Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
, Bestellungen werden in allen Buch-und Kunst- -^-ro H m Erscheinen wöchentl. ein Mal. Subscriptions- ^^ -g.

'' ha n d lun ge n, sowie von allen P ostä mtern und —' M preis für den Band von 20 Nuinm. 3 fl. 54 kr.

Zeitungsexpeditionen angenommen. od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2l/2 Sgr.

Unter dem Regenschirm.

Von Ewald August König.
(Schluß.)

„Du kennst das nicht," sagte er unwillig, „Du bist so j
selten in Damcngesellschaft gewesen, daß Du unmöglich wissen j
kannst, wie man sich einer schönen, jungen und fein erzogenen j
Dame gegenüber verhalten muß."

„Hast Du diese Wissenschaft so gründlich studirt?" fragte
Theodor scherzend.

„Wenn ich. stets so schüchtern und absprechend gewesen
wäre, wie Du es bist, würde ich niemals das Glück der Ehe
genossen haben. Du kennst dieses Glück nicht, also kannst Du
auch nicht darüber urtheilen! Den Damen muß man entgegcn-
kommcn, sie erwarten das, und Fräulein Rautenstrauch ist eine
so liebenswürdige Dame, daß Dir dieses Entgegenkommen durch-
aus nicht schwer fallen kann."

Theodor schwieg; er dachte mit banger Sorge daran, ob es
ihm gelingen werde, seinen Vater zu überlisten. Er hatte Agathe
benachrichtigt, daß die Familie Rautenstrauch den Ausflug nach
Grünenberg beabsichtige, ihr auch das Projcct seines Vaters
mitgetheilt unv sie gebeten, sich ebenfalls in Grünenberg einzu-
finden, da er hoffe, sie bei dieser Gelegenheit mit seinem Vater
bekannt machen zu können. Er hatte auf diesen Brief keine
Antwort erhalten und war also in Ungewißheit darüber, ob Agathe
kommen würde. Und wenn sic kam, >vcnn es ihm wirklich ge-
lang, sic mit seinem Vater bekannt zu machen, welchen Erfolg
durfte er sich versprechen?

Der Wagen hielt vor dem Wirthshause in Grünenberg;
die beiden Herren stiegen aus und gingen in den Garten, in
welchem fast alle Tische und Lauben schon besetzt waren.

Der Calculator suchte die Familie Rautcnstrauch, er fand
sie nicht; verstimmt nahm er endlich in einer Laube Platz, in
der noch kein anderer Gast saß.

„Wenn sic nicht hier sind, so werde ich mich bitter darüber
beschweren," sagte er ärgerlich, nachdem er einen Kellner beauf-
tragt hatte, zwei Tassen Kaffee zu bringen.

„Bei wem?" fragte Theodor ironisch.

„Bei Rantenstrauch —"

„So sei doch vernünftig, Papa! Hast Du mit ihm ein
Zusammentreffen an diesem Orte verabredet?"

„Nein, nein, aber ich werde ihm sagen, weil ich gewußt
habe, daß er diesen Ausflug beabsichtige, sei ich auch ge-
kommen — "

„Und wenn er nach dem Zweck —"

„Was Zweck! Er muß sich geehrt fühlen, daß ich ihm
diese Aufmerksamkeit erzeige," polterte der alte Herr. „Wenn
er ausposaunt, daß er an einem bestimmten Tage einen Ausflug
machen Ivill, so muß er auch Wort halten."

Die Ankunft des Kellners unterbrach das Gespräch; der
alte Herr schlürfte seinen Kaffee mit wachsendem Mißbehagen.

„Ich glaube, Du bist zu rasch durch den Garten gegangen,"
nahm Theodor wieder das Wort, „warte Du hier, damit unsre
Plätze besetzt bleiben, ich werde einmal Nachsehen, ob die Familie
hier ist oder nicht. Vielleicht auch kommen sie erst später."

„Das ist nicht anzunehmen," brummte .der Calculator
„aber wenn Du nocheimnal die Runde machen willst, habe ich
nichts dagegen."

Theodor verließ die Laube; der alte Herr zündete eine
Cigarre an und blickte, in Nachdenken versunken, theilnahmslos
auf die Menschen, die an der Laube vorbeischritten. Er
dachte zurück an die Zeit, in der er das Mädchen fand, welches
das Schicksal ihm zur Lebensgefährtin bestimmt hatte. Wie weit
lag jene Zeit hinter ihm, und doch erinnerte er sich ihrer noch

5
Bildbeschreibung
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen