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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Editor]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 2.1906

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Panzer, Friedrich: Der romanische Bildfries am südlichen Choreingang des Freiburger Münsters
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https://doi.org/10.11588/diglit.2397#0013

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Panzer, Der romanische Bilderfries am südlichen Choreingang

w

nahen Verwandten in dem bekannten Portal von zösischer Handschriften beschreibt Durand33; man er-
Remagen (Fig. 4), dessen merkwürdige Skulpturen sieht daraus, dass ihre Komposition weder mit den
die gelehrte Forschung schon vielfach beschäftigt uns bekannten plastischen Darstellungen noch mit
haben2s. Auf der Reliefplatte links unten, die nach den deutschen Miniaturen gleichen Inhalts in Zu-
der ursprünglichen, in der jetzigen Aufstellung verän- sammenhang steht. Solche finden sich regelmäßig

derten Gruppie-
rung wahrschein-
lich als Türsturz
über einem recht-
eckig geschlosse-
nen Seitenportale
diente, erblicken
wir hier wieder
unsere Szene ge-
nau in der uns
bekannten Anord-
nung. Der König
ist bärtig darge-
stellt wie auf der
Darmstädter Ta-
fel, die Form sei-
nes Fahrzeuges entspricht der Freiburger Darstel-
lung, doch scheint der Korb missverständlich wie
ein halbmondförmiger Metallschild gestaltet. Auch
die Greifenfahrt an einem Kapitale im Chorumgang
des Münsters zu Basel (Fig. 11) stimmt noch sehr
genau zu dem byzantinischen Typus. Nur sehen
wir die Greifen hier mit Ketten statt der Stricke ge-
fesselt und an den Stangen finden wir statt der Tiere
eigentümlich gezeichnete Klumpen stecken, in denen
man die ins Rosettenartige stilisierten Pferdelebern,
von denen Pseudo-Kallisthenes spricht, erkennen
mag29.

In der mittelalterlichen Skulptur Italiens scheint
sonst keine Darstellung der Greifenfahrt zu begegnen,
da ein Relief an der Fassade von Borgo San Donnino,
das Venturi dafür ausgibt, in Wahrheit wohl die Him-
melfahrt des Elias darstellt30. Merkwürdiger ist, dass
auch in französischen Kirchen keine entsprechende
Darstellung vorzukommen scheint; denn die Bild-
werke in Urcel, Le Mans und Rouen, die nach
Cahier und Meißner gewöhnlich als Greifenfahrten
Alexanders angeführt werden, haben damit nichts zu
tun und sind ganz anders zu deuten31. Auch ob die

12. Email in englischem Privatbesitz.

in den illustrier-
ten Handschriften
von Enikels Welt-
chronik, die wir
oben zu erwäh-
nen Gelegenheit

hatten; unsere
Fig. 14 und 15
geben Nachbil-
dungen der ent-
sprechenden Mi-
niaturen in den
beiden ältesten
Bilderhandschrif-
ten des Werkes
in München und
Regensburg. Entsprechend der Erzählung Enikels
sitzt Alexander hier auf einem Sessel, an den die
Stangen mit der Lockspeise befestigt sind, tief unter
ihm sieht man die Erde „wie einen Hut" auf dem
Meere schwimmend; die „Stimme", die den König
in seine Schranken weist, hat der Maler oben in der
Gestalt Gottes, der aus einer Wolke herabschaut,
sinnlich gemacht. Die abermals ganz symmetrische

»£»

13. Königsbüste an einem romanischen Tragaltärchen
im Schatze des Freiburger Münsters.

von Meißner angeführten englischen Darstellungen

in Gloucester und Cartmell Priory in Lancashire Anordnung der ganzen Szene aber weist deutlich

wirklich alle hierher gehören, scheint mir nach den genug darauf hin, dass dem Maler Vorbilder, wie sie

gegebenen Beschreibungen zweifelhaft. in den erörterten plastischen Darstellungen bestanden,

Die Malerei fand in den Handschriften der ver- nicht unbekannt geblieben sind. Außerhalb der Hand-

schiedenen Fassungen der Alexandersage Gelegen- Schriften kenne ich nur eine malerische Darstellung

heit, unsere Anekdote darzustellen. Schon byzanti- unseres Gegenstandes. Sic befindet sich an der ur-

nische Handschriften haben die Alexandergeschichten sprünglich von Peter Kaltenhof 1457 gemalten, später

mit Bildern begleitet, unter denen sich wohl auch mehrfach übermalten Decke, die aus der Zunftstube

die Greifenfahrt befinden mag32. Miniaturen fran- des Weberhauses in Augsburg stammend, jetzt im

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