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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Editor]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 12.1916

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Sauer, Joseph: Eine alte Sicherung des Freiburger Münsterturms gegen Wettergefahr
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https://doi.org/10.11588/diglit.2548#0037

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30

Sauer, Eine alte Sicherung des Freiburger Münsterturms gegen Wettergefahr

misereatur tui, convertat vultum [ad te et det tibi
pacem. Dominus te benedicat. Amen] . . . Bened . . .
totum hun[c] . . . mus Deus . . s meus Jesus [Chri-
stus] . . . unigenitus meus . . . amor meus. Amen.
Ex Andreae C . . tensi oder Ex Manda . . C . .
tensi. Die kursiven Schlußworte sind nicht mit abso-
luter Sicherheit fest-
gestellt; noch we-
niger ist ihr Sinn zu
bestimmen. Es wäre
möglich, daß sie die
Quelle der voraus-
gehenden Segens-
stellen angeben oder
eine Art kirchlicher
Druckerlaubnis ent-
halten und in letzte-
rem Falle etwa zu er-
zeugen wäre wie: Ex
Andreae episcopi
Constantiensis man-
date Man könnte
dann an den Kon-
stanzer Bischof Kar-
dinal Andreas von
Osterreich (1589 bis
löOO) denken und
hätte eine wertvolle
untere Zeitgrenze.
Aber angesichts des

fragmentarischen
Charakters gerade
dieser Stelle kommt
dieser Vermutung
nur sehr hypotheti-
scher Wert zu.

Das kleine qua-
dratische Blättchen

in Größe von
14 14 mm ist bei-

A bbild

Man verschluckte sie, um einer bestimmten Heil-
oder Zauberwirkung teilhaftig zu werden1.

Die Bedeutung der Einlagen im Blechverschluß
der Münsterpyramide erhellt aus den vorstehenden
Ausführungen zur Genüge. Es sind religiöse Pest-
und Wetter-Abwehrmittel. Ihr Charakter wird hin-
reichend bestimmt
durch die Pestbe-
schwörungs-und Wet-
tersegenformeln und
die Schauerkreuz-
chen. Auch die Ge-
genstände, die noch
eine andere Bedeu-
tung haben könnten,
wie die Benediktus-
medaille und der
Zachariassegen oder
die Eßzettel, haben
nach der Intention
der Einleger hier nur

die Zweckbestim-
mung, apotropäisch
gegen Pest, Unwet-
ter oder Blitzschlag
zu wirken. Da man
Krankheiten, Blitz
und Ungewitter auf
den Einfluß des bö-
sen Feindes zurück-
führte, ist die ganze
Fassung der Segens-
gebete und die Un-
terbringung der Ab-
wehrmittel nach drei
verschiedenen Him-
melsrichtungen ver-
ständlich. Der Turm
und in ihm auch der
ganze Bau soll mit

Verschlußstelle der Wetterabwehrmittel.

derseits bedruckt mit folgenden zwei Textformeln: einer geistigen Schutzwehr gegen die allerseits an-
drängenden bösen Mächte und die Einwirkung ihrer

I+N+R+i
Verbu Caro
facti! est et
hab i nobis.

S. Maria i
Cöcepti|one]
tua V.Imma-
culata fuisti.

Helfershelfer — so erklärt sich wohl der im Zeitalter

des Hexenglaubens verständliche Ausdruck: ab infe-

statione sathanae et ministrorum eius — umgeben

werden. Auch die Wettersegen wurden in älterer

Jesus Nazarenus Rex Judaeorum. Verbum Caro Zeit nach den vier Himmelsrichtungen gegeben und

factum est et habitavit in nobis und + + S. Maria die Beschwörung der wetterschwangeren Wolken

in coneeptione tua Virgo immaculata fuisti. Sie ebenfalls nach vier Seiten vorgenommen. Die Häufung

wiederholen die zwei Hauptmotive des oben be-
sprochenen Wettersegengebetes und kommen ganz
genau in gleicher Anordnung und Zuzammenstel-
lung auf gleich großen Zettelchen vor, die bis in
die neuere Zeit hinein als „Eßzettel" üblich waren.

der Abwehrmittel aber entspricht dem Bedürfnis, den

1 Marie Andree-Eysn, Volkskundliches. Aus dem bayerisch-
österreichischen Alpengebiet (Braunschweig 1910) S. 121. Hier
eine Kupferplatte aus Schärding, die die beiden Texte für
96 „Eßzettel" enthält. Vgl. auch Deutsche Gaue a. a. O.
 
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