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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 3.1907

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Flamm, Hermann: Zur Geschichte der St. Michaelskaplanei im Münsterturm
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https://doi.org/10.11588/diglit.2398#0084

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sichtlich liegt ein Schreibfehler für 1295 vor. Im
übrigen ist der Inhalt der Urkunde kurz folgender:
Bischof Heinrich von Konstanz trennt auf Bitten des
Konstanzer Dompropsts und Freiburger Pfarrektors
Grafen Konrad von Freiburg und des regierenden
Grafen Egeno die Michaelskapelle auf der Burg von
der Freiburger Pfarrkirche, der sie bisher unter-
geordnet war, erhebt sie zur selbständigen Kaplanei,
deren Präsentationsrecht dem Grafen Egeno und
seinen Nachkommen zusteht, und verleiht nunmehr
nach dem Wunsch der beiden Grafen die Pfründe
dem Lehrmeister der gräflichen Söhne, dem Kleriker
Nicolaus genannt von Lar. Die Lage der Kapelle
wird durch die Worte „sita infra muros castri de
Friburc prope turrim dictam turris sancti Michahelis"
deutlich beschrieben; es kann hier nur von einer Ka-
pelle der gräflichen Burg auf dem Schlossberg, nicht,
wie Schreiber^ meint, von der Michaelskapelle der
Neuburg die Rede sein. Der Hinweis auf die den
Herren oder Bewohnern der Burg von der Gegend
des Michaelsturms aus drohende Gefahr der Er-
stürmung, „periculum captionis", zeigt ferner, dass die
Kapelle in der untern Burg, am heutigen Kanonenplatz
oder unterhalb davon am Westabhang des Bergs
gegen Rommels Schlösschen zu lag; die obere be-
saß ja ohnedies wohl schon seit dem Ende des
12. Jahrhunderts, d. i. seit dem Erwerb der Reli-
quien des hl. Lambertus, ihre besondere Lambertus-
kapelle2. Diese exponierte Lage erklärt wohl auch
das Interesse der Grafen für die Mehrung der ge-
ringen Pfründeeinkünfte, die bis 1295 nur in vier
Pfund Pfenning und einem Saum Weißwein aus
dem Freiburger Pfarrhof bestanden und für einen
eigenen Priester nicht ausreichten, sodass wöchent-
lich selten mehr als zwei Mal und dies oft nur von
fremden und nicht immer vertrauenswürdigen Geist-
lichen Gottesdienst in der Kapelle gehalten werden
konnte. Die Mittel zur Mehrung des Pfründeein-
kommens lieferten die Froner der (halben) Silber-
grube zu Todtnau, die, dabei wohl einem sanften
Druck vonseiten des Grafen folgend, in mehrjährigen
Sammlungen das nötige Geld zusammenbrachten.
Ob in der Tat der ganze Ertrag der Sammlung für
die Pfründe und nicht auch für den Ausbau des
Michaelsturms verwendet wurde, geht aus der obigen
Urkunde nicht hervor. Wahrscheinlich ist das letztere
wohl, falls es richtig ist, dass der Bau der untern
Burg erst 1273 begonnen wurde'. Da diese selbst

1 H. Schreiber, Geschichte der Stadt Freiburg im Breis-
gau. Freib. 1857. 2, 32 f.

- Urkundlich 1245 zum erstenmal erwähnt; vgl. Fürsten-
berger Urkundenb. 1 (Tübingen 1877), Nr. 414.

3 Fr. Geiges, Die Stadt Freiburg im Breisgau unter der
Herrschaft der Grafen von Urach bis zum Übergang an das
Haus Österreich: Schauinsland 1885 S. 80.

anscheinend nicht sehr mächtig war, so kann es sich
aber auch bei der gräflichen Michaelskapelle jeden-
falls um kein sehr bedeutsames Bauwerk gehandelt
haben.

Weiter ist aus der Geschichte der Burgkapelle
nur noch eine Nachricht überliefert. Nach einer
Urkunde vom 22. April 13161 verspricht der Frei-
burger Bürger Meister Wernher der Zimmermann
mit Rat und Willen des Grafen Konrad der „capellun
ze sante Michele ze Friburg uf der bürg" und deren
Kaplänen statt der 38 Mutt Roggengülte, die Wernher
bisher von seinem Hof zu Denzlingen zinste, eine
andere Gülte in gleichem Betrag von seiner Mühle,
der sogenannten Grafenmühle, unterhalb der Burg
zunächst des Grafen Hof, zu zahlen.

Im Jahr 1366 wurden die Burgen auf dem
Schlossberg von den Freiburgern zerstört, ein Schick-
sal, das offenbar auch die Burgkapellen traf. Die
dafür gestifteten Pfründen wurden daher in das
Münster übertragen, dessen Patronatsrecht an die
Erzherzöge von Österreich als die Rechtsnachfolger
der Grafen fiel, die deshalb auch, wenigstens gilt
dies sicher für die Michaelskaplanei, das Ver-
leihungsrecht über die bisherigen Burgkaplaneien,
die Pfründen der Grafen, erhielten. Dieser Zu-
sammenhang ergibt sich völlig zwingend aus den
folgenden Stellen.

Noch das Statut der Münsterpräsenz vom Jahr
1364', das sämtliche Altäre des Münsters und die
darauf gestifteten Pfründen aufzählt, kennt weder
eine Lamberts- noch Michaelspfründe oder -Altar;
dagegen wird eine Lambertspfründe im Münster
schon 13796 erwähnt und völlig unzweifelhaft sagt
das erneuerte Präsenzstatut von 1400 in dem Ver-
zeichnis der Altäre und Pfründen7:

«. . Nicolaus Mörder senior capellanus prebende
altaris corporis Christi, que olim fundata extitit in
capella sancti Lamperti castri Friburgensis», und

< Item in quarta septimana sit primus Iohannes
Üringer capellanus prebende altaris sancti Michahelis,
que olim fuit in Castro Friburgensi.»

Diese Stellen lassen keinen Zweifel. Für die
Identität der Michaelspfründen der Burg und des
Münsterturms sprechen aber noch weitere Zeugnisse.
Nach der Urkunde von 1295 bezieht der Inhaber
der Burgkapelle vier Pfund Pfenning und einen
Saum vom Freiburger Pfarrektor und dazu kommen
an Einnahmen noch 38 Mutt Roggengülte, die 1316
von des Grafen Mühle bezahlt wurden und die nach
der Vertreibung der Grafen jedenfalls auf irgend

4 Zeitschr. f. d. Gesch. d. Oberrheins 12 (1861), S. 239 f.
s H. Flamm, Ordnungen und Satzungen der Münsterkirche:
Münsterblätter 1 (1905), S. 68 Pf.

''' Münsterarchiv: Urkunde vom 5. März 1379.
7 Flamm a. a. O. S. 78.
 
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