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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Editor]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 11.1915

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Riegel, Joseph: Die Locherer-Kapelle im Freiburger Münster und der Meister ihres Altars
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https://doi.org/10.11588/diglit.2547#0025

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Riegel, Die Locherer-Kapeile im Freiburger Münster und der Meisler ihres Altars

die manirierte Behandlung der späteren Arbeiten er- und vordem 1526 getragen haben. Bei genauerer
kennen. Die Falten des Gewandes sind noch nicht Untersuchung aber stellte sich heraus, dass unter
so stark gebrochen. Aber die für Sixt typische Drei- dem heutigen braunen Leinölfirnis früher nie-
eckbildung der Faltenläufe kommt doch schon klar mals etwas gestanden haben kann. Beide An-
zum Ausdruck. Das vorgestellte Knie erinnert stark gaben scheinen also von Grieshaber erfunden
an den Schutzmantelaltar. Die großen, nach unten zusein. Von den seitherigen Forschern ist nur Wolt-
gerichteten Füße aller späteren Gestalten sind hier mann dieser irreführenden Angabe gefolgt''. Die
schon ganz genau vorgebildet. Auffallend wirkt das übrigen, unten zu nennenden Forscher nehmen alle
scharfe Kinn der Madonna und die allzu stark ver- das Jahr 1526 an; trotzdem die Inschrift nicht zu
schnittenen Augenlider. In der Durchführung der finden ist, kann diese Annahme nicht für irrig erklärt
Hände hat der Künstler noch nicht die Meisterschaft werden. Wenn Sixt 1523 begonnen hat, kann er an
erreicht; die Finger sind ihm zu groß geraten. Das dem Riesenwerk ganz gut drei Jahre und noch mehr
Kind ist in seinem oberen Teile ergänzt. Die Züge gearbeitet haben. Nach Grieshaber1 hielt schon früher
wurden denen Marias nachgebildet. Anders ist die der Engel zwischen Christus und Maria ein Täfel-
große Ähnlichkeit zwischen Mutter und Kind nicht chen mit den Buchstaben H. L., die bisher in der
zu erklären. Die untere, ursprüngliche Körperhälfte verschiedensten Weise gedeutet wurden. Grieshaber
gleicht denen der übrigen Werke restlos. nannte den Meister Liefrink oder Leykmann.
Ehedem soll die Statue in Neuenburg am Rhein Rosmann-Ens\ Rosenberg6 und Kraus1 hielten an
gestanden haben. In ihr hat man wohl Sixts älteste Liefrink fest. D[ieppel]s lehnte ihn ab. Gerard"
Arbeit zu erblicken. Vielleicht hat gerade ihre schon nannte ihn Lützelbe rger, Passavant1" und Nagler11
auf der künstlerischen Höhe stehende Auffassung rieten auf den Züricher Hans Leu. Bezoldr- und

die Pfleger Unserer Lieben Frauen Baus veranlasst,
bei dem Staufener Meister den Altar für die St. Anna-
Kapelle zu bestellen. Der Hauptbeweis für ihre
frühere Entstehung ist neben den verschiedenen tech-
nischen Unebenheiten die Bekrönung der Mutter-

Demmler1* vermuteten hinter ihm Hans Leinberger,
indes Münzel1' auf den Freiburger Hans Loy
schloß.

Besah man sich nun das von Dominik Glänz
im Jahre 1838 bei der Restaurierung des Hochaltars

gottes, von der sich jedoch heute nur noch einige aufgemalte H. L. auf den beiden Täfelchen, so
Spuren erkennen lassen. Trotz der vorhandenen fiel schon von vornherein auf, dass die Buchstaben
kleinen Unvollkommenheiten kann man nicht schlie- auch nicht im geringsten eine Ähnlichkeit mit den
ßen, bei welchem Meister Sixt in die Lehre gegangen. Formen des 16. Jahrhunderts gemein hatten. Sie
Soviel ist sicher: Wyditz war es so wenig wie der konnten zum mindesten in ihrer barocken äußeren
Kayersberger Meister, obschon das letzte nicht Form nicht die Stelle früherer Buchstaben einnehmen,
ganz ausgeschlossen wäre. In manchen kleineren Bei einer jüngst vorgenommenen vorsichtigen Lö-
Zügen ähneln sich wohl ihre Arbeiten. SUng des Leinölfirnisses ergab sich, dass unter der

Noch während Sixt am Locherer-Altar arbeitete, gelblichen, 1838 zur Konservierung aufgetragenen
erhielt er vom Rat der Stadt Breisach den Auftrag, Farbschicht sofort die ursprüngliche braune Beize
den Hochaltar im dortigen Münster zu liefern. Leider des Altares liegt. Reste von einem früheren
macht es die Lückenhaftigkeit des Breisacher Archivs Monogramm wurden nicht gefunden. Was
unmöglich, hierfür alle Belege zu bringen. Bis jetzt Demmler als Reste ursprünglicher Buchstabenformen
hat sich nur das Gesuch der Stadt Breisach an den
Rat zu Freiburg vom 28. März 1523' vorgefunden,
worin sie bittet, ihrem Meister das nötige, in Brei-
sach und Umgebung nicht erhältliche Lindenholz zu
liefern. Da der Name des Meisters nicht genannt,
also als bekannt vorausgesetzt ist, in dieser Zeit aber
nur Sixt eine größere Bedeutung als Bildhauer hatte,
kann nur er der ungenannte Meister sein.

Während der nächsten Jahre schuf Sixt an seinem
größten Werk, dem Breisacher Hochaltar. Nach
Grieshaber'- sollte ein Täfelchen die lahreszahl 1496

1 Urk. Beil. 1.

2 Der Hochaltar im Münster zu Breisach: Schorns Kunst
blatt 183?, Nr. 9 10. Neudruck mit unwesentlichen Änderungen

in: Vaterländische Beiträge aus dem Gebiete der Literatur, Kunst
und des Lebens (Rastatt 1842) S. 137.

3 Deutsche Kunst im Elsaß (1376) S. 249.

1 A. a. O. S. 7.

6 Geschichte der Stadt Breisach (Freiburg 1851), S. 308.

6 Hochaltar von Breisach S. 53.

7 Kunstdenkmäler 2, S. 60.
3 Christliche Kunstblätter (1870) S. 106.
" Les artistes d'Alsace II, 338

10 Le Peintre graveur III, 337.

" Die Monogrammisten 3, 448.

12 Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 1913, S. 6;
hält aber nicht wirklich daran fest.

,a Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 1914 Sonder-
druck aus Heft 2 und 3.

Ji Münsterblätter 10 (1914) S. 70 f.
 
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