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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 12.1916

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Kempf, Friedrich: Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot und Feuersgefahr
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https://doi.org/10.11588/diglit.2548#0009

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Kempf, Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot und Feuersgefahr

Verwaltung und die Ernennung der damit betrauten
Priester, sondern auch die Anordnung reinkirchlicher
Funktionen vorbehalten war. Belege dieser Art finden
sich vielfach. So will es uns heute merkwürdig er-
scheinen, wenn beispielsweise

am 15. März 1627 der Rat beschließt, die Abliefe-
rung der Beichtzettel in die Stadtkanzlei zu veranlassen, um
die Säumigen besser kontrollieren zu können1; oder wenn

am 7. Januar 1628 der Kapuziner P. Kolumban, weil
sich derzeit unter den weltlichen Priestern keine taug-
lichen finden, für ein weiteres Jahr als Münsterprediger
angestellt wird '; oder wenn

am 12. Januar 1628 auf Beschluß des Rats das
Fest des heiligen Sebastian fortan feierlich begangen1 oder

am 4. April 1631 den Bürgern vom Rat empfohlen
wird, die österliche Kommunion herkommengemäß im
Münster zu empfangen1.

Am 15. September 1632 genehmigt der Rat dem
Münsterschaffner Adam Gering, etliche Kriegssachen in
das Schweizerland zu flüchten und ein Schreiben an die
Stadt Baden deshalb zu richten1.

Die eigentlichen Kriegsereignisse beginnen für
die Stadt erst im Jahre 1632, in welchem die ersten
Schweden vor ihre Mauern rückten und sie zu be-
schießen begannen. Da sie zur Verteidigung nicht
vorbereitet war, musste sie sich ergeben. Feldmarschall
Gustav Horn besetzte die Stadt, und damit begann
die Zeit ihrer Leiden und Schrecken. Das Münster
bekam gleich nach dem Einrücken des Feindes seine
Gewalttätigkeit zu verspüren, wie folgende Nach-
richten besagen.

1632 Dezember 28: „Weil man in ankunft des
feünds mit der größten glock in unser frawen münster
stürm geschlagen, ist sie dem feind zuor straf verfallen,
aber bald mit 500 reichstaler widerumb geleset und nit
mehr bis nach abzug des feinds gelitten worden1."

1633 werden, um die schwedischen Brandschatzungs-
und Glockengelder zu bezahlen, die Gelder einer Reihe
von Benefizien aufgezehrt und nicht wenige Kirchen-
gefäße, vor allem Meßkelche, eingeschmolzen2.

1633 September 30. Der Rat beschließt, bei dem
Pfarrherrn anzusuchen, ein gemeine beistünde zur vor-
mittägigen Stunden anzustellen1.

1633. Einnahme aus den Opferstöcken: „. . . item
in dem stock bei dem beinheislin, item in dem stock
des oberen kirchlins, uf dem gotzacker bei dem steinern
erüz; dise drei stock seind wegen des Sterbens und des
schwedischen gesindels nit [untersucht worden", sagt
die eine, „durch schwedisch gesindel eröffnet und propter
pestem non fuit apertus", die zweite Rechnung2.

1634 wurde der Opferstock auf dem Gottesacker
„beim heiligen creuz" wie im Vorjahre von „den Schwe-
dischen verschlagen"2.

1635 April 22. Der buchauische Kanzler lie. utr.
iur. Johann Heinrich Vöst stiftet der Münsterfabrik
250 fl „namblichen daß zu ewigen Zeiten durch das

1 Stadtarchiv,

2 Münsterarchiv.

ganze jar hindurch alle und jede donnerstag in memo-
riam „der todesangst Christi am Oelberg" abents nach
dem ave Maria in dem münster . . . anstatt der ordinari
torglocken . . . mit der haupt- und großen glocken so
lange geläutet werde, bis „6 vaterunser, 6 ave Maria
sampt einem apostolischen glauben können gebetet
werden" 3.

1636 Februar 17. Münsterfabrikschaffner Adam
Gering bittet um Erhöhung seiner Einkünfte von „3 mut
weizen und 25 mut rocken" und Bezahlung des schon
4 Jahre rückständigen Gehaltes mit Rücksicht darauf,
daß er sein „stell dergestalt versehen, indem er be-
wusstermaßen der kirchen kleinodien und ornaten mit
höchstem fleiß und gefahr versorgt . . . mehr denn sein
eigen Sachen" '.

1636 Oktober 17. Im Rat wird bekannt, daß die
Vierherren nichts mehr zu essen haben1.

1636 vermerkt Adam Gering der Schaffner: „Endlich
so ist man mir an meiner besoldung jerlich 20 mut rocken
(und) 3 mut weizen schuldig. Weilen mir aber solches
de annis 1632 bis 1636 unbezalt ausstendig, so in summa
tut 1 15 mut schwere frücht, und daran nichts zu erhoffen,
deswegen ich die fünf jar meiner bestallung ganz be-
raubt sein [mußte|, setze ich solches für ein ausgaben:
jedes mut 1 ü, tut 115 η 3.

1636 wird die Finanzlage so ungünstig, daß die
Fabrik sich gezwungen sieht, Kostbarkeiten zu verkaufen;
so u. a. „aus einer gulden ketten unser frauen zierd,
so in gewicht 73 cronen gehalten, die cronen à 35 β,
facit 106 U 93 β 2 $>; „aus Balthasar Decken seligen
cristallen gefaßten kelch erlöst, so er vor 50 jähren der
kirchen verehrt hat ... 25 U3.

1637 „aus blauem saphir und einem spitzen dé-
niant gelöst 31 fl 5 /?s.

1638 „aus einem duplet und bêcher samt dem
deckel, alles ausfsen] und innen vergult, so in gewicht
gehalten 12 mark 4 lot, das lot pro 1/7: 122 « 10 /P.

1639 Januar 15 schreibt der Schaffner Gering: was
ich gelüten wegen des kriegswesens und umb der kirchen
willen abgestanden ... 1. Jetzt gehnt keine gefeil mehr
ein, und wer aus Zinsen lebt, der kompt schwerlich
durch; 2. ich hab jetz in das 7. jähr aus dem kaufhaus
sovil als nichts empfangen; 3. hab ich meinen herren
10400 fl pargelt ins kaufhaus geben, darumb ich von
den herren gar wenig empfangen; 4. kelch, paten, Silber-
geschirr hab ich gelüfert ins gemeine gut, in hoffnung,
daß der kirchen sol wider ersetzt werden, geht schwer
zu; 5. hieraus volgt, daß der gottesdienst nit befürdert,
sondern abnimpt, dieweil man niemant zalen kann;

6. was anlangt das herrlich, köstlich loblich alte gebeu
des münsters, gehet es heftig zu grund; dieweil allerlei
handwerksleut und meister von ihm abgestorben, und
nichts vorhanden, die notwendigen materialien zu kaufen;

7. wie der Werkmeister zu erhalten, damit er nit ge-
trungen, anderswo sein brot zu suchen; er sagt auch,
daß er die zeit genug kernenbrot anderswo zu essen ge-
habt, do er allhie das haberbrot nit genugsam habe;

8. dieweil an 6 posten mehrenteils die kirchen uf
fürsten, grafen, herren fallent ir einkommen, kann ich

3 Miinsterarchiv.
' Stadtarchiv.
 
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