Anno Dazumal.
67
Macht' sie vor Schmerz vergehen;
Als sie hervorzog dann die Schrift
O weh — ob sie der Schlag nicht trifft —
Kein Wort war mehr zu sehen!
Fing an zu raisormiren:
„Der Kerl durch die Entleiberei
Macht mir zum Schluß noch Schreiberei
Nur, mich zu chikaniren!" —
„Was hilft mir nun ein
solcher Schatz,
Kann ich mit Müh' nur
einen Schmatz
Einmal die Woche lösen!
Zum Kuckuck mit dem
Stelldichein!
Fahr' hin! es hat nicht
sollen sein,
Es war' zu schön ge-
wesen !"
So hat die Jungfrau
erst getobt,
Dann hat sie meuch-
lings sich verlobt
Mit einem ander'n
Freier.
Der war sehr alt, doch
auch sehr reich
Und Reichthum macht
gar Vieles gleich -
Das ist die alte Leier!
Lucilius kam aus dein Loch
Und war voll Lieb' und Sehnsucht noch,
Da hörte er die Kunde.
Sofort stieß er nach Römcrbrauch
Sein tapf'res Schwert sich in den Bauch,
Und starb in der Secunde.
Doch Sie, die er so sehr geliebt,
Hat, über seinen Tod betrübt,
Ein Denkmal ihm errichtet.
D'rauf stand ein Carmen, zierlich fein,
Das sie in klassischem Latein
Zn diesem Zweck gedichtet:
„Will man noch nicht erfinden
Das Lnmpen-Schreib-Papier?
Nicht eine Stadtpost gründen?
Es war' doch Zeit dafür!
Die Tafeln mit dem Wachse —
Ach, eines Sonncnblicks
Bedarf's und das Gekraxe
Zerschmilzt in eitel nix.
Und daraus kann entstehen
Viel Mißgeschick fürwahr —
Man hat es jetzt gesehen
Bei diesem Ref'rendar.
Den Guten, Edlen, Stolzen,
Ihn wurmte es zu tief,
Daß unter mir zerschmolzen
Der wicht'ge Liebesbrief.
Und mich nahm, ach, ein And'rer,
D'rum sann er wild auf Mord! — —
Trink' eine Maß, o Wand'rer,
Dann troll' dich weiter fort!"
(Fortsetzung folgt.)
Der Hauptmann, von Natur aus grob,
War fürchterlich ergrimmt darob,
Der lierkannte Sokrates.
(Zwei Cavaleristen gehen an einem Hofe vorüber, in
welchem ein Junge in einem umgelegten Fasse spielt.)
Erster Lieutenant (witzig): „Schau! Sokrates in
der Tonne!"
Zweiter Lieutenant: „Lapsus! Anderer Weiser
jcwcsen! . . . Diogenes!"
Erster Lieutenant: „Och Weiser jewesen? Nu
— ist ja unter Kameraden ganz egal, wer in der
Tonne sitzt!"
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Macht' sie vor Schmerz vergehen;
Als sie hervorzog dann die Schrift
O weh — ob sie der Schlag nicht trifft —
Kein Wort war mehr zu sehen!
Fing an zu raisormiren:
„Der Kerl durch die Entleiberei
Macht mir zum Schluß noch Schreiberei
Nur, mich zu chikaniren!" —
„Was hilft mir nun ein
solcher Schatz,
Kann ich mit Müh' nur
einen Schmatz
Einmal die Woche lösen!
Zum Kuckuck mit dem
Stelldichein!
Fahr' hin! es hat nicht
sollen sein,
Es war' zu schön ge-
wesen !"
So hat die Jungfrau
erst getobt,
Dann hat sie meuch-
lings sich verlobt
Mit einem ander'n
Freier.
Der war sehr alt, doch
auch sehr reich
Und Reichthum macht
gar Vieles gleich -
Das ist die alte Leier!
Lucilius kam aus dein Loch
Und war voll Lieb' und Sehnsucht noch,
Da hörte er die Kunde.
Sofort stieß er nach Römcrbrauch
Sein tapf'res Schwert sich in den Bauch,
Und starb in der Secunde.
Doch Sie, die er so sehr geliebt,
Hat, über seinen Tod betrübt,
Ein Denkmal ihm errichtet.
D'rauf stand ein Carmen, zierlich fein,
Das sie in klassischem Latein
Zn diesem Zweck gedichtet:
„Will man noch nicht erfinden
Das Lnmpen-Schreib-Papier?
Nicht eine Stadtpost gründen?
Es war' doch Zeit dafür!
Die Tafeln mit dem Wachse —
Ach, eines Sonncnblicks
Bedarf's und das Gekraxe
Zerschmilzt in eitel nix.
Und daraus kann entstehen
Viel Mißgeschick fürwahr —
Man hat es jetzt gesehen
Bei diesem Ref'rendar.
Den Guten, Edlen, Stolzen,
Ihn wurmte es zu tief,
Daß unter mir zerschmolzen
Der wicht'ge Liebesbrief.
Und mich nahm, ach, ein And'rer,
D'rum sann er wild auf Mord! — —
Trink' eine Maß, o Wand'rer,
Dann troll' dich weiter fort!"
(Fortsetzung folgt.)
Der Hauptmann, von Natur aus grob,
War fürchterlich ergrimmt darob,
Der lierkannte Sokrates.
(Zwei Cavaleristen gehen an einem Hofe vorüber, in
welchem ein Junge in einem umgelegten Fasse spielt.)
Erster Lieutenant (witzig): „Schau! Sokrates in
der Tonne!"
Zweiter Lieutenant: „Lapsus! Anderer Weiser
jcwcsen! . . . Diogenes!"
Erster Lieutenant: „Och Weiser jewesen? Nu
— ist ja unter Kameraden ganz egal, wer in der
Tonne sitzt!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Anno Dazumal"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 91.1889, Nr. 2300, S. 67
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg