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Zeit nngsexpeditio neu angenommen.

Erscheinen wöchentlich einmal. Preis des Bandes

(26Nummern) excl. Porto 6 Mark 70Pfg., bei LXVII.ßlt.

directem Bezug. Einzelne Nummer 30 Pfennige.

Feuerproben der Liebe.

(Schluß.)

Ein boshafter Blick flog da aus den Augen Victoria's
nach dein Vetter hinüber. Dieser aber nickte blos vcrständnißinnig.

„Du gibst vor, mich unbändig zu lieben," fuhr das große
Mädchen so kalt und ruhig fort, als lese es einem Kinde aus
der Bibel vor, „willst Du mir Proben dieser Liebe ablegen,
fühlst Du Dich stark genug dazu?"

„Verlange was Du willst, Victoria!" betheuerte anf-
athm'end Eduard Taubenherz, „sobald cs im Bereiche des Mög-
lichen liegen sollte, wirst Du mich zu Allem bereit finden."

„Ja—?!" lächelte etwas boshaft das Riesenmädchen,
„na, gut, so höre mich an! Drei Wünsche sollst Du mir er-
füllen ohne eine Widerrede, ohne Zögern, — je einen an einem
Tage. Nach der Erfüllung des dritten heirathe ich Dich, meinet-
wegen sogar noch vor Ostern!"

„O, >vie gut Du bist!" stammelte Eduard und wollte
ihre Hand au seine Lippen ziehen, da fiel sein Blick auf den
Alten und der machte just ein so desperates Gesicht, daß dem
armen Verliebten mit einem Male ganz sonderbar zu Muthe
ward. Dennoch faßte er sich ein Herz und sprach: „Nun,
geliebte Victoria, befiehl! Was soll ich vorerst?"

Und das Mädchen zog ein Kästchen aus der Tischlade
hervor, öffnete dasselbe und entnahm ihm eine kleine Schieß-
lvaffc, die sic Eduard entgegen hielt, der jetzt erschrocken einen
Sprung nach rückwärts that. „Um Gotteswillen, — was soll
ich denn mit dem?" rief er ganz entsetzt.

„Unsere alte Ladh erschießen, die blind, taub und schäbig
ist und die auf diese Art aus der Welt geschafft werden muß,
weil sie uns nur mehr zur Qual ist. Also zeige, daß Du ein
Mann bist — wenn auch nur einer vierbeinigen Creatur gegen-
über," sprach stolz und energisch die lange Jungfrau.

„Das — das könntest Du von mir verlange»? Ich
sollte das gute, treue, alte Thierchcn aus dem Leben schaffen.

ich, der ich keine Fliege tobten kann? Nein, »ein, Alkes, nur
das nicht!" ries Eduard, und der Angstschweiß trat ihm in
großen Perlen auf die Stirne.

„Armselige Drahtpuppe!" murmelte der Soldateuvettcr,
verächtlich vor sich hin lächelnd. Fräulein Victoria aber rümpfte
nur stolz die Nase und meinte dann kurz: „So laß' cs bleiben,
aber auch mich für immer zufrieden!"

„Victoria!" flehte Eduard.

„Stille!" entgegncte diese barsch, „entweder schießen oder
— Dich von hinnen trollen!" Und dabei reichte sie ihm noch
einmal die scharfgeladene Waffe hin.

„Mach's kurz, mein Junge!" brummte der Wachtmeister,
„wenn sie's schon einmal so beschlossen hat, dann gibt sic auch
nicht nach. Es ist auch gleich geschehen. Mir thut's selbst
leid um die Lady, aber so wie so müßten wir sie vertilgen — ob
nun durch Gift oder Blei — das ist gleich. Und 's thut nicht
so weh!" setzte er naiv gutmüthig hinzu.

Mit zitternden Händen ergriff denn jetzt der Jüngling den
Revolver; seine Lippen bebten, und Thränen traten ihm in die
Augen, als die dicke, alte Lady herbei gebracht wurde, — die
gute, alte Lady, die er so oft mit Zucker gefüttert, und die ihm
stets so freundlich entgegen gewedelt kam.

„Komm' in den Keller hinab," rief Victoria, „da heroben
kann man nicht schießen; der Lärm würde die Leute im Hause
und auf der Straße allarmiren."

Wie ein zum Tode Vcrurthciltcr wankte Eduard hinter
den Anderen drein die Kcllcrsticgc hinab. Drunten legten sie die
Hündin auf ein altes Kissen. Der Wachtmeister, selbst sehr
bewegt (hatte er doch das treue Thier durch volle vierzehn Jahre
an seiner Seite gehabt), streichelte es noch einmal, dann winkte
er Eduard zu sich herbei und sprach mit etwas unsicherer Stimme:
„Da, mein Junge, setz' die Pistole an, mitten auf's Ohr, und


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