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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 2.1906

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Albert, Peter P.: Zur Geschichte des Präsenzstatuts vom 4. August 1400
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https://doi.org/10.11588/diglit.2397#0040

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Albert, Zur Geschichte des Präsenzstatuts

treulich zu halten und zu beobachten, dann aber be-
sonders, da die Zahl der Präbenden und Priester
60 übersteige, so dass manchmal das Auskommen
einzelner in Frage gestellt sei, dass jeder neu in-
vestierte Kaplan, seine Pfründe sei strittig oder nicht,
im ersten Jahre nicht zur Präsenz zugelassen werde,
aber doch binnen Monatsfrist von der einen Hälfte
aller Einkünfte, im zweiten Jahre von der andern
Hälfte der Einkünfte des ersten Jahrs ebenfalls bin-
nen Monatsfrist den vollen Wert in barem Geld ohne
Weigerung und Widerrede zu zahlen habe. Davon
sei ein Teil zur Abhaltung des Chorgebets, der
andere zur Vermehrung der täglichen Distributionen
zu verwenden. Nichtsdestoweniger habe ein solcher
Kaplan in beiden Jahren für die Erfüllung seiner
gesamten Obliegenheiten Sorge zu tragen. Bestünden
die Einkünfte in Frucht oder Wein, so sollen
sie nach einer allgemeinen Schätzung veranschlagt,
und wenn der Kaplan den Anschlag nicht bar
bezahlen könne, verkauft und aus dem Erlös die
Zahlung geleistet, zugleich aber für dieses Geschäft
zwei Bürgen gestellt werden. Zuwiderhandelnde
sollen mit Entziehung ihres gesamten Einkommens
auf zwei Jahre zugunsten des allgemeinen Nutzens
gestraft werden. Bei Neuerrichtung von Benefizien,
von deren Stiftungsgrundstock die Stifter sich die Nutz-
nießungauf Lebenszeit vorbehalten, soll der betreffende
Kaplan zu den gleichen Abgaben in der gleichen
Weise gehalten sein wie jeder andere neu investierte.

Hinsichtlich der Feier der Messe wird im
Gegensatz zu dem alten Statut verordnet, dass jeder
Kaplan, der nicht nach Ordnung und Vorschrift des
Statuts zelebriere, für jede versäumte Messe 6 Pfennig
zu zahlen habe; wolle er, sobald der für ihn be-
stimmte Augenblick gekommen sei, zelebrieren, habe
aber die priesterlichen Gewänder noch nicht an, so
solle der vorangehende sofort an seine Stelle treten,
er aber mit 3 Pfennig gestraft werden, außer wenn
schwere Krankheit ihn entschuldige. Der nicht bei
der Präsenz befindliche oder nicht amtierende Kaplan
habe für jede versäumte Messe mit 1 Schilling 6 Pfen-
nig zu büßen, er sei gesund oder krank. Ein kranker
und am Gottesdienst nicht teilnehmender Kaplan sei
dessenungeachtet zum Aufenthalt in der Stadt und
zum Dienst bei seinem Altar auch für die Dauer der
Krankheit, soweit es ihm möglich sei, verpflichtet.
Jeder nicht bei der Präsenz befindliche erkrankte
Kaplan nehme bis zu seiner Wiedergenesung an den
täglichen Distributionen teil. Außerdem sei jeder auf
Erfordern des Rektors oder eines Offizials über die
ihm bekannten Nachlässigkeiten anderer Auskunft
zu geben gehalten.

Zum Schlüsse wird bestimmt, dass jedermann,
der ein neues Benefizium zu stiften gedenke, im

voraus 50 Gulden in Gold zur Vermehrung des
allgemeinen Präsenzvermögens und der täglichen
Distributionen zu entrichten habe.

Außer dieser umfassenden Statutenänderung sind
in der Folge noch andere getroffen worden, die be-
sonders das Verbot des auswärtigen Messelesens der
Kapläne aufhoben oder doch stark ermäßigten und
zu weitgehenden Irrungen führten.

Zu welcher Zeit, unter welchen nähern Um-
ständen und mit welchem Erfolge dies geschah, das
erzählt ausführlich der nachstehende Bericht des
Freiburger städtischen „Geschichtsbuchs 1494—1562",
der um so größere Beachtung verdient, als er von
keinem geringern als dem berühmten Rechtsgelehr-
ten Ulrich Zasius überliefert ist, der in seiner da-
maligen Eigenschaft als Stadtschreiber (1490—1496)
selbst den größten Teil desselben in das „Ge-
schichtbuch" eingetragen hat, während nur kaum
4 von den 20 Seiten von der Hand des gleichzei-
tigen Unterstadtschreibers herrühren. Der Eintrag
trägt die Überschrift: „Was gmeiner caplän halb
hie gehandlt ist, die die alten Ordnungen an-
gefochten und daringetragen haben wolten etc.,
wie das abgestelt ist", umfasst die Blätter 48 bis
57 und lautet also:

Vor oder bi hundert jaren sind etlich Statuten und
Ordnung durch ein kilhherren zu derselben zit hie we-
sende, durch gmein caplän und ein rat messhaltens halb
ufgericht, inhaltend under anderm, das kein caplän, so
hie zu Fryburg in dem münster oder sant Niclas ver-
pfründt ist, anderswa in einr halben mil oder witer
mess halten, pfrunden, pfarren oder dinst versechen
oder sin mess anderswa verbringen well um gwins willen
etc. wie dann das der artikel (der den Übertreter um
1 Schilling pfennig straft) im latinischen Ordnungsbrief,
der in der canzli in einer trucken ligt, clarlicher uswisd 1.

Solich Statuten haben die caplän ein lang zit ge-
halten, bis der vordem verschinen jaren haben die ca-
plän ir botschaft zum bischof gesandt und im lassen
fürtragen, das obgemelt Statut sie inen ze swär, mit
beger, inen das ze miltern, wann es sie eins kilhhern
und eins rats will. Uf sölh ir anbringen haben die ca-
plän ein brief vom bischof erlangt, alles hinder dem
kilhhern, hinder eim rat und inen unwissend, also das
der bischof das obgemelt Statut abgeton und den ca-
plänen uf irn unwarlichen fürtrag vergönt hat ander
pfrunden usserhalb der statt ze inofficiern etc.

Sobald das den kilhhern und ein rat angelangt ist,
haben si zu denselben ziten an die caplän langen lassen
und nit wellen verhengen, das si sich der ungegründten
brief gepruchen möchten, dann si heten dem bischof
fürtragen, ein kilherr und ein rat het darin gewilligt.
Das war nun nit. Si heten aber dise und andre Sta-
tuten mit einandern ufgericht, dero keins abton worden
möchten on wissen und willen der andern partien. Und
darum so weiten si nit zulassen, das dem nachgenden
brief gelebt, sonder sölten si den abtun und der ersten

1 Siehe „Münsterblätter" 1, 69; 79 f.
 
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