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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Editor]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 7.1911

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Sauer, Joseph: Reste alter Wandmalereien im Freiburger Münster: 1. Die St. Peter- und Paulskapelle und ihre Wandgemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.2639#0019

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Sauer, Reste alter Wandmalereien im Freiburger Münster

liegen auch braune Schatten über den Füßen des
Gekreuzigten, von denen sich um so kräftiger die
derben Blutstropfenperlen aus Zinnober abheben.
Und ebenso dient zur Verstärkung der Farbenwirkung
der Krappreif um den Goldnimbus der Heiligen-
gestalten. Die zierliche krause Linienführung der in
der Buchmalerei groß gewordenen Künstler ist hier
einer breiteren, rein malerischen Behandlung ge-
wichen, ein Zeichen, dass der Freiburger Meister
von Hause aus Tafel- und Wandmaler war.

Die Zeichnung ist im allgemeinen richtig und
sorgfältig; man wird nur selten finden, dass der

im Todeskampf sich windenden Körper am Kreuze
— es sei da auf die gute Behandlung des Brust-
korbes und des rechten Beines sowie auf die ana-
tomische Richtigkeit des linken Armes hingewiesen__

oder der Vielgestaltigkeit des Wurfes und Flusses
der Gewänder folgt. Nur in den schematischen
Wellenlinien, in denen fallende Gewandzipfel ver-
laufen, z. B. beim Lendentuch oder beim aufgehobe-
nen Mantel Mariens, wirkt eine ältere Tradition nach;
davon sticht dann die sichere Art, mit der der Mantel
in breiten Lagen natürlich gut sich vorn überlegt
oder wie in den Faltengebungen der stoffliche Cha-

Abb. 13. Ausschnitt aas dem Kreuzigungsbild der St. Peter- und Paulskapelle.

Künstler in der Wiedergabe der Körperformen eine
gewisse Unzulänglichkeit oder Unbehilflichkeit an
den Tag legt. Vielleicht bei den Unterarmen und
Handgelenken, denen es entschieden an Biegsamkeit
und Gelenkigkeit fehlt. Dieser Eindruck wird noch
verstärkt durch die Knappheit der Ärmel. Aber ab-
gesehen von solchen Kleinigkeiten, zu denen auch
die mangelhafte Behandlung der Hände und Finger
sowie der Füße des Gekreuzigten zu zählen ist,
zeigt er deutlich genug, dass er die Natur richtig
wiederzugeben weiß. Ob er nur einfach ein kom-
pliziertes Produkt der Technik wie den Helm des
Hauptmanns wiederzugeben hat, oder ob er dem
wechselnden Spiel der Muskeln und Sehnen an dem

rakter der Gewänder sehr gut wiedergegeben ist, um
so stärker ab. Ebenso starke Gegensätze zeigen sich
zwischen der gelenklosen, fast hölzernen Gestaltung
der Hände und der schönen Bildung des Halses
z. B. bei der zu äußerst stehenden Frauengestalt.
Sehr erhebliche Fortschritte über eine Paralleldar-
stellung in der oberen Sakristei des Konstanzer Mün-
sters (Abb. 14) hinaus1, auf die noch mehrfach abzu-
heben sein wird, weist dann unser Bild in der Behand-
lung der Köpfe und Gesichter auf. Dort eine auffallend

1 Eingehend hat sich damit befasst Jos. Gramm in seiner
gründlichen Untersuchung über „Spätmittelalterliche Wandge-
mälde im Konstanzer Münster" (Straßburg 1905) S. 11 ff. Unsere
Abbildung verdanken wir der Liebenswürdigkeit des Verfassers.
 
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