Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 12.1916

DOI Artikel:
Sauer, Joseph: Eine alte Sicherung des Freiburger Münsterturms gegen Wettergefahr
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2548#0034
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Relief an der Brüstung der Stürzelkapelle.

Eine alte Sicherung
des Freiburger Münsterturms gegen Wettergefahr.

Von

Universitätsprofessor Dr. Joseph Sauer.

^^ ei den Instandsetzungsarbeiten am Ok-
togongeschoß unseres Münsterturmes
fielen den mit den Bestandsaufnahmen
beschäftigten Architekten schon seit ge-
raumem drei kleine Steinquadrate auf,
die auf der Süd-, West- und Nordostseite des
Helmes in die Quadern der Maßwerkplatten der
zweiten unteren Zone eingelassen waren. Sie
messen in der Fläche 7)<7,5 (8) cm. Ein starker
Bleirand legte sich ringsum und sicherte den
Verband mit den Quadern, in die sie eingelassen
waren. Daß es nicht einfache Vierungen waren, ersah
man aus der Gleichmäßigkeit ihrer Form und ihrer
Anbringung, die auf eine besondere Absicht schließen
ließ, und noch mehr aus dem Kreuzzeichen (3X3 cm),
das in der Richtung der Diagonallinien in Kerbschnitt
jeder der drei Steinplättchen in der Mitte eingehauen
war. Durch das hl. Zeichen musste sich bei seiner
dreimaligen Wiederholung an verschiedenen auf
gleicher Höhe liegenden Stellen ein tieferer Sinn aus-
sprechen; es konnte sich nur darum handeln, fest-
zustellen, welcher Art diese tiefere Bedeutung ist und
zu welcher Zeit, ob beim Bau oder zu einem späteren
Zeitpunkt, man es anzubringen für angezeigt hielt.
Die starke Einbleiung ließ darauf schließen, daß die
Steine als Verschlußplättchen einen dahinter gebor-
genen Inhalt zu decken haben. Um über all die sich
aufdrängenden Vermutungen hinaus zu festen Tat-
sachen zu kommen, wurden am 6./7. Juli 1914 die
Steinplättchen behutsam entfernt. Sie erwiesen sich
als leicht nach der Tiefe verjüngt und in dieser
Richtung 4,5—5 cm messend. Hinter diesem Ver-

schlußstein kam eine unregelmäßige Blechpackung zu
Tage, in der, gleichmäßig in allen drei Fällen, ein ver-
schiedenfältiger Inhalt gefunden wurde. Er bestand
aus je einer kleinen gestanzten Messing-Medaille,
einem kleinen Holzkreuzehen, einem größeren zu-
sammengefalteten und einem kleineren Blättchen
Papier mit gedrucktem Text, das Ganze von Wachs
umgeben. Die etwa 4 4 cm starke Blechpackung
war in die Vertiefung hineingeschoben, durch das
Steinplättchen verschlossen und letzteres mit Blei
ausgegossen, derart, daß das heiße Blei nicht nur
die Fugen, sondern auch den hintern Hohlraum völlig
ausfüllte. Offenbar sind hierbei schon die Gegen-
stände in der Blechpackung durch die Hitze stark
beschädigt worden.

Über die Bedeutung der Wachskörnchen war
kein sicheres Urteil zu gewinnen. Möglich, daß das
erwärmte Wachs die einzelnen Gegenstände in ihrer
Umhüllung nur festhalten und ihr Durcheinander-
gleiten beim Zusammenfalten verhindern sollte. Viel-
leicht liegt es aber näher, an geweihtes Wachs, etwa
von der Oster- oder Lichtmeßkerze zu denken, dem
die gleiche Wirkung wie den andern Gegenständen
zugeschrieben wurde. Daß geweihten Kerzen in
ganzer Form oder auch nur in ihren Wachsteilchen
die Kraft beigemessen wurde, gegen Wetter- und
Hagelschlag zu sichern, ist hinreichend bekannt1.
In zwei Fällen war die Medaille die sogen. Benediktus-
medaille, 18 mm hoch und 14 mm breit; auf der
Vorderseite enthält sie das Bildnis des Heiligen in

1 Vgl. A. Fran-, Die kirchlichen Benediktionen im Mittel-
alter (Freiburg 1S09) I, 456 f.
 
Annotationen