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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 3.1907

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Albert, Peter P.: Urkunden und Regesten zur Geschichte des Freiburger Münsters, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.2398#0034

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Albert, Urkunden und Regesten zur Geschichte des Freiburger Münsters

über die gedruckte Literatur sind möglichst knapp,
aber in jedem Falle ausreichend gehalten.

Für die Vergangenheit unseres altehrwürdigen
Münsters, für seine Entstehung und Entwicklung im
großen und ganzen, für die Beurteilung seines äußern
wie innern Ausbaus und Einrichtungswesens bieten
die folgenden Urkunden und Regesten ein reiches
und wertvolles Material, wenn auch freilich die großen
Fragen nach seinen Erbauern und den verschiedenen
Stufen seiner Erbauung, soweit es sich um die Zeit
vor 1470, dem Anfang der Münsterhüttenrechnungen
handelt, in der gewünschten Deutlichkeit vorerst
ungelöst bleiben. Andererseits erfährt durch sie die
allgemeine, die Kunst-, Rechts- und Wirtschafts-
geschichte der Stadt und ihrer nähern Umgebung,
wie vor allem des Münsters selbst die mannigfaltigste
Bereicherung. Und nicht zuletzt wird die Möglich-
keit geboten, die Grundzüge auch der Lebensfragen
des hehren Gotteshauses wenigstens annähernd, in
einem gewissen Halbdunkel könnte man sagen, zu
erkennen und, wenn wir dasselbe zu durchdringen
versuchen, eine Reihe gesicherter Tatsachen zu er-
mitteln, denen die Überlieferung nur feste Namen
und Zahlen versagt.

Die im Jahre 11201 von Konrad von Zähringen,
dem Jüngern Bruder Herzog Bertholds III., ins
Leben gerufene Marktstadt zu Freiburg erfreute sich
dank besonders günstiger Orts- und Allgemeinver-
hältnisse schon in den ersten Jahrzehnten ihres
Bestehens eines außerordentlichen Aufschwungs und
Wachstums, dessen Licht- und Schattenseiten sich
besonders nach der religiösen Seite stark bemerkbar
machten. Nichts ist hierfür bezeichnender als der
Eindruck, den die Begleiter des vom 2. bis 4. De-
zember 1146 als Kreuzprediger hier weilenden
Bernhard von Clairvaux von Freiburg und seiner
Einwohnerschaft empfangen und in einem proto-
kollarischen Bericht uns überliefert haben. „Der
große Prediger kam von Frankfurt, wo er Ende No-
vember den ersten, vergeblichen Versuch gemacht
hatte, König Konrad zum Kreuzzuge zu bewegen.
Auch der Bischof Hermann von Konstanz war dort
anwesend gewesen und hatte Bernhard, der auf
einem zu Weihnachten nach Speyer ausgeschriebenen
Reichstage abermals für den Kreuzzug zu wirken ge-
dachte, eingeladen, inzwischen die Konstanzer Diö-
zese zu besuchen, was der Abt angenommen hatte.

1 Die von diesem Jahr abweichende, von einzelnen For-
schern bis auf die neueste Zeit festgehaltene Anschauung, dass
Freiburg schon 1091 durch Herzog Berthold II. gegründet worden
sei, muss hier unbeachtet bleiben, da sie auf eine irrig auf-
gefasste Überlieferung zurückgeht, die zuerst in einer Einsiedler
Handschrift der Chronik des Martinus Polonus von 1288 auftaucht
und daraus unter andern von den Annales Marbacenses und
Jakob von Königshofen übernommen worden ist.

Am 1. Dezember trafen die beiden hohen Geistlichen,
die natürlich schon des Winters wegen nicht über
den Schwarzwald gingen, mit ihren Begleitern in Ken-
zingen als dem ersten Orte des Breisgaus und zu-
gleich der Diözese ein und nahmen am Abend des
nächsten Tages in Freiburg Quartier. Am Tage dar-
auf sah sich Bernhard in der Stadt, die seinen von
dieser Reise erzählenden Begleitern schon einen recht
ansehnlichen Eindruck gemacht haben muß, um und
fand nach deren Bericht, dass die Armen der Stadt
sich drängten, das Kreuz zu empfangen, die vielen
Wohlhabenden dagegen in der vorsichtigen Selbst-
sucht ihres wohlgegründeten Lebens und Besitzes
sich fernhielten. Aber der Armen williges Mitlaufen
konnte der Kreuzfahrt wenig frommen, es handelte
sich um leistungsfähige, wohlbewaffnete und aus-
gerüstete Streiter. So ließ denn Bernhard zur Pre-
digt rufen und zu den Freiburgern reden von der
herben Not und den Drangsalen im Heiligen Lande,
von der dringlichen rettenden Hilfe, von der neuen
großen Heerfahrt, zu der das ganze Abendland mit
seinen Fürsten rüste, von der Verblendung und Ver-
stocktheit der sich Weigernden, von deren verhärteten
Herzen Gott selbst die Hülle wegziehen möge.
Mächtig drangen die ernsten Worte auf die Zuhörer
ein, sie beugten sich in Scham und reuigem Eifer
und empfingen, nun auch die reichen Bürger unter
die Armen der elendesten Viertel der Stadt gemengt,
willig auf ihre Schultern das Kreuz der Heerfahrt."2
Abgesehen von der Herberge, wo St. Bernhard
wohnte, spielte sich seine Tätigkeit zu Freiburg vor-
nehmlich in der Kirche ab, die hierbei zweimal ge-
nannt wird: am ersten Tage seines Aufenthalts, da
der Heilige beim Eintritt in die Kirche einen lahmen
Knaben, und am andern Tage, da er beim Verlassen
derselben einer Frau die kranken Hände heilte.
Beidemal ist von der Ecclesia schlechthin, aber nur
von einer Kirche die Rede. Welches ist nun die
Ecclesia, in welcher der große Abt und Kirchenlehrer
St. Bernhard hier zu Freiburg seine Stimme erhob,
um zu dem zweiten Kreuzzuge zu begeistern? Einige
haben darunter die alte Peterskirche vor dem ehe-
maligen Lehener Tor verstehen wollen, die etwa
an der Stelle des heutigen Hotels Zähringerhof
schon von Berthold II. zu Ehren der Apostelfürsten
Petrus und Paulus erbaut worden sein soll und als
Filialkirche zu Umkirch gehörte. Dabei scheint
man aber vor allem nicht bedacht zu haben, dass

- Vgl. Ed. Heyck, Geschichte der Herzoge von Zähringen.
Freib. i. Br. 1891 S. 308f.; Ludw. Kästle, Des heiligen Bern-
hard von Clairvaux Reise und Aufenthalt in der Diözese Kon-
stanz im „Freiburger Diözesan-Archiv" 3 (1868), S. 273—315;
S. Bernardi Miracula in itinere Germanico patrata in den „Monu-
menta Germaniae historica". Scriptorum Tomus XXVI. Hannov.
1882 pag. 123.
 
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