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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 7.1911

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Sauer, Joseph: Reste alter Wandmalereien im Freiburger Münster: 1. Die St. Peter- und Paulskapelle und ihre Wandgemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.2639#0021

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14

Sauer, Reste alter Wandmalereien im Freiburger Münster

näher zu rücken und über seine Persönlichkeit und zuweisen hat. Es sind durchweg Glasgemälde, für
Zeit etwas zu erfahren, geraten wir in das völlige die leider keine solche Möglichkeit unzweifelhafter
Dunkel der Geschichte. Wir sind also bezüglich zeitlicher Ansetzung besteht, wie bei den zwei
seiner zeitlichen und kunstgeschichtlichen Einreihung eben angeführten Malereien von 1317 und 1348.
ausschließlich nur auf indirekte Schlüsse und Stil- Immerhin dürfen sie anstandslos alle ins 14. Jahr-
kritische Momente angewiesen. Zur Gewinnung der hundert noch gesetzt werden. Dem Konstanzer Sa-
nötigen Unterlage für eine einigermaßen zuverlässige kristeibild am nächsten kommt in Freiburg die Kreu-
Datierung hat man verwandte Kruzifixdarstellungen zigungsdarstellung im Fenster über dem heiligen Grab
des 14. und 15. Jahrhunderts aus der oberrheinischen im südlichen Seitenschiff (Abb. 15). Hier stimmen
Gegend beigezogen. Namentlich hat das Gramm in Haarbehandlung, die Gesichtstypen der drei Gestalten,
der schon erwähnten Monographie getan, so dass wir die Armhaltung und Beinverschlingung des Gekreu-
inbezug auf die Einzelheiten der Darstellungen darauf zigten in den beiden Darstellungen bis in belanglose
verweisen können. Als solche Parallelen kommt in Einzelheiten miteinander überein. Da die Scheibe aus
erster Linie das schon erwähnte Wandgemälde einer Konstanz stammt, ist die stilistische und ikonographi-

einfachen Kreuzigung
in der oberen Sa-
kristei im Konstanzer
Münster inbetracht.
Es ist ebenfalls wie
das Freiburger Bild
über einem noch ste-
henden Altar ange-
bracht und trägt die
Datierung 13481; da-
durch ist es für uns
ein wertvoller chro-
nologischer Maßstab.
Inbezug auf die rea-
listische Art der Bein-
verschränkung, der
Haltung des Hauptes
des Gekreuzigten und
Haarbehandlung ste-
hen dem Sakristeibild
im Konstanzer Mün-

Abb. 15. Glasgemälde über der hl. Grabkapelle im Münster.

(Aus Geiges, Der alle Fensterschmuck.)

sehe Verwandtschaft
erklärlich. Aber auch
bei den in Freiburg
selbst entstandenen
Glasmalereien mit
Kreuzigungsdarstel-
lungen sind die Über-
einstimmungen mit
dem Konstanzer Ge-
mälde so auffallend,
dass man nicht um-
hin kann, ein festes
Schema für das Motiv
und einen Kanon für
die Behandlung ein-
zelner Teile wie Len-
denschurz, Haare,
Beine u. a. anzuneh-
men. Namentlich
treffen wir die Kon-
stanzer Eigentümlich-

ster nahe ein etwas späteres in der Kirche des keiten fast durchweg in der Kreuzigung des Fensters
früheren Dominikanerklosters, von dem nur eine der Malerzunft im nördlichen Seitenschiff (Abb. 16), in
Pausenkopie sich erhalten hat2, ein Glasgemälde der Hauptsache auch in der sogenannten Gnadenstuhl-
in der Kirche von Oberkirch-Frauenfeld3 und ein darstellung im dritten Fenster des Nordschiffs (vom
Epitaphgemälde im Zisterzienserinnenkloster Feld- Westen; Abb. 17), im zweiten Fenster des Südschiffs
bach bei Steckborn mit der Datierung 1317* und (Abb. 18) und in einem über dem Durchgang zur
ein erst kürzlich aufgedecktes Wandbild in der ab- Schatzkammer aufgestellten Fenster6. Die Überein-
gebrochenen Peterskirche zu Weinheim (jetzt in der Stimmung dieser ganzen Gruppe von Kreuzigungs-
dortigen Altertumssammlung), das ich mit ziemlicher bildern, die mehr oder weniger in einem begrenzten
Sicherheit in die Mitte des 14. Jahrhunderts setzen Gebiet oder innerhalb des 14. Jahrhunderts entstanden
kann. Viel wichtiger und für unsere Frage auch sind, ist unverkennbar; so unverkennbar, dass man mit
weiter führend sind aber die Beispiele an Kreu- Gramm gerne an ein Zusammengehörigkeitsverhältnis

zigungsdarstellungen, die unser Münster selbst auf-

1 Vgl. Gramm a. a. O. Taf. II —V.

2 Abgebildet bei Kraus, Kunstdenkmäler von Baden I Taf. 3
und nach dem Original von Wingenroth in Zeitschrift für Ge-
schichte des Oberrheins. N. F. 20 (1905) Taf. III.

3 Abgebildet bei Rahn, Kunstdenkmäler des Kantons Thur-
gau S. 156.

' Abgebildet ebd. S. 123.

glauben wird, wie es durch einen für eine bestimmte
Gegend gültigen Typ geschaffen wird. Aber man muß
sich doch hüten, über die stilistischen Übereinstim-
mungen hinaus auch noch die ikonographischen Ein-
zelheiten als durchschlagende Argumente für die innere

5 Abgebildet bei Geiges in Schauinsland 29, 101.
 
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