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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 5.1909

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Schuster, Karl: Zur Baugeschichte des Lettners im Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2635#0071

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Schuster, Zur Baugeschichte des Lettners im Freiburger Münster

terial wie die obere Treppe. Die Zeit der Herstellung
ist nicht genau bekannt, fällt aber jedenfalls zwischen
1791 und die Legung des neuen Langhausbodens,
mit der 1820 begonnen wurde.

Die Höhe des untern Chorbodens während der
Zeit vor dem Abbruch des Lettners ist für unsere
Untersuchungen von besonderer Wichtigkeit, leider
sind aber die verschiedenen Nachrichten über Zahl
und Höhe der Stufen schwer miteinander in Ein-
klang zu bringen. Der Entwurf zum Umbau des
Lettners aus dem Jahre 1704 zeigt acht Stufen.
Vielleicht entsprach diese Zahl nicht der Wirklich-
keit, wie noch so manches auf dieser Zeichnung —
vielleicht ist aber die dargestellte Treppe ein Projekt
für eine Neuherstellung mit einer andern Stufenzahl
als der ursprünglichen. Geissinger dagegen sagt zur
Zeit des Abbruchs des Lettners von der Treppe,
dass „man bei zehn Stapfen hoch in den Chor steigen
muß". Nun lag der Chorboden wahrscheinlich in
der Höhe der Oberkante des Säulenstuhls des Lett-
ners, jedenfalls nicht viel höher, wie aus der spät-
gotischen Brüstung zu ersehen ist, die sich im nörd-
lichen Chorumgang erhalten hat. Der Säulenstuhl
ist 1,36 m hoch und stand auf dem untersten Tritt
der Treppe, es wäre somit die Höhe von 1,36 m
mit neun Stufen zu ersteigen gewesen, von denen
jede 15 cm hoch war. Eine so niedere Tritthöhe
ist zwar sehr bequem, vorausgesetzt, dass der Auf-
tritt eine Breite von etwa 30 cm hat, es ist aber an-
zunehmen, dass man bei den beschränkten Raum-
verhältnissen mit weniger als zehn Stufen auszu-
kommen suchte. Vielleicht ist in dem Bericht Geis-
singers das Wort „bei" im Sinne von „etwa" zu ver-
stehen, lässt also auch acht Stufen noch sehr wohl
zu. Prokurator Schwarz spricht wenige Jahre nach
Geissinger von acht bis neun Zoll hohen Stufen. Es
wären davon eine auf den Untersatz unter dem
Säulenstuhl und auf-diesen selbst fünf gekommen,
im ganzen also sechs Tritte vorhanden gewesen. Die
Annahme von acht oder gar zehn Stufen von 8 bis
9 Zoll Höhe ist jedenfalls völlig ausgeschlossen, man
wird daher den Widerspruch zwischen den Angaben
von Schwarz und Geissinger nicht wohl anders lösen
können, als wenn man die 8 bis 9 Zoll hohen Stufen
nur für die obere Chortreppe annimmt, was mit dem
Wortlaut bei Schwarz nicht in Widerspruch steht.

Besseren Aufschluss als die Angaben über die
Stufen gibt die Äußerung über die Tieferlegung des
Chorbodens, die Schwarz beabsichtigte und wohl
auch ausführte, wie folgende Erwägung zeigen soll.
Auf dem nebenstehenden Schnitt durch den Lettner
sehen wir links den untern Teil des zwischen 1743
und 1768 von Christian Wenzinger errichteten Grab-
mals des Generals von Rodt. Die Grabschrift steht

auf der Innenseite eines Löwenfelles und um diese
Fläche möglichst glatt erscheinen zu lassen und mit
dem Sockel in einen recht deutlichen Gegensatz zu
bringen, ist dieser Bauteil in kunstvoller Weise durch
sehr breite Scharierschläge rauh gehalten, bis her-
unter zu der in der Höhe von A durchgehenden
Fuge. Diese scheint die ursprüngliche Unterkante
des Grabmals gewesen zu sein, denn der jetzt vor-
handene unterste Teil des Sockels ist handwerks-
mäßig eng schariert, obgleich er durch kein Profil
von der obern Schichte getrennt ist, erscheint also
als eine spätere Zutat, die durch die Tieferlegung
nötig wurde. Die Unterkante A des Grabmals liegt
so hoch, wie die Oberkante des Säulenstuhls etwa
gelegen haben muss, es ist also auch aus diesem
Grunde sehr wahrscheinlich, dass der ursprüngliche
Boden in der Höhe von A lag. Der jetzige untere
Chorboden fällt von der obern Treppe an nach
Westen ab, die Tieferlegung beträgt an der tiefsten
Stelle, bei der untern Chortreppe, 62 cm.

In unsern beiden neuen Zeichnungen sind acht
Stufen angenommen, wodurch sich eine Tritthöhe
von rund 19,5 cm ergibt. Der alte Langhausboden
hätte bei dieser Annahme 8,5 cm unter dem jetzigen
gelegen. Dieses Maß entspricht durchaus der Auf-
höhung des Bodens, die an den Säulenbasen der
Hahnenturmportale sichtbar ist.

Die Verschlingungen der Gewölberippen sind
nach der Zeichnung von 1704 dargestellt. Diese
kann sowohl ein Netzgewölbe als auch einen ebenen
Plattenboden auf Gewölberippen darstellen, doch hätte
letzterer, in der Längsrichtung des Lettners gesehen,
wegen der großen Anzahl der überhöhten Rippen
sich nicht gut ausgenommen. Die Gewölbefelder
waren der kleinen Abmessungen wegen wahrschein-
lich nicht mit Backsteinen geschlossen, man darf eher
annehmen, dass das ganze Gewölbe aus Hausteinen
hergestellt war.

Für die Rekonstruktion des Umbaues durch
Jakob Altermadt sind in dem ersten Aufsatze über
den Lettner sowohl der Voranschlag als namentlich
auch die noch erhaltenen Spuren des Umbaues be-
stimmend gewesen. Abgesehen von der oben be-
sprochenen Treppe in den Chor entspricht auch
unsere frühere Zeichnung der Bauveränderung, die
tatsächlich ausgeführt wurde, sie steht jedoch in
einem Punkte im Widerspruch mit dem Voranschlag,
wenn man, entsprechend den oben gegebenen Fest-
stellungen, den Chorboden in gleicher Höhe mit dem
Säulenstuhl annimmt. Altermadt hatte nämlich in
seinem Voranschlag für jede seiner beiden neuen
Säulen sieben Steine berechnet, von denen zweifellos
drei auf den Säulenstuhl entfielen. Ein Säulenstuhl
war aber auf dem Chorboden nur dann möglich,
 
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