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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 11.1915

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Vöge, Wilhelm: Zum Nordportal des Freiburger Münsterchors
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https://doi.org/10.11588/diglit.2547#0009

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Vöge, Zum Nordportal des Freiburger Münsterchors

Chore bündig ', sicher in eine frühere Zeit ver- Freiburger Blüte, während sie sich von den Typen
weisen, trotz der zieren Kielbogen an ihren Plinthen des anstoßenden Bogenfelds (vgl. Abb. 8, 9) durch-
(vgl. Abb. 5), deren Schweifung übrigens kaum spür- aus unterscheiden1.

bar ist2. Ich bringe von den älteren Straßburger Sachen

An den Skulpturen der Bogenfelder hat dieser hier zum Vergleich den Kopf der Christusstatue aus
Meister keinerlei Anteil und von den Statuetten der dem Zyklus der klugen und törichten Jungfrauen
Archivolten nur die vier obersten -- die ersten vier von der Straßburger Münsterfassade (Abb. 13). Leider
Schöpfungstage (Abb. 5—7) -- vollendet. Eine fünfte sind die Köpfe vom Freiburger Chor etwas ver-
ton Vater, Vögel und Fische schaffend, Abb.2) scheint waschen; sie würden sonst noch überzeugender
er unfertig zurückgelassen zu haben. Das Antlitz Gott sprechen. Denn alle Besonderheiten jenes Christus-
Vaters (Abb. 3) ist hier von anderer
Hand, die Augen sind eilfertig ein-
gegraben, die Stirn ganz formlos;
auch die kleinen Locken am Kinn
befremden. Die von dem Meister
selbst vollendeten Köpfe — es sind
nur vier, der erste ist zerschlagen —
findet man Abb. 10 12. Sie sind
einander ähnlich zum Verwechseln,
obwohl im Ausdruck Abschattungen

Abbild. 5—7. Gott Vater als Schöpfer der Pflanzen und Bäume, des Firmaments und der Gestirne.

und — wie in der Gotik häufig — Schiebungen in
den Proportionen sind. Doch kaum weniger ähnlich
sind sie gewissen berühmten Köpfen der Straßburg-

1 Die eine seiner Darstellungen, Gott Vater, Vögel und
Fische schaffend, bindet mit ihrem Block in den Strebepfeiler
rechts.

s Die Form des Kielbogens taucht in Freiburg zuerst an
den Baldachinen über den Apostelstatuen im Langhaus des Mün-
sters auf, die noch aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts,
nach Münsterblätter 7 (1911), S. 24 Anm. 7 vielleicht noch aus
dem ersten Viertel wären. Im benachbarten Basel findet sich
die Form des Kielbogens an den Baldachinen über den Statuen
an der Westfassade, die an diejenigen im Schiff unseres Mün-
sters erinnern; vgl. ferner H. Wöljflin im Festbuch zur Er-
öffnung d. Histor. Mus. in Basel (1894) S. 156 f.

ideals aus der Zeit der Blüte -- von 1280 circa! -
sind noch für diese Köpfe des Chors aus der zweiten
Hälfte des 14.Jahrhunderts bezeichnend (vgl. Abb. 11):
Die vorgewölbte Stirn, die unten sich einsenkt, so
dass der schlankschöne Zug der Braue — nach außen
steigend — als breiter Grat herauskommt. Die klein-

; Auch K. Moriz-Eichborn (Der Skulpturencyklus in der
Vorhalle des Freiburger Münsters. Straßburg 1899) sind diese
Zusammenhänge entgangen. Er sagt S. 326: „Ganz aus dem
Kunstkreise der Vorhalle heraus führt uns schließlich der pla-
stische Schmuck der beiden kleinen Chorportale", und betont
es dann nochmals: „Von der . . . Kunst, welche den Skulpturen-
cyklus der Vorhalle geschaffen hat, ist hier nichts mehr zu
spüren."
 
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