte ich sie ein; ich wußte ja, daß kein Verrückter
sich für verrückt hält und kein Tauber für taub! Hab' ich
doch einmal zu einem Stocktauben gesagt: „Ich bedaure von
Herzen, daß Ihr Bruder gestorben!" Was antwortet er?
„Zwei Silbergroschen!" Und als ich entsetzt zurückpralle,
sagt er mit liebenswürdigem Lächeln: „Ja, ja, Sie wundern
sich, daß ich so gut höre; das ist aber immer so bei diesem
Wetter; bei dem Wetter höre ich ganz fein!" Ich nickte ein

riesiges Ja, das heißt mit dem Kopf wie ein Thurmuhr-
pendel ; entzückt sah er mich an, er hatte auch dieses — nach
seiner Ansicht gehört! Drum jedem Narren seine Kappe; die
Jahre haben mir Geduld gegeben, mich gar nicht mehr zu
wundern, wenn grade ich alle tauben Kunden bekommen habe.

Das ist so zu sagen die Perspective über mein Pech,
das Allgemeine. Preise Dich glücklich, geliebter Leser, daß
Du nur meine Buchstaben siehst, und mich nicht erzählen
hörst; denn falls Du nicht auch einer von den Tauben bist,
Dein Trommelfell würde bald zu klirren anfangen, von dem
mächtigen Strom meiner Rede.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Meine Kundschaft"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Schrei
Hals
Klinge
Antwort
Barbier <Motiv>
Gehörlosigkeit
Hörfähigkeit
Frage
Klage
Karikatur
Vermutung
Kunde
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 49.1868, Nr. 1221, S. 177
 
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