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__ Erscheinen wöchentlich ein Mal.

IIS 19*5

©

Preis des Bandes (26 Nummern) M. 6.7V. Bei directem
Bezüge per Kreuzband: für Deutschland und Oesterreich
^ 7.50, für die anderen Länder des Weltpostvereins ^ 8.— waaYIÜ. ^ 0.
Einzelne Nummer 30

Wie rs dkm Oberstlieutenant Kreuzschnabel im grasten Generalstabe erging.

(Fortsetzung.)

Da es für den Augenblick nichts weiter zu thun gab,
verfügte ich mich in die Bibliothek, um irgend ein geeignetes
Werk für meine häuslichen Studien zu wählen. Nach längerem
Suchen fischte ich glücklich „Zech's höhere Geometrie in ihrer
Anwendung aus Kegelschnitte" heraus. Es sollte ein wahrer
Schatz sein, wie der Bibliothekar mir versicherte, und in der
That, als ich eine Stunde später in meinem Zimmer auf dem
Sopha lag und in dem Buche blätterte, fand ich darin eine
so erhabene Darstellung des Kegelschnittes, daß ich sehr bald
zu der Einsicht gelangte, wie meine Methode, Kegel zu
schneiden, für den großen Generalstab wohl schwerlich aus-
reichen tverde.

Nichts destoweniger paukte ich bis nach Mitternacht. Als
ich aber nach einer sehr unruhigen Nacht am Morgen erwachte,
machte ich zu meinem Schrecken die unliebsame Entdeckung,
daß ich seit gestern nicht nur nicht klüger, sondern im Gegen-
theil noch etwas confuscr geworden sei.

In dem Gedanken, daß ich viel, sehr viel zu lernen haben
werde, wenn ich mich nur einigermaßen im Generalstabe nützlich
machen wollte, aber auch von den besten Vorsätzen beseelt, betrat
ich mein Bureau und fand richtig die Erwiderungen aus die
Einläufe vom gestrigen Tage auf meinem Pulte. Lieutenant
Josef hatte die halbe Nacht daran gesetzt, um mich zufrieden
zu stellen. Während ich die Antwortschreiben Unterzeichnete und
Josef meine Namenszüge mit dem erforderlichen Sandconsum
versah, erschien plötzlich die Gestalt meines Abtheilungschefs
im Rahmen der Thüre:

„Guten Morgen, Kreuzschnabel", grüßte er, „na? wie
geht es denn?"

„Ich danke, Herr Oberst! Es macht sich. Habe bereits
sämmtliche Reste ausgearbeitet, welche der Herr Major von Wülsten
hinterlassen hat."

„So? Hm! . . . Was ich sagen wollte, Kreuzschnabel!
Lesen Sie auch fleißig Karten?"

„Karten? Jawohl, Herr Oberst! Das ist ja die Haupt-
sache in der topographischen Abtheilung."

„Gewiß, Gewiß! Ich halte sehr darauf! Schon wegen der
Kriegsspiele."

„Josef", sagte ich, als der Oberst das Zimmer wicder
verlasscn hatte, „Sie haben gehört, um was es sich handelt.
Also sorgen Sie dafür, daß mir eine ausreichende Anzahl von
Karten in meine Wohnung geschafft wird."

Josef versprach es, und als ich Nachmittags zu Hause
eintrat, fand ich Karten von allen möglichen Provinzen, Distrikten
und Gegenden vor. Mit Todesverachtung fiel ich darüber her
und suchte meinem Gedächtniß Alles einzuprägen, was ich an
Namen von Flüssen, Städten, Dörfern, Bergen und Wäldern
ans den bunten Netzbildern vorfand.

So trieb ich es eine Zeit lang fort, Karten auf Karten
und Bücher auf Bücher in meine Wohnung schleppend und
darin umherbüffelnd, bis mir schier die Sinne vergingen. Die
dienstlichen Geschäfte besorgte nach wie vor mein braver Josef,
den irt),- wenn er ja einmal etwas vorlaut wurde, sofort mit
dem Donnerworte „Sand"! auf seinen Standpunkt znrück-
schnelltc. Da ich hier nur meinen Namen herzugeben brauchte,
so machte sich Alles ganz gut. Anders aber verhielt es sich
mit meinen Studien. Ich wurde bald innc, daß ich von all'
dem Biiffeln nur verworrener wurde.

Ich hatte eine Unzahl von Orts-, Fluß- und Bergnamen
von Fremdwörtern und trigonometrischen Regeln und Grund-
sätzen auswendig gelernt, und das Alles wirbelte nun kraus
und bunt in meinem Schädel durcheinander. Wenn ich um
Alles in der Welt nur gelvußt hätte, was ich mit dem ver-
fluchten Zeug hätte anfangen sollen!

*3
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