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I Handlungen, sowie von allen Postämtern und "JÄIrO#
Zeitungs-Expeditionen angenommen. -*-«
Erscheinen wöchentlich ein Äial.


Preis des Bandes (26 Nummern) M. 6.70. Bei directem
Bezüge per Kreuzb and: für Deutschland und Oesterreich
M. 7.50, für die anderen Länder des Weltpostvereins M. 8.—
Einzelne Nummer 30 .

Die Rache des Grenadiers.

Oberst B. hatte sein Regiment ordentlich eingedrillt, und war
dasselbe auch im Uebrigen im besten Zustande. Er glaubte getrost
der in einigen Tagen stattfindenden Besichtigung durch den als
äußerst strenge bekannten General A. entgegensehen zu können,
als er 'eines Morgens sein Pferd mit völlig nackter Schweif-
rübe im Stalle fand. — „Johann!" donnert der Oberst,
„was ist hier passirt? Was hat der Kerl mit dem Pferde ge-
macht?!" — „Nichts, Herr Oberst!" stammelt Johann, „der
Braune hat sich diese Nacht am Schwanz gescheuert." — „So,
so, gescheuert, Himmelkrrr—Der Oberst unterdrückte einen
weiteren Fluch, und ein Blick aus den verschundenen Theil des
armen Pferdes, an dem wochenlanger Schmutz klebte, belehrte
ihn, was die Katastrophe herbeiführte. „Er meldet sich heute
zum Appell bei seinem Hauptmann mit drei Tagen Arrest be-
straft!" polterte B., gegen Johann gewendet, heraus, und ver-
ließ wuthschnaubend den Stall.

Johann war von Profession Omnibuskutscher in der nahen
Residenzstadt gewesen und nun beim Regimente der einzige
Grenadier, welcher mit Pferden umzugehen verstand, weßhalb
er, trotz seiner sonst nicht tadelfreien Führung, Pferdebursche
beim Regimentskommandeur wurde, dessen Vertrauen er bislang
vollständig genossen. Weniger ärgerlich ob der „drei Tage"
und des verlorenen Vertrauens, als wegen der unvermeidlichen Ab-
lösung als Bursche und seiner Wiedereinstellung in den Dienst,
ließ Johann zunächst seinen Zorn in sehr unedler Weise an
dem Braunen aus; dann meldete er sich bei der Kompagnie
zum Arrest, wobei ihm der Feldwebel höhnisch bemerkte, wie
es ja vorauszusehen war, daß cs so kommen werde, und daß
es Johann nach seiner Ablösung in der Kompagnie recht gut
haben solle, welche Bemerkung der Feldwebel mit einer ent-
sprechenden Handbewegung begleitete. Johann war wüthend.
Nach drei Tagen Arrest bei Wasser und Brod stand bei ihm
der Entschluß fest, er wolle sich am Obersten rächen, nur das

Wie war ihm noch unklar, und so sehr er sich den Kopf zer-
brach, cs wollte ihm nichts einfallen.

Oberst B. hatte rasch einen neuen Burschen, doch nicht
so rasch ein neues Pferd. Mit dem also vcrschimpfirten Braunen
mochte er sich nicht vor der Front zeigen; bekam er doch, weil
das Thier überhaupt spärlichen Haarwuchs und einen sogenannten
Rattenschwanz hatte, vor Kurzem erst eine über Nacht vor seinem
Stall angeklebte große Annonce zu lesen, worin Morn's haar-
stärkendes Mittel empfohlen >var. Aber der Braune war fromm
und das war für B. die Hauptsache; denn, wie jeder Mensch
eine schwache Seite hat, so war die seine das Reiten. Von
Jugend aus gewöhnt, das Pferd als wildes Thier anzu-
schen, war der qualvollste Moment seines Lebens der, als er
das erste Mal als Kompagnie-Chef auf ein Roß steigen mußte.
Doch hatte er sich so allmählich mit seiner Reitkunst durch-
geschlängelt, ohne besonders aufzusallen. und es nun bis zum
Regimentskommandeur gebracht. Da der Braune ans längere
Zeit unbrauchbar geworden, mußte er sich nun ein neues
Pferd anschaffen. Oberst B. zog daher sein verblichenes Civil
an, steckte die Ersparnisse des letzten Jahres zu sich und bestieg
so gerüstet den Postwagen nach der Residenzstadt.

Die Kunde von dein abgeschenerten Schweis hatte sich
bald im Regimente verbreitet, und die Offiziere beeilten sich,
den Träger desselben mit dem Ehrennamen „Karl der Kahle"
zu belegen.

Beim nächsten Regimentsexerciren kam plötzlich der Koni-
mandeur auf einer gutgebanien braunen Stute angcritten, die
zwar etwas starkknochig imb robust war, auch mehr zum Ziehen
als zum Reiten geeignet schien, aber inunerhin einen recht
günstigen Eindruck machte. Auch zierte das Thier im Gegen-
satz zu „Karl dem Kahlen" ein üppiger Haarwuchs, der ihm
gleich am ersten Tage den Namen „die bebuschte Louise" ein-
trug. Oberst B. hatte sich über seinen neuen Pferdebnrschen

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