Fliegende Blätter (62.1875 (Nr. 1537-1562))

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directem Bezüge. Einzelne Nummern 30 Pfennige.

Mesalliance.

Die letzten Blätter aus dem

Nahe dem sichern Tode, drängt cs mich, der Nachwelt
Wein unerhörtes Schicksal zu überliefern. Als gebildeter und
tQftüoIIer Maikäfer werde ich mich wohl vor der Geschmacklosigkeit
hüten, dem geneigten Leser, wie es oft in menschlichen Memoiren
geschieht, höchst interessante Details aus der Windclpcriode zu
Mieten. Ich will von dem dämmcrhaftcn Zustand schweigen, da
'ch als niedriger Engerling an der Scholle klebend meiner lichten
^kistcnz cntgcgenharrte und lieber bei dem Moment beginnen, wo
"ür Raum für den freien Schlag meiner Flügeldecken vergönnt >var.

Auf einer mächtigen Linde, deren Wipfel sich stolz über
Hst umgebenden Bäume erhob, fand ich mich, in einen Blüthcn-
hioan träumerisch hingegossen, zuerst als denkender und fühlender
Maikäfer. Der mit unsern Nationaleigcnthümlichkcitcn vertraute
-eser wird schon aus der Schilderung meines Aufenthaltes
Oitnehmcn, daß ich von hoher Abkunft war, den» die Linde ist
Hst Residenz des Hofes und der Großen unseres Käferstammes,
während der Mittelstand die niederen Bäume, und das Proletariat
8ar die Gebüsche bewohnt. Bon den Nicdriggeborencn, ivelchc
1U|r eine» gemeinen schwarzen Halskragen aufweisen können,
unterschied mich mein glänzender rothbrauncr Halsschmuck ein
^delsdiplom, das uns Maikäfern die gütige Natur schon in der
Miege als unleugbares Dokument edler Abkunft auf den Lebens-
weg mitgicbt. Ja Gottlob! — ich war ein Maikäfer vom
^aunrothestcn Vollblut, nährte mich nur von den zartesten
^bitzen der duftigsten Blüthen, trank nichts als den frischeste»
^eilchenthau und erfreute mich harmlos meiner hervorragenden
^listenz. So war ich nun fünf Tage alt und ein hübscher
stattlicher Maikäfcrling geworden von so eleganten einnehmenden
sanieren, wie sic je unter der Linde zur Schau getragen wurden.

ich mich damit begnügt — wie viel bitteres Weh'
Ware mir erspart geblieben! Wir armen Maikäfer sind leider
Schwärmer von Geburt an und müssen diese unsere Erbsünde
"st schmerzlich büß«

Tagebuche eines Maikäfers.

Die glänzenden summenden Asscmblccn am Lindcnhof be-
gannen mich zu langweilen; ich suchte einsame Spazierflüge auf
und eines Abends, als ich eben melancholisch unter den Pyramiden-
Häusern eines Kastanienbauines umherschwirrte, ward mir ein
Anblick — — —

UC».

Doch che ich zu der Erzählung der verhängnißvollcn
Begegnung übergehe, will ich Dir eine überraschende Thatsache
enthüllen, lieber menschlicher Leser, welche noch kein Naturforscher
' ergründet hat. Höre und staune! Auch wir Maikäfer haben

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