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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 11.1915

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Albert, Peter P.: Papst Sixtus' des vierten Ablassbriefe für das Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2547#0037

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Albert, Papst Sixtus' des vierten Ablassbriefe für das Freiburger Münster

und zu Ende geführt zu werden. „Noch Crist gepurt
tusent vierhundert siebenzig und ein jar", beginnt die
erste Münsterfabrikrechnung (von 1471), „habent unser
lieben frouen phleger, mit namen Junker Melchior Baner,
Michel Mittag und Hans Heyninger, nach emphelnusse
des rats den nuwen chor angevengt ze buwen, und ist
[zu] derselben zit schriber uf der hütten gewest Johannes
Frithofer caplan und hat angevengt uf fritag vor sant
Michels tag 127. September] anno ut supra."

„Hans Niesenberger traf am 19. Oktober
1470 in Freiburg ein und begann mit den Steinmetz-
arbeiten. Da er die Freiheit hatte, neben dem Bau
des Münsterchors auch andere Arbeiten zu über-
nehmen, ging er schon im Dezember nach Einsiedeln,
wo er nachweisbar in den zwei folgenden Jahren den
Bau der Stiftskirche ebenfalls zu leiten hatte. Nur
ab und zu sah er bei seinem Hauptwerk in Freiburg
nach, wo nur 7 bis 9 Gesellen angestellt waren. Eine
neue heizbare Steinhütte war errichtet worden. Am
Lorenzentag, den 10. August, 1472, wurde mit dem
Versetzen der Steine begonnen und gegen Ende 1473
erstmals ein Hüttenknecht, d. i. ein Aufseher der
Hütte, angestellt" . . .'

Die Ursache, warum der Bau auch jetzt nur
sehr langsam von statten ging, war vorzugs-
weise die Knappheit der Geldmittel. Das eigentliche
Vermögen war für solchen Zweck so gering, dass der
Hauptaufwand oft erst während des Unternehmens
durch Sammlungen aller Art, besonders auf Grund von
Ablasserteilungen bestritten werden konnte. Diese
Form der Geldbeschaffung war schon lOOJahre früher
üblich, aber wenig ergiebig gewesen, da das avignone-
sische Schisma für die Stadt als seine Anhängerin
einen schweren Hemmschuh bildete. So war der
von dem Kardinallegaten Wilhelm von St. Stephan
in Celiomonte am 24. März 1382 bewilligte Ablass
ebenso wie die verschiedenen während seines Auf-
enthalts zu Freiburg von ihm über die Rückerstattung
von ungerechtem Gut an die nicht mehr auffindbaren
rechtmäßigen Eigentümer und die Stellung der Stadt
während eines Kirchenbannes zugunsten des Münsters
verliehenen Sonderrechte2 bei dem beschränkten Gel-
tungsbereich der clementistischen Richtung3 nur von
spärlichem Erfolg. Auch der Ablass des Bischofs
Heinrich von Konstanz vom 24. Februar 1383 kann
nur geringe Erträge geliefert haben, denn noch im
selben Jahr brachen nach dem Tode des Bischofs

1 Friedr. Kempf und Karl Schuster, Das Freiburger Münster
(1906) S. 30.

- Es sind in diesem Betreff nicht weniger als 11 von Guil-
lermus ausgestellte Urkunden im Münsterarchiv vorhanden.

3 Vgl. Herrn. Haupt, Das Schisma des ausgehenden 14. Jahr-
hunderts in seiner Einwirkung auf die oberrheinischen Land-
schaften, in der Zeitschr. f. d. Geschichte des Oberrheins. NF. 5
(Freiburg 1890), S. 29 ff. und besonders S. 273 ff.

infolge zwiespältiger Neuwahl unselige Wirren im
Bistum Konstanz aus, in denen Freiburg seine
schwierige Lage durch die aus Rücksicht auf den
Stadtherrn, Herzog Leopold III. von Österreich, be-
obachtete Parteinahme für den bischöflichen Gegen-
kandidaten noch bedeutend erschwerte, wenn es auch
dadurch erreichte, dritthalb Jahrzehnte lang (1385 bis
1409) Amtssitz des Aleter Bischofs Bayler als Ad-
ministrators der Diözese Konstanz und später vor-
übergehend eines bischöflichen Offizials zu sein1.
Vollends ohne finanzielle Bedeutung für den Münster-
bau musste der Ablass vom 13. November 1408 sein,
den Papst Benedikt XIII., wie sein Vorgänger zum
Dank für die Stellungnahme der Stadt, von Saone aus
bewilligte; denn außer Freiburg hielt damals nur mehr
Neuenburg zu dem Papst in Avignon, und selbst an
diesen beiden Orten war die Stimmung nicht mehr
ungeteilt, bis sich 1411 auch Freiburg mit dem Kon-
stanzer Bischof versöhnte.

So kam es, dass in der Bautätigkeit am Münster,
die seit der Grundsteinlegung des neuen Ghors zur
Not kaum einige Jahrzehnte aufrechterhalten worden
war, noch vor Ablauf des Jahrhunderts völliger Still-
stand eintrat, in erster Linie verursacht von dem seit
1370 vierzig Jahre lang ununterbrochen auf der Stadt
lastenden bischöflichen Banne.

Schon von der Mitte des Jahrhunderts an hatten
die Verhältnisse infolge des Ausscheidens der Grafen
aus dem Unternehmen immer unsicherer zu werden
begonnen. Diese, ursprünglich die Bauherren des
Münsters, waren infolge von Überschuldung und un-
aufhörlichen Zwistigkeiten und Fehden mit der Stadt
gezwungen, ihre Beihilfe gänzlich einzustellen. Im
Jahre 1350 legte der letzte Kirchherr aus der Familie
das Pfarramt, das sie 1247 zur Versorgung nachge-
borener Söhne von den Bürgern an sich gerissen
hatte ', nieder; ein Bastard amtete noch bis gegen Ende
des Jahrzehnts als Inhaber der Pfarrei. Mit dem
Übergang der Stadt an Österreich (1368) hören sie
auch dem Namen nach auf, mit dem Münster zu-
sammengenannt zu werden.

Nun lag die Sorge für den Münsterbau mehr
als je zuvor an der Stadt allein. Es entspricht daher
der Wahrheit, wenn Schreiber6 den Bau des Münsters
nicht so sehr als ein Werk fürstlicher Freigebigkeit
und Unterstützung, als vielmehr des Gemeingeistes
und hohen bürgerlichen Sinnes preist. Denn kaum

4 Vgl. A. Poinsignon, Urkundliche Mitteilungen über Hein-
rich Bayler, Bischof von Alet und Administrator des Bistums
Konstanz, im Freiburger Diözesan-Archiv 14 (1881), S. 237—248.

'• Münsterblätter 3, 40 (Reg. Nr. 21); vgl. dazu Ulrich Stutz,
Das Münster zu Freiburg i. Br. im Lichte rechtsgeschichtlicher
Betrachtung. Tübingen und Leipzig 1901 S. 11 ff.

G Geschichte und Beschreibung des Münsters (1820)
S. 25 ff.
 
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